Rheinische Post Krefeld Kempen
Bei der Tafel fürs Leben lernen
Acht Auszubildende mit Lernbehinderung erfahren, wie viel Logistik hinter der Lebensmittelverteilung steckt.
Gemeinsam mit der Viersener Tafel hat das Kolping-Bildungszentrum in Dülken das Projekt „Soziales Engagement“ins Leben gerufen. Gegen Ende des Jahres kommen seine Auszubildenden zur Tafel und gestalten mit den anderen Ehrenamtlern den bevorstehenden Arbeitstag.
„Unsere Auszubildenden haben alle eine Lernbehinderung und machen bei uns eine integrative Ausbildung im Fachbereich Service. Alle Lehrkräfte lehren besonders langsam und individuell die Ausbildungsinhalte”, erzählt Meike Knapp, Vorstandsvorsitzende des Bildungszentrums.Vor fünf Jahren besuchten die Auszubildenden zum ersten Mal die Viersener Tafel, seitdem läuft das Projekt jährlich weiter.„Im Rahmen des Projektes haben unsere Azubis zum ersten Mal Kontakt zu Kunden und sehen, wie viel Logistik und Aufwand hinter der Tafel steckt“, sagt Knapp.
Durch ein eigenes Hygienekonzept ist es der Tafel auch in diesem Jahr möglich, die acht Auszubildenden aufzunehmen. „Dieser erste Kontakt ist total wichtig für die menschliche Entwicklung und auch für die Zukunftsperspektiven. Es ist eine Anregung und zeigt, was es alles so gibt. Nach dieser Erfahrung sind viele sogar überrascht davon, dass es auch bedürftige Menschen in Deutschland gibt, die sich nicht einfach im Supermarkt Lebensmittel kaufen können“, erzählt Knapp.
Die Azubis sollen während des Fachpraktikums erkennen, welcher Aufwand hinter der Tafel steckt.
„Wir versorgen mehr als 2000 Personen im Monat, und die Statistik zeigt, dass jetzt zu Corona auch immer mehr Obdachlose die Hilfe der Tafel wahrnehmen“, berichtet Luzia Witthake, Vorsitzende der Viersener Tafel. Die Auszubildenden sortieren die Lebensmittel, packen die Lebensmittelkisten für die Bedürftigen mit und helfen auch bei der Ausgabe der Lebensmittel. Täglich werden insgesamt 120 Kisten zum Abholen und 40 Lieferkisten gepackt. Dabei bekommen die Azubis auch den enormen Arbeitsaufwand zu spüren und erkennen den logistischen Prozess hinter der Hilfsorganisation. „Sie sind von den Mengen der Lebensmittel, die bei uns eintreffen, total beeindruckt“, sagt Witthake. Durch Corona sei der Aufwand noch höher geworden, da die Außenstandorte in Süchteln und Dülken schließen mussten. Deswegen gibt es einige Bedürftige, die zusätzlich noch beliefert werden müssen, da sie durch Krankheit nicht in der Lage sind, nachViersen zu kommen. „Zudem mussten wir die Lebensmittelübergabe nach draußen verlegen. Dafür haben wir ein Zelt aufgebaut, in dem auch die Kisten gepackt werden. Jetzt im Winter wurde es so kalt, dass wir eine Heizung einbauen mussten“, merkt die Tafel-Vorsitzende an.
„Wir hätten niemals gedacht, dass so viele Menschen in Deutschland bedürftig sind und Hilfe brauchen“, erzählen die acht Auszubildenden. Und Knapp ergänzt: „Genau das ist das Ziel des Projektes. So erkennen die Jugendlichen auch, dass ganz normale Menschen, Familien, Rentner und auch Singles Hilfe brauchen.“
Die Viersener Tafel und das Bildungszentrum stehen auch neben ihrem gemeinsamen Projekt in Kontakt. Vor Nikolaus liefert die Tafel dem Fachbereich alle nötigen Lebensmittel zum Kekse backen. Gemeinsam mit ihren Lehrkräften backen die Auszubildenden aus diesen Zutaten dann die Plätzchen, die zu Nikolaus an die Kunden der Tafel verteilt werden.
Nach dem Projekt möchten viele der jungen Azubis auch weiterhin ehrenamtlich bei der Viersener Tafel helfen. „Wir freuen uns über jeden Ehrenamtler, vor allem jetzt wo unser logistischer Aufwand immer weiter steigt“, sagt die Tafel-Vorsitzende Luzia Witthake. „Ich bin so froh, dass wir so viele fleißige Helfer haben.“