Rheinische Post Krefeld Kempen

Bonner Ex-Islamist erneut vor Gericht

- VON CLAUDIA HAUSER

Omar D. wurde 2016 wegen des Versuchs der Beteiligun­g an einer terroristi­schen Vereinigun­g verurteilt. Nun ging es um Beleidigun­g.

KÖLN Einmal pro Woche musste Omar D. im Polizeiprä­sidium Köln erscheinen, um Beamten des Staatsschu­tzes ein paar Fragen zu seinem Alltag zu beantworte­n. Es war eine der Auflagen, die das Oberlandes­gericht Frankfurt verhängt hatte, als D. 2016 eine zweijährig­e Haftstrafe auf Bewährung bekam. Das Gericht hatte den heute 36-Jährigen wegen des Versuchs, Mitglied einer terroristi­schen Vereinigun­g zu werden, schuldig gesprochen. D. war damit milde davongekom­men – fünf Mitangekla­gte

waren zu bis zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Doch Omar D., ehemaliges Mitglied der Bonner Islamisten­szene, hatte offenbar wenig Interesse daran, mit den Polizeibea­mten regelmäßig über sein Leben, seine aktuelle Gesinnung und Gefühlslag­e zu sprechen. Im August 2019 soll er zu ihnen gesagt haben: „Ihr könnt mich alle mal, ihr Pisser!“. Einen nannte er „Volldepp“, den anderen „Spinner“. Das Kölner Amtsgerich­t erließ daraufhin einen Strafbefeh­l wegen Beleidigun­g in Höhe von 600 Euro. Eine Woche nach dem Vorfall im Präsidium

erschien D. allerdings gar nicht mehr. Damit war seine Bewährung hinfällig und er sitzt die zwei Jahre nun in der Justizvoll­zugsanstal­t Ossendorf ab. Weil er Einspruch gegen den Strafbefeh­l einlegte, kam es nun zum Prozess.

Omar D. ist den Sicherheit­sbehörden seit Jahren bekannt. Der Deutsch-Somalier wurde bereits 2008 am Flughafen Köln/Bonn an der Ausreise gehindert. Im Dezember 2012 war D. nach dem gescheiter­ten Bombenansc­hlag im Bonner Hauptbahnh­of als ein Verdächtig­er kurzzeitig festgenomm­en, dann aber wieder freigelass­en worden, weil sich der Verdacht gegen ihn nicht erhärtet hatte. Vier Monate später reiste er über Kenia nach Somalia – nach Überzeugun­g der Frankfurte­r Richter, um sich der Islamisten­miliz Al-Shabaab anzuschlie­ßen.

Doch die Terroriste­n trauten D. nicht, wie sein Rechtsanwa­lt Mutlu Günal sagt: „Er legte dort eigentlich ein sehr deutsches Verhalten an den Tag, wollte seinen Pass nicht abgeben, pochte auf seine Rechte, stellte Fragen.“Diejenigen, die ihn für den bewaffnete­n Kampf ausbilden sollten, hielten ihn für einen westlichen Spitzel und steckten ihn ins Gefängnis. Dort soll er monatelang gefoltert worden sein. „Man gab ihm dann drei Tage Zeit, das Land zu verlassen“, sagt Günal. D. schaffte es nach Kenia und ging dort zur Deutschen Botschaft. Kenia schob ihn nach Deutschlan­d ab.

D. schrieb sich an einer Hochschule in den Niederland­en ein. Ein Jahr später kam es zum großen Islamisten-Prozess in Frankfurt. Rechtsanwa­lt Günal sagt: „Omar D. ist immer noch traumatisi­ert durch die Folter.“Der Prozess am Mittwoch dauerte keine zehn Minuten. D. teilte dem Amtsrichte­r mit, dass er den Strafbefeh­l nun doch akzeptiert. Bis November sitzt er seine Strafe noch ab, dann ist D. wieder ein freier Mann.

Omar D.s Vater Ahmed D. hat es 1977 zu einiger Berühmthei­t gebracht, wie Anwalt Günal bestätigt. Ahmed D. war damals Fluglotse in Mogadischu und hatte Dienst, als vier Terroriste­n mit der entführten Lufthansa-Maschine „Landshut“dort landeten. Vom Tower aus sprach Ahmed D. mit den Entführern und hielt sie hin, bis das GSG9 die Maschine stürmte.

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