Rheinische Post Krefeld Kempen
Sichere Operationen in Corona-Zeiten
Die Angst vor der Ansteckung hält viele Menschen ab, sich im Krankenhaus behandeln zu lassen. Krebspatienten sorgen sich um ihre Behandlung während der Pandemie. „Dazu besteht kein Grund“, sagt der Chefarzt des Maria Hilf.
Die Beschwerden dauerten schon etliche Wochen. Als die Schmerzen unerträglich wurden, führte kein Weg mehr an einer Operation vorbei. Die Angst, sich im Krankenhaus mit dem Corona-Virus anzustecken, war so groß, dass der Mann lange gewartet hat, bevor er seinen Leistenbruch behandeln ließ. Es war ja keine lebensnotwendige Operation.
Solche Gründe hören PD Dr. Elias Karakas und sein Team in diesen Wochen häufig. Karakas ist Direktor der Chirurgie und Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Endokrine Chirurgie am Maria Hilf Krankenhaus. Der Arzt kann die Sorgen verstehen. Deshalb erklärt er das engmaschige Hygienekonzept des Krankenhauses. „Die Patienten fühlen sich damit sehr sicher“, sagt er.
„Meine persönliche Meinung ist, dass der komplette Lockdown im März richtig war – in einer Situation, in der wir alle nicht wissen konnten, was auf uns zukam, was eine Infektion für jeden einzelnen bedeutet. Ich habe die Entscheidung jederzeit mitgetragen, die Operationen aller Nicht-Notfälle zu streichen, um eine maximale Versorgung der Notfälle zu gewährleisten“, sagt der Chirurg. „Inzwischen haben wir ein halbes Jahr Erfahrung und Übung im Umgang mit der Situation. Jetzt ist es nicht mehr angezeigt, anderen Patienten die Behandlung vorzuenthalten.“
Im Gegenteil: Hinauszögern sei manchmal sogar gefährlich. „Wir erleben leider zurzeit auch schwere Fälle, wo die Befunde katastrophal und Voraussetzungen für eine Operation schlecht sind - was vor zwei Monaten nicht der Fall gewesen wäre. Das ist sehr schlimm.“Die Diagnostik und chirurgische Behandlung bösartiger Erkrankungen zum Beispiel des Darms, der Bauchspeicheldrüse, des Magens und der Speiseröhre laufe bei den Alexianern, zu denen das Maria Hilf gehört, wie vor der Pandemie „unter Einsatz aller Ressourcen. Im Prinzip ist es sogar noch sicherer, da wir aus der Phase des Lockdown unsere hohen Standards beim Infektionsschutz durch die routinemäßige Implementierung von Covid-19-Abstrichen ergänzt und optimiert haben, was Patienten wie Mitarbeitern als zusätzliche Sicherheit zugutekommt“, betont Karas.
Bei geplanten Operationen greift folgendes System: Zur Sprechstunde, die mit Mundschutz und Abstand läuft, gehört ein Screening. „Die Patienten bekommen einen PCR-Test, zurzeit drei bis vier Tage vor dem OP-Termin, in 48 Stunden schaffen die Labore das im Moment nicht. Ist das Ergebnis negativ, können wir operieren. Sonst verschieben wir den Eingriff, wenn es medizinisch vertretbar ist“, erklärt der Chefarzt. Es gibt auch die Möglichkeit eines Schnelltests am Aufnahmetag. „Die Patienten finden es super. Sie sind nach der Operation auch glücklich, weil sie wissen, dass sie Covid-negativ sind.“
Hygiene-Konzepte sind für Krankenhäuser nicht erst seit Corona ein Thema. Jede Klinik hat hygienebeauftragte Ärzte und Fachpersonal. Die sogenannten Krankenhaus-Keime, die multiresistenten Keime seien durch die Pandemie aus dem Fokus geraten. „Wir arbeiten auch ein Screening auf mögliche andere Erreger ab. Daher müssen jetzt zwei Fragebögen ausgefüllt werden“, sagt Karakas. Seit er vor dreieinhalb Jahren ans Maria Hilf kam, hängt in seinem Zimmer ein Plakat mit der Botschaft: „Händedesinfektion rettet Leben“.
Jede Operation birgt Risiken. Doch kleine und mittelgroße Operationen hätten keinen Einfluss auf die Bettenbelegung auf den Intensivstationen und die Belastung des Personals. „Dafür brauchen wir keine Intensivbetten vorzuhalten. Vieles wird anderswo auch zunehmend ambulant gemacht. Das ist ein Trend seitens der Kostenträger. Bei uns haben die Patienten die Sicherheit, sich nach der OP unter medizini
scher Aufsicht noch zu erholen.“
Auch im Maria Hilf werden Covid-Patienten auf der Intensivstation in einem separaten Bereich versorgt. „Aber das schränkt unsere chirurgischen Tätigkeiten nicht ein. Wir können Menschen mit Beschwerden noch guten Gewissens operieren“, so der Mediziner. Jeder Eingriff werde individuell abgewogen und tagesaktuell entschieden. Die großen Operationen, bei denen es meist um bösartige Tumore geht, belasten die Intensivkapazitäten. „Doch das ist bei der jetzigen Lage überschau- und steuerbar.Wir können bei Darm-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen- und Speiseröhren-Operationen optimal hohe Behandlungsqualität bieten. Wir sind nicht der Maximalversorger, aber auch ein Optimalversorger.“Selbst wenn sich die Pandemie-Lage weiter verschärfen sollte, müssen genügend Kapazitäten zurVerfügung stehen, um vor allem Krebspatienten schnellstmöglich und optimal zu behandeln zu können: „Sie unterliegen einer enormen psychischen wie physischen Belastung.“