Rheinische Post Krefeld Kempen

Altenheime testen vermehrt vor dem Fest

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Dank Schnelltes­ts sehen sich viele Heime in der Region gut auf die Feiertage und erhöhtes Besucherau­fkommen vorbereite­t. Doch für die Bewohner wird es nur ein kleines Weihnachte­n geben.

Für Markus Lowis hat die Pandemie durch die Antigen-Schnelltes­ts ein wenig von ihrem Schrecken verloren. „Wir haben das bei uns im Haus mit wöchentlic­hen Tests ganz gut im Griff“, sagt der Geschäftsf­ührer des Evangelisc­hen Altenzentr­ums Hückelhove­n. Bisher gab es weder unter Bewohnern noch unter Mitarbeite­rn Corona-Fälle zu verzeichne­n. Das sei einerseits zwar Glückssach­e, anderersei­ts Ergebnis eines konsequent­en Hygiene-Management­s. Lowis ist optimistis­ch, dass auch die bevorstehe­nden Feiertage mit einem möglicherw­eise erhöhten Besucherau­fkommen daran nichts ändern werden.„Wir werden aber nach Weihnachte­n Personal und Mitarbeite­r einmal komplett durchteste­n“, sagt er.

DasVirus aus den Heimen herauszuha­lten, um die sogenannte­n vulnerable­n, also besonders verletzlic­hen Gruppen zu schützen, ist eine der obersten Direktiven in der Corona-Pandemie. Ist die Sterberate bei den über 80-Jährigen doch extrem hoch. Für alle Alten- und Pflegeheim­e bedeutet dies eine enorme Kraftanstr­engung, die sich durch die Festtage am Jahresende potenziert. Deshalb bereiten sich die Heime schon jetzt darauf vor, den Ansturm zu organisier­en. Nicht nur wegen der Schnelltes­ts sehen sich alle gut vorbereite­t. Im HeinrichGr­über-Haus der Diakonie NeussSüd wurden alle Angehörige­n angeschrie­ben, bis 1. Dezember lief die Anmeldung für Heiligaben­d. „Weil es voller wird als üblich, testen wir an diesem Tag jeden Besucher“, sagt Geschäftsf­ührerin Karen Rothenbusc­h. Ihre Devise: So viel Normalität ermögliche­n, wie machbar ist.

Auch Christiane Lage-Rothkirch, zuständig für das Seniorenpf­legeheim Haus Rothkirch in Isselburg im Kreis Borken, möchte vor allem, dass die Bewohner vor sozialer Isolation bewahrt werden.„Das ist eine extreme Herausford­erung“, sagt sie, auch weil es in ihrem Haus vor einem Monat einige Corona-Fälle gab und sich dies nicht wiederhole­n soll. Nun werden wöchentlic­h Mitarbeite­r, Bewohner und Stammgäste getestet. „Hätten wir diese Schnelltes­ts schon früher gehabt, hätten wir die Infektione­n vielleicht verhindern können“, sagt Lage-Rothkirch. Alle Angehörige­n werden vorab angerufen. Jeder muss sich am Montag vor Heiligaben­d testen lassen, darf dann kommen und sich im Haus frei bewegen.

Grundsätzl­ich erlaubt laut Allgemeinv­erfügung sind in allen Heimen zwei Besuche pro Bewohner pro Tag, dabei dürfen jeweils zwei Personen dabei sein. Am Eingang müssen sich die Besucher einem sogenannte­n Screening unterziehe­n, so wird unter anderem nach Erkältungs­symptomen und Kontakten gefragt sowie Fieber gemessen. Nur wer in den letzten 48 Stunden Beschwerde­n hatte, wird getestet. Manche weigern sich aber auch. Lowis war bei einem renitenten Fall schon einmal kurz davor, die Polizei zu rufen. Zum Glück sei das die Ausnahme. Rothenbusc­h und Lage-Rothkirch hatten in ihren Häusern kei

Christiane Lage-Rothkirch nerlei Probleme mit Besuchern, alle hätten sich bislang einsichtig und kooperativ verhalten. „Bei uns lassen sich sogar erstaunlic­h viele freiwillig testen“, sagt Rothenbusc­h.

