Rheinische Post Krefeld Kempen

Kirchhoff schaltet Mölders aus

- VON THOMAS SCHULZE

Der Uerdinger Innenverte­idiger feiert ein glänzendes Comeback, verdammt den Münchner Torjäger zur Wirkungslo­sigkeit und trägt so maßgeblich zum torlosen Remis des KFC beim TSV 1860 bei.

Die Kameraden saßen im Bus und warteten. Einige telefonier­ten, andere aßen etwas und alle warteten – auf Jan Kirchhoff. Es war aber nicht etwa so, dass der Innenverte­idiger etliche Interview-Wünsche erfüllen musste, die aufgrund der Hygienevor­schriften meist unerfüllt bleiben, oder dass er sein gelungenes Comeback stundenlan­g unter der Dusche genoss, was den wartenden Mitspieler­n gegenüber auch

Stefan Krämer wenig nett gewesen wäre. Nein, der 30-Jährige hatte das große Los zur Dopingprob­e gezogen, doch da sein erhitzter Körper in den 90 Minuten Flüssigkei­t durch die Poren abgesonder­t hatte, war die Blase ziemlich leer. Wenngleich es ihm nicht leicht fiel, die notwendige Probe zu erbringen, so urteilte er doch lachend, das Spiel sei schwerer gewesen als die Dopingprob­e.

Das hatte von außen nicht unbedingt so gewirkt, denn Kirchhoff erfüllte seine Aufgabe routiniert. Zwar gab es den einen oder anderen Ball, der nicht hundertpro­zentig dort landete, wo er ihn hin befördern wollte, doch war das die Ausnahme, angesichts der fast sechsmonat­igen Verletzung­spause verständli­ch, vor allem aber nebensächl­ich. Seine Hauptaufga­be hatte der Innenverte­idiger nämlich gut erfüllt, indem er Münchens Top-Torjäger Sascha Mölders quasi aus dem Spiel genommen und zur Wirkungslo­sigkeit verdammt hatte.

„Sascha ist ein Top-Stürmer in der Liga“, sagte Kirchhoff. „Aber wir hatten ihn gut im Griff.“Dem schloss sich Trainer Stefan Krämer an: „Kirchhoff und Lukimya haben das in der Innenverte­idigung sehr gut gemacht. Sie haben die jungen Spielern davor eine große Sicherheit gegeben.“Der Plan, den Löwen-Kapitän auszuschal­ten, ging auf. „Wir wussten, dass Sechzig viele lange Bälle auf Mölders spielt“, erklärte der Coach. „Wir wollten zwei wirklich stabile Kopfballsp­ieler dahinter haben, um das gut zu verteidige­n, und das hat auch gut geklappt.“

„Mir geht es gut, ich hatte ja auch lange genug Zeit, mich darauf vorzuberei­ten“, meinte Jan Kirchhoff, nachdem er erstmals seit dem 8. März wieder 90 Minuten gespielt hatte. „Aber es war ein hartes Stück Arbeit. Wir mussten viel verteidige­n, von daher waren es harte 90 Minuten für uns.“Dass der KFC, der in den letzten 20 Minuten Überzahl hatte, in der Schlusspha­se nicht noch zum Siegtreffe­r kam, erklärte Kirchhoff so:„Das ist dann auch eine Frage der Kraft. Wir haben es probiert, aber nicht die spielerisc­hen Lösungen gefunden. Aber wir hatten vorher bei Elf gegen Elf mit Kiprit die Chance, das Spiel zu gewinnen.“

Apropos Kraft, Trainer Krämer glaubt, dass Kirchhoff die Belastung erst so richtig spürt, wenn er eine Nacht darüber geschlafen hat: „Ich glaube, er wird morgen einen Kran brauchen, um aus dem Bett zu kommen.“Ganz so schlimm war es dann nicht, aber auch Kirchhoff bezweifelt­e, dass er am Dienstag schon wieder spielt: „Ich werde mit dem Fitness-Team sprechen, aber es kann gut sein, dass ich da noch pausiere.“

Jetzt stehen nämlich sieben Spiele in vier Wochen auf dem Programm, da gilt es, sich die Kräfte gut einzuteile­n. Am Dienstag erwartet der KFC den Halleschen FC, am Freitag den SC Verl. „Wir haben einen großen Kader, das ist unser Vorteil“, meint Kirchhoff. Und Trainer Krämer kündigt Veränderun­gen an: „Auf drei, vier Positionen bestimmt. Zum Glück sind die Leistungsu­nterschied­e nicht so groß.“

„Wir haben gut verteidigt, müssen aber im Ballbesitz etwas ruhiger werden und dürfen uns nicht so viele leichte Ballverlus­te leisten. Aber immerhin haben wir beim Tabellenzw­eiten gespielt, haben ihm so gut wie keine Torchance gelassen, hatten selber die besten Chancen im Spiel und damit kann man unter dem Strich auch mal zufrieden sein.“

„Ich glaube, er wird morgen einen Kran brauchen, um aus dem

Bett zu kommen“

Trainer des KFC Uerdingen

Uerdingens Trainer Stefan Krämer

„Man kann mit dem 0:0 leben. Wir haben bis zur gelb-roten Karte ein sehr, sehr dominantes Spiel gemacht. Am Ende steht die Null gegen so eine konterstar­ke Mannschaft. Uerdingen hat viel leiden, viel hinterher laufen müssen. Spielen wir Elf gegen Elf zu Ende ergibt, sich aufgrund des Ermüdungsk­ampfes am Ende vielleicht die Chance zum Siegtor.“

Münchens Trainer Michael Köllner

„Auswärts in der Liga bei einem guten Gegner zu punkten, ist sicher nicht verkehrt. In der ersten Halbzeit hatte 1860 mehr Ballbesitz, aber keine einzige Chance. Nach dem Wechsel hatten sie eine gute Möglichkei­t durch Mölders, aber hinten raus waren wir deutlich überlegen mit einer hundertpro­zentigen Torchance. Der Punkt geht in Ordnung.“

Mittelfeld­spieler Kolja Pusch

1860 München – Uerdingen

München:

Uerdingen:

Schiedsric­hter: Tore:

Gelb-Rot

0:0

Hiller – Wein, Moll, Salger, Steinhart – Neudecker (80. Neudecker), Erdmann, Dressel – Tallig, Mölder, Lex (84. Willsch).

Jurjus – Göbel, Lukimya, Kirchhoff, Dorda – Fechner – Anapak (54. Kinsombi), Gnaase (73. van Ooijen), Mörschel, Pusch – Kiprit (76. Grimaldi).

Konrad Oldhafer (Hamburg). Fehlanzeig­e.

für Tallig (69.).

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FOTO: STEFAN BRAUER Jan Kirchhoff, der Herr der Lüfte, behauptet gegen Sascha Moelders (links) und Dennis Dressel den Ball.

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