Rheinische Post Krefeld Kempen
Beisetzungen in unruhiger Zeit
Die Corona-Pandemie stellt Hinterbliebene und die Bestattungsbranche in diesen Tagen vor Herausforderungen.
TÖNISVORST Das Coronavirus hat Auswirkungen auf viele Branchen. Doch bei einigen ließe sich vermuten, dass die Effekte weniger schlimm oder gar positiv sind. Ketzerisch ließe sich vermuten: Bestatter sind Gewinner der Krise, immerhin sorgt eine Pandemie in der Theorie für viele Tote. Doch wie sieht es in der Realität aus?
Für die Bestatter in Tönisvorst halten sich die Auswirkungen in Grenzen. „Wir haben weder mehr noch weniger Fälle. Das Jahr verläuft bislang ziemlich normal, was die Zahl der Bestattungen angeht. Die Maßnahmen wirken“, sagen Heike Könisser-Sassen von Könnisser Bestattungen und Stefan Lange von Bestattungen Lange unisono.
Die beiden Bestattungsunternehmen aus St. Tönis bekommen dennoch Auswirkungen auf ihre Arbeit zu spüren. „Gerade im ersten Lockdown waren die Einschränkungen teilweise heftig. Damals duften nur Angehörige ersten Grades zu den Bestattungen kommen.Wenn dann Menschen beigesetzt wurden, die einen großen Freundeskreis oder eine große Familie hatten, dann war das teilweise regelrecht gespenstisch“, erzählt Könnisser-Sassen.
Mittlerweile habe sich die Lage trotz des erneuten Lockdown einigermaßen entspannt. „In St. Tönis dürfen derzeit 24 Personen in die Halle, in der die Trauerfeier stattfindet. In Vorst sind es 27. Dazu können wir aber die großen Flügeltüren öffnen, und draußen dürfen nochmals 150 Personen anwesend sein. In unserer Kirche St. Cornelius finden außerdem mit allen Abstandsregeln und Einschränkungen 160 Personen Platz“, erzählt sie. Damit sei ein einigermaßen normales Abschiednehmen von den Verstorbenen möglich.
Allerdings fiele das gesamte Rahmenprogramm aus. Es gibt keine Beerdigungscafés oder sonstige Feierlichkeiten, die sonst dazu angetan sind, die Trauernden zusammenzuführen und gemeinsam des Verstorbenen zu gedenken. Damit fehlt auch den Bestattern ein Teil ihrer Einnahmen. Generell sei aber das Geschäft an sich kaum beeinflusst. „Wir haben allerdings erhöhte Ausgaben für Hygieneartikel und so weiter. Einerseits, weil wir viel mehr Artikel wie Masken, Handschuhe und Ganzkörperschutz verbrauchen, andererseits aber auch, weil die Stückpreise deutlich angezogen haben“, erzählt Lange.
Dabei sei allerdings die Behandlung der sterblichen Überreste nicht anders als sonst. „Wir hatten schon immer mit ansteckenden Krankheiten zu tun. Das ist nichts Neu
es. Infektionsschutz hat in unserem Beruf schon immer eine Rolle gespielt“, sagt Lange, und Könnisser-Sassen erläutert: „Wir dürfen uns einem Verstorbenen ohnehin erst nähern beziehungsweise werden gerufen, wenn ein Arzt eine Todesursache festgestellt hat. Ist es ein nicht natürlicher Tod, dann sind wir raus, dann ist es ein Fall der Polizei. Bei einem natürlichen Tod gibt es dann einen vertraulichen und einen öffentlichen Teil des Totenscheins. Darin ist dann vermerkt, wenn eine Krankheit im Sinne des Infektionsschutzgesetzes vermutet wird. Darunter zählt natürlich auch Covid-19.“Dann gelte es, in Ganzkörper-Schutzanzügen und unter erhöhten Sicherheitsauflagen zu arbeiten, erläutert die Inhaberin des 100 Jahre alten Unternehmens.
Lange, dessen Bestattungsunternehmen sogar ein wenig älter ist (es besteht seit 1914) und der selbst die Leitung im Jahr 1998 von seinem Vater übernahm, berichtet auch von Unterschieden in den Vorgesprächen. „Wenn früher oft größere Gruppen von Menschen kamen, um sich gegenseitig zu unterstützen, dann sind es heute ein oder zwei Personen. Man sitzt heute im Abstand und teilweise mit Masken. Es ist schon weniger persönlich.Waren es bis Anfang des Jahres oft fünf oder sechs Personen, mit denen die Vorgespräche liefen, so sind es heute eben ein oder zwei“, berichtet er.
Die veränderten Rahmenbedingungen durch neue Regeln hätten bisher bei ihm zu keinen Problemen geführt. „Kurzfristige Absagen von Veranstaltungen hatten wir glücklicherweise nicht“, sagt Lange. Anders war das bei Könnisser. „Wir hatten leider den Fall, dass ein bereits komplett vorbereiteter Beerdigungskaffee kurzfristig ausfallen musste. Die Gaststätte war zwar sehr kulant, aber für alle Beteiligten war es natürlich dennoch sehr enttäuschend“, erzählt sie.
Insgesamt, da sind sich die Vertreter der Bestattungsunternehmen einig, betrifft die Krise sie aber weit weniger als viele andere Menschen.
Redaktion Kempen