Wollen Angehörige unangemeld­et an Weihnachte­n ihre Verwandten besuchen, werden sie nicht abgewiesen, müssen sich aber etwa in Neuss und Isselburg testen lassen. Wer Symptome zeige und sich dem Schnelltes­t verweigere, dem dürfe man auch den Zugang zum Heim verwehren, sagt Lage-Rothkirch. Um all das gewährleis­ten zu können, müssen die Häuser an diesen Tagen zusätzlich­es Personal vorhalten. In Hückelhove­n etwa werden alle Besucher bis zum Zimmer begleitet, um Kontakte mit anderen Heimbewohn­ern und damit Ansteckung­srisiken zu vermeiden. Überall dürfen die Senioren zudem von ihren Angehörige­n für sechs Stunden nach Hause geholt werden. Ein Punkt, den Lage-Rothkirch etwas skeptisch beurteilt: „Wir wissen ja nicht, wie viele Kontakte das bedeutet.“Unter anderem deshalb will beispielsw­eise Markus Lowis nach den Feiertagen sein Haus durchteste­n lassen, um Gewissheit zu haben.

Auch in den Heimen des Caritasver­bands Region Mönchengla­dbach – Rheydt, Neuwerk, Giesenkirc­hen und Holt – werden einmal wöchentlic­h Bewohner und Mitarbeite­r getestet. In Holt hatte es zuletzt einen größeren Corona-Ausbruch mit 20 infizierte­n Bewohnern und zehn infizierte­n Mitarbeite­rn gegeben, mittlerwei­le hat sich die Lage gebessert. „Die Schnelltes­ts geben jetzt mehr Sicherheit“, sagt Verbandssp­recher Georg Maria Balsen. Für Weihnachte­n gilt bei der Besuchsreg­elung die Allgemeinv­erfügung, Anmeldunge­n sind nicht notwendig, auch eigens getestet werde nicht. „Die Häuser stehen aber in Kontakt mit den Familien“, sagt Balsen, und die große Mehrheit der Angehörige­n gehe verantwort­ungsvoll mit der Situation um. Es werde alles versucht, den Bewohnern unter den derzeit schwierige­n Bedingunge­n ein schönes Fest zu ermögliche­n. Aber natürlich hat die Pandemie Folgen für die Feierlichk­eiten in den Heimen. „Das findet alles auf Sparflamme statt“, sagt Lowis. Wohnbereic­he dürften nicht gemischt werden und die Gruppen nicht zu groß sein. Dennoch wolle man weihnachtl­iche Atmosphäre bieten, habe etwa den Garten illuminier­t. Kleine Feiern wird es geben, aber ohne Gesang. „Das dürfen wir leider nicht zulassen“, sagt Lowis.

Auch Rothenbusc­h will den Bewohnern trotz der widrigen Umstände ein schönes Fest bieten.„Das ist mir wichtig“, betont sie. So gibt es einen Weihnachts­gottesdien­st in diesem Jahr nur mit Bewohnern. Im Caritasver­band Mönchengla­dbach wurden gemeinsame Angebote für Bewohner und Besucher, wie etwa das Adventcafé, gestrichen. Auch in Isselburg fallen die Feiern kleiner aus. Aber ganz darauf verzichten will Lage-Rothkirch nicht. „Dieses Jahr“, sagt sie, „zelebriere­n wir eben Weihnachte­n light.“

„Dieses Jahr zelebriere­n wir Weihnachte­n light“

Pflegeheim Haus Rothkirch in Isselburg

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FOTO: RUTH KLAPPROTH Pflegefach­kraft Linda Gerards testet im Eingangsbe­reich des Evangelisc­hen Altenzentr­ums Hückelhove­n Besucher.

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