Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefelds kleinste Kunstmeile
Die kurze Angerhausenstraße ist in diesen Wochen gefüllt mit Kunst: Ausstellungen für Flaneure.
Früher spielte hier die Musik der „Größten Straßenmodenschau der Welt“. Heute könnte sie sich um den Titel „Kleinste Kunstmeile“der Welt im Guinness-Buch bewerben. Auf nur wenigen Metern der Angerhausenstraße ist in diesen Wochen jede Menge Kunst zu sehen. Skulpturen, Malerei, Zeichnungen und Design bilden ein Corona-Dreieck der Kultur – ein sehenswertes Kunstmeilchen. Und ein alternativer Ausstellungsbesuch für Flaneure.
Herzstück des Meilchens ist die Café-Bar An-Go-Lo. Im Lockdown hat Inhaberin Flavia d’Aquino nicht einfach die Türabgeschölossen, sondern die Tische gedeckt.Wo sonst Gäste sitzen, hat jetzt Kunst Platz genommen. Bis 30. November ist das Café an der Ecke zur Mennoniten-Kirch-Straße Spielfläche für drei Künstlerinnen. Unter dem Titel „ „Och Meeensch…“verbinden sich hintergründige Plastiken von Kerstin von Klein, zarte Aquarelle von Beata Gruca-Wepa und großformatige Malerei von Mauga zur „Inszenierung einer Ausstellung im Ausnahmezustand“, wie Kerstin von Klein formuliert.
„Allesvielzuschwer“heißt eines ihrer Objekte. Comicartige Figuren, deren eigenartige, surreale Physignomie Empfindungen ausdrücken, hat sie aus unbehandeltem
Gips oder Bronze geschaffen. „Die Figuren erfassen Emotionen, die in einer Art Kurzschluss aus Anteilnahme, Durchdenken und Loslassen den Titel evozieren um dann als treffende Haltung in Gips umgesetzt zu werden“, beschreibt sie.
Die Figuren stehen in reizvollem Kontrast zu den fast filigranen Blättern von Beata Gruca-Wepa. Es sind Illustrationen zu einem Gedichtband der polnischen Lyrikerin Renata Blicharz. Sie könnten aber auch die Welt des „Großen Gatsby“spiegeln, denn sie lassen in dezenter Tongebung die 20er und 30er Jahre Gestalt annehmen.
Mauga Houba-Hausherr hat zahlreiche Aktionen von „Draußen vor der Tür“, mit der Kreative Kultur und Gastronomie im Sommer unterstützt haben, malerisch begleitet. Ihre Bilder sind ein Kaleidoskop des Corona-Sommers (eines ist auch im Sinn-Schaufenster gegenüber zu sehen). Die Werke in der Ausstellung wechseln – wie Gäste im Café.
Gleich nebenan haben acht Krefelderinnen bis zum 24. Dezember Domizil bezogen. Unter dem Label „Kunstwerk Werkkunst“bieten sie Kunst und -handwerk an. Conny Horsthemke, Lisa Liesges, Tanja Lucas, Thea Mertens, Susanne Pietsch, Lydia Poen, Madeleine Schepers und Marion Schulte präsentieren Unikate: Schmuck und Malerei, Taschen und Uhren, Papier- und Holzarbeiten, Textil und Keramik.
Und das Kunstmeilchen strahlt auch um die Ecke in die Königstraße, wo Evelyn Saadat und Jara Stehliková jeweils in leer stehenden Ladenlokale ausstellen.