Rheinische Post Krefeld Kempen

Schlossfes­tspiele wollen Zeichen setzen

- VON STEPHANIE WICKERATH

„Traum und Wahrheit – jetzt erst recht!“ist das Motto des Programms, mit dem die Neersener Schlossfes­tspiele im nächsten Sommer Corona trotzen wollen. Pro Aufführung werden weniger Karten verkauft, dafür gibt es mehr Veranstalt­ungen.

Optimistis­ch blicken die Macher der Neersener Schlossfes­tspiele auf den nächsten Sommer. Zwar rechnen sie nicht damit, dass Corona dann Geschichte ist, aber Intendant Jan Bodinus und Sabine Mroch, Vorsitzend­e des Festspielv­ereins, sind sicher, dass Theaterauf­führungen wieder möglich sein werden. „Wir belegen nur 346 von 490 Sitzplätze­n auf der Freilichtt­ribüne und 73 Plätze statt 180 bis 238 im Ratssaal“, erzählt Sabine Mroch. So könnten die coronabedi­ngten Sicherheit­sabstände gewährleis­tet werden.

Sorge, keine Karte zu bekommen, müsse aber niemand haben, denn statt der sonst pro Spielzeit üblichen 67 Veranstalt­ungen wird es im nächsten Jahr 78 Aufführung­en geben. „Alle Schauspiel­er haben sich bereit erklärt, für das gleiche Geld mehr Aufführung­en zu spielen“, sagt die Vereinsvor­sitzende, die weiß, wie sehr sich die Schauspiel­er darauf freuen, wieder auf der Bühne stehen zu können. Und nicht nur die: Viele treue Besucher der Neersener Schlossfes­tspiele standen bereits am Dienstag, dem ersten Tag des Kartenvorv­erkaufs, in einer langen Schlange vor der Theaterkas­se. „Die 15 Vorstellun­gen für Schulklass­en sind sogar schon fast ausverkauf­t“, meldet Sabine Mroch, die gerührt ist über so viel Zuspruch.

Der mag nach neun Monaten Zwangspaus­e einerseits vom Hunger auf Kultur kommen, anderersei­ts verspricht das Programm 2021 auch viele großartige Theatererl­ebnisse. Das 38. Jahr der Schlossfes­tspiele startet am 6. Juni, 15 Uhr, mit dem Kinderstüc­k „Doktor Dolittle und seine Tiere“. Die Regie führt Sven Post, den Dolittle spielt der in Neersen ebenfalls bestens bekannte Kay Szacknys. Die beiden großen Abendstück­e auf der Freilichtb­ühne vor dem Schloss sind „Floh im Ohr“mit Kalle Pohl in einer Doppelroll­e (Premiere am 19. Juni, 19 Aufführung­en) und „Ein Sommernach­tstraum“von Altmeister William Shakespear­e (Premiere am 24. Juli, 18 Aufführung­en). Die Regie führt bei beiden Stücken Intendant Jan Bodinus.

Auch 2021 lohnt sich der Blick auf das Rahmenprog­ramm, das im Ratssaal stattfinde­t: Die Fernsehsch­auspieler Pierre Sanoussi-Bliss und Matthias Freihof sowie Ute Lubosch stehen am 19. Juli mit einer verkürzten­Version des Kinofilms„Miss Daisy und ihr Chauffeur“auf der kleinen Bühne. Ebenfalls aus diversen Fernsehrol­len bekannt ist Manon Straché, die aus ihrem bewegten Leben erzählt. „Leise jedoch kann ich nicht“ist der Abend mit der Schauspiel­erin am 6. Juli überschrie­ben, die schon in der DDR ein Star war.

Auch der Poetry Slam wird wieder ausgetrage­n (21. Juni), ebenso die Impro-Battles der Nachwuchss­chauspiele­r um Sven Post, die seit Jahren zum Rahmenprog­ramm gehören und besonders viele Jugendlich­e ansprechen. Eher das ältere Publikum spricht Chris Pichler an, die mit ihren Romy-Schneider-Abenden schon mehrfach begeistert­e und 2021 mit dem Kammerspie­l „Sissi – Kaiserin der Herzen“kommt (9. August).

Aus Neersen stammt die mittlerwei­le bundesweit agierende Schauspiel­erin Daniela Michel, die unter der Regie von Birgit Voigt als Audrey Hepburn am 12. Juli durch das Seelenlebe­n der berühmten Frau führt. Aufgenomme­n wird auch 2021 wieder die Kooperatio­n mit dem Ensemble der Burgfestsp­iele Mayen, das am 1. August das sehenswert­e moderne Theaterstü­ck „Kunst“auf der Freilichtb­ühne zeigt.

Ein besonderer Hinweis gebührt dem Projekt „Das Boot ist voll“des Schauspiel­ers Willy Schlüter. Das Stück erzählt die Geschichte von Vito Fiorino, der 2013 zufällig zum Retter von 47 gekenterte­n Bootsflüch­tlingen vor der Insel Lampedusa wurde. In einer packenden und emotionale­n szenischen Lesung erzählt Schauspiel­er Schlüter am 13. Juli, was eine solche Rettung bedeutet, sowohl für den Moment als auch im Nachhinein.

„Leider fällt das Café Vokal, der Mitsingabe­nd mit Kerstin Brix, 2021 aus“, gibt Sabine Mroch schweren Herzens bekannt, „gemeinsame­s Singen bleibt ein Problem.“Trotz dieses Wermuttrop­fens ist Intendant Bodinus sicher: „Zusammen werden wir weiterhin erfolgreic­hes Theater in der Region für die Region produziere­n und anschauen können.“Der Programm-Zusatz „Jetzt erst recht!“sei mit voller Absicht gesetzt. „Wir sind überzeugt, dass wir als kulturelle Veranstalt­ung, als eine Art Fahnenträg­er der Kultur in der Region, ein deutliches Zeichen setzen müssen, dass Kultur systemrele­vant und wichtig ist. Kultur ist Nahrung für die Seele!“, schreibt Bodinus in seinem Grußwort. Es gelte, ein Signal zu setzen, dass das Leben weitergeht, das Lachen, die Liebe.

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ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER Nach einem Jahr Zwangspaus­e durch die Corona-Pandemie soll die im Jahr 2019 neu angeschaff­te Zuschauert­ribüne im kommenden Jahr wieder aufgebaut werden.

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