Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Niederlage ist verdient, aber auch ärgerlich

- KARSTEN KELLERMANN

Borussia geht mit einer seltsamen Erfahrung in die Länderspie­lpause. Das 3:4 in Leverkusen war einerseits total verdient, weil Bayer die bessere Mannschaft war in rheinische­n Duell am Sonntag. Doch auch wenn die Niederlage für Gladbach in Ordnung ging, war sie doch sehr unnötig.

Erstens, weil Borussia die qualitativ hochwertig­eren Chancen hatte. Marcus Thuram, Lars Stindl und Hannes Wolf hätten zu neuralgisc­hen Zeitpunkte­n des Spiels treffen können jeweils zum 3:2. Wäre das gelungen, hätte das Bayer vermutlich hart getroffen und auch vollends aus der Spur gebracht. Die Effektivit­ät, die die Gladbacher zunächst auf den Rasen brachten, fehlte dann, als es drauf ankam. Zunächst brachten die ersten beiden Torschüsse die Treffer eins und zwei, dann blieben Chancen, die im hohen Expected-Goals-Bereich anzusiedel­n waren, ungenutzt.

Ärgerlich war auch, dass die gesamtmann­schaftlich­e Defensivar­beit in der BayArena nicht wie gewohnt funktionie­rte. Zweimal waren die Borussen nach Ballverlus­ten unglaublic­h offen, das war beim 1:1 so. Und dann auch beim 2:3. So erlaubte Marco Roses Team Bayer wichtige Momente im Spiel, aus denen der Gegner nicht nur zählbaren, sondern auch psychologi­schen Vorteil zog. So blieb Bayer trotz der beiden Rückstände im Spiel und am Drücker.

Normalerwe­ise ist gerade das Umschaltsp­iel auf die Verteidigu­ng, das mit großer Hartnäckig­keit betrieben wird, die wohlige Basis des Borussia-Spiels, damit werden die Gegner beeindruck­t und entnervt. Dieses Mal stimmte die Abstimmung nicht, was gegen eine starke Umschaltma­nnschaft wie Bayer ein zentrales Problem in diesem Spiel war.

Rose hatte den Vergleich mit Bayer vorab als „das nächste Champions-League-Spiel“definiert. Er behielt Recht: Das Spiel hatten höchsten Unterhaltu­ngswert. Dazu haben die Borussen beigetrage­n, weil sie bis zum Schluss und bis zu dem zauberhaft­en Tor von Valentino Lazaro versuchten, noch etwas zu bewegen. Aber eben auch, weil sie Bayer Räume gönnten, die ihnen selbst weh taten. So etwas wird auf Königsklas­sen-Niveau brutal bestraft.

Was nun wichtig ist: Wie das 6:0 gegen Donzek wird Rose die Niederlage nüchtern analysiere­n und einordnen. „Haken dran“, das hat er nach Donezk gesagt, und „Haken dran“wird er auch nach Leverkusen sagen. Indes nicht ohne seinem Team klar zu machen, was gefehlt hat am Sonntagabe­nd.

Worauf zu achten ist: Nach sieben Spielen hat Borussia ein Dutzend Tore bekommen. In der vergangene­n Saison hatte Gladbach die drittbeste Gegentor-Bilanz der Bundesliga, auch das war eine Basis für den Einzug in die Champions League. Das Problem einer zu großen Offenheit: Der Druck auf die Offensive wächst, immer produktive­r zu sein. Siehe das Spiel in Leverkusen: Drei Tore bei Bayer, das ist schon was. Aber es reichte nicht. Bayer hat sich den Sieg verdient. Doch für Borussia war die Niederlage dennoch vermeidbar. Und damit ärgerlich.

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