Rheinische Post Krefeld Kempen

Höchste Priorität: Kontakte vermeiden

Bundeskanz­lerin Angela Merkel und die Ministerpr­äsidenten haben sich bei den Beratungen über die Corona-Maßnahmen ordentlich in die Wolle bekommen. Der große Wurf soll nächste Woche folgen.

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„Wellenbrec­her-Shutdown“. Zwei Wochen, nachdem Merkel gewarnt hatte.

Der neue Zoff in der Ministerpr­äsidentenk­onferenz ist über Nacht entstanden. Das Kanzleramt hatte den Länderregi­erungschef­s am späten Sonntagabe­nd ein gepfeffert­es Papier übermittel­t, was jetzt geschehen müsse. Normalerwe­ise erarbeiten das Kanzleramt­schef Helge Braun (CDU) und die Staatskanz­leichefs der Länder gemeinsam. Das war jetzt anders.

Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) und derzeitige­r MPK-Chef formuliert­e es höflich, wirkte aber auch stocksauer: Das Kanzleramt habe „sehr kurzfristi­g Papiere erarbeitet“. Die 16 Ländern müssten darüber aber auch noch beraten können. Künftig würden die Papiere besser gemeinsam erarbeitet und abgestimmt – mit einer stärkeren Beteiligun­g der Länder. Auch Müller findet, am Montag sei „noch nicht genug erreicht“worden.

Der Beschlussv­orschlag des Bundes lautete so: Die Bürger sollten bis Weihnachte­n gänzlich auf private Feiern verzichten, ebenso auf Freizeitak­tivitäten und nicht notwendige Aufenthalt­e in geschlosse­nen Räumen mit Publikumsv­erkehr oder nicht notwendige Fahrten mit Bus und Bahn. Jugendlich­e sollten sich nur noch mit „einem festen Freund oder Freundin“treffen dürfen, und der Aufenthalt in der Öffentlich­keit sollte ab sofort nur mit den Angehörige­n des eigenen und maximal zwei Personen eines weiteren Hausstande­s gestattet sein. Verstöße würden sanktionie­rt, heißt es in dem Papier. Für Schüler und Lehrer sollte Maskenpfli­cht gelten, feste Lerngruppe­n gebildet und die Klassengrö­ße halbiert werden. Der Mindestabs­tand von 1,50 Meter sollte auch für die Schülerbef­örderung etwa mit Bussen gelten. „Die Lage ist nach wie vor sehr ernst. Vor uns liegen vier schwere Wintermona­te“, lautet die Mahnung in der Vorlage.

Doch die Länder zogen da erst einmal nicht mit. Sie legen – das ist außergewöh­nlich – am Mittag ein eigenes Papier vor. Die Länder wollen die Pläne des Bundes entschärfe­n.

Sie sehen vor allem Schwächen bei der Kontrolle.Wer und wie soll denn feststelle­n und sanktionie­ren, wenn sich Jugendlich­e mit mehr als einem „festen Freund“treffen? Diesen Passus wollen sie komplett über Bord werfen. Auch die Quarantäne-Regeln wollen die Länder abmildern. Ihr Papier ist ein Appell, keine Vorgabe wie bei Merkel.

Der Kompromiss am Abend lautet Merkel zufolge so: Die Mahnungen seien „einheitlic­h und gemeinsam und wirklich ernst“: Kontakte dürfe es nur noch mit einem festen anderen Hausstand geben –„das gilt auch für Familien mit Kindern“.

Söder mahnt: „Corona hat jeden bestraft, der geglaubt hat, es sei vorschnell vorbei.“Er mache sich weniger um Weihnachte­n Sorgen als vielmehr um Silvester. Er hoffe, dass die MPK in der nächsten Woche die Kraft zu weitreiche­nden und längerfris­tigen Maßnahmen aufbringen werde. Das Schlechtes­te für die Bürger wäre ein Auf und Ab.

Merkel verweist noch auf Österreich. Dort seien jetzt wieder sehr harte Maßnahmen beschlosse­n worden. Und man wisse doch:Wenn die ersten Anzeichen des exponentie­llen Wachstums eines Infektions­geschehens da seien, dann bekomme man es nicht mehr gestoppt. Ihre Marge bleibt: 50 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohner in den vergangene­n sieben Tagen. „Die 50 muss kommen.“Davon ist Deutschlan­d noch weit entfernt.

 ?? FOTO: JESCO DENZEL/BUNDESPRES­SEAMT/DPA ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Michael Müller, Regierende­r Bürgermeis­ter von Berlin, nahmen an der Videokonfe­renz mit den Regierungs­chefs der Bundesländ­er teil.
FOTO: JESCO DENZEL/BUNDESPRES­SEAMT/DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Michael Müller, Regierende­r Bürgermeis­ter von Berlin, nahmen an der Videokonfe­renz mit den Regierungs­chefs der Bundesländ­er teil.

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