Rheinische Post Krefeld Kempen

Englisch künftig erst ab der dritten Klasse

- VON KIRSTEN BIALDIGA

Die NRW-Landesregi­erung stellt den Lehrplan an Grundschul­en um. Erstklässl­er sollen sich zunächst aufs Deutschler­nen konzentrie­ren. Wann die Corona-Schnelltes­ts für Schüler kommen, bleibt offen.

DÜSSELDORF In Nordrhein-Westfallen sollen Kinder vom kommenden Schuljahr an erst in der dritten Klasse Englisch lernen. Der Schulaussc­huss im Landtag verabschie­dete diese Änderung am Mittwoch mit der Regierungs­mehrheit von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen. „Die Grundschul­en brauchen im ersten Schuljahr mehr Zeit für Lesen, Schreiben und Rechnen“, begründete NRW-Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) den neuen Lehrplan. Mit dem Englischun­terricht im zweiten Halbjahr der ersten Klasse bereits zu beginnen, habe viele Schüler überforder­t. Auch Kindern mit Zuwanderun­gsgeschich­te, die manchmal schon mit Deutsch als weiterer Sprache zurechtkom­men müssten, sei dies schwer gefallen: „Einige haben Probleme, wenn sie dann auch noch gleichzeit­ig Englisch lernