Rheinische Post Krefeld Kempen
Englisch künftig erst ab der dritten Klasse
Die NRW-Landesregierung stellt den Lehrplan an Grundschulen um. Erstklässler sollen sich zunächst aufs Deutschlernen konzentrieren. Wann die Corona-Schnelltests für Schüler kommen, bleibt offen.
DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfallen sollen Kinder vom kommenden Schuljahr an erst in der dritten Klasse Englisch lernen. Der Schulausschuss im Landtag verabschiedete diese Änderung am Mittwoch mit der Regierungsmehrheit von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen. „Die Grundschulen brauchen im ersten Schuljahr mehr Zeit für Lesen, Schreiben und Rechnen“, begründete NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) den neuen Lehrplan. Mit dem Englischunterricht im zweiten Halbjahr der ersten Klasse bereits zu beginnen, habe viele Schüler überfordert. Auch Kindern mit Zuwanderungsgeschichte, die manchmal schon mit Deutsch als weiterer Sprache zurechtkommen müssten, sei dies schwer gefallen: „Einige haben Probleme, wenn sie dann auch noch gleichzeitig Englisch lernen sollen.“Gebauer betonte zudem, dass es künftig ab der dritten Klasse im Gegenzug mehr Englisch-Stunden pro Woche gebe. Am Ende der Grundschulzeit solle jedes Kind genau so viel Englischunterricht erhalten wie bisher.
Gebauer setzt damit ein Vorhaben aus dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag um. Lehrer weiterführender Schulen hatten den Englisch-Unterricht an Grundschulen wiederholt kritisiert. Aus ihrer Sicht war der Lernstand am Ende der Klasse vier von Schule zu Schule zu unterschiedlich. Andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass es ungünstig sein könnte, Kindern gleichzeitig das Schreiben in ihrer Muttersprache und in einer Fremdsprache beizubringen. Die AfD hatte eine gänzliche Abschaffung des Englisch-Unterrichts in der Grundschule gefordert, stimmte dann aber am Mittwoch für die neue Verordnung.
Grünen-Schulexpertin Sigrid Beer kritisierte, dass die Expertise vieler Fachgesellschaften in der neuen Verordnung nicht berücksichtigt seien. Auch komme die Änderung zur Unzeit. Ähnlich äußerte sich der schulpolitische Sprecher der SPD, Jochen Ott: „Es gibt so viele Themen, mit denen sich das Schulministerium jetzt vordringlich beschäftigen sollte.“
Von Montag an sollen in NRW die Klassen fünf bis neun sowie die Einführungsklasse 10 wieder tageweise in die Schulen zurückkehren. Die Bundesregierung hatte in Aussicht gestellt, dass auch Schüler einmal pro Präsenzwoche kostenlos getestet werden. Lehrer können sich in NRW zurzeit zweimal wöchentlich testen lassen. Zu den Schülertests sagte Gebauer am Donnerstag: „Alle
Details sind noch nicht geklärt.“Es sei eine logistische, aber auch eine pädagogische Herausforderung, 2,5 Millionen Schüler zu testen. „Der eine kündigt an, der andere setzt um“, sagte Gebauer an die Adresse der Bundesregierung gerichtet. „Die weitere Öffnung der Schulen ab Jahrgang fünf wird nicht von einer Teststrategie begleitet“, konstatierte daraufhin Beer.
Die Landesschülervertretung NRW rechnet erst nach den Osterferien mit Tests für Schüler. Es dürfe auf keinen Fall dazu kommen, dass Lehrer die Schüler auf Corona testeten: „Kein Schüler will, dass ihm der Lehrer in die Nasenlöcher guckt“, sagte Sophie Halley vom Landesvorstand. Aus Sicht von Anke Staar, Vorsitzende der Landeselternschaft, ist nicht nachvollziehbar, dass es – anders als in Nachbarländern – immer noch keine Tests gebe. Die Ministerin müsse deutlich mehr für den Gesundheitsschutz tun. Hier sieht auch die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, große Defizite. Die Gesundheitsämter müssten einheitliche Quarantäneregeln bei Verdachtsfällen verhängen.
Die Schulministerin rechnete vor, wie viel Geld das Land bisher für den Gesundheitsschutz an den Schulen ausgegeben hat: Knapp fünf Millionen Euro kosteten diezwei FFP2-Masken täglich für das Lehrpersonal, rund 44 Millionen Euro die Übernahme der Stornokosten für Klassenfahrten und über 30 Millionen Euro der Einsatz zusätzlicher Schulbusse, um den Schülertransport zu entzerren und das Ansteckungsrisiko auf dem Weg zur Schule zu verringern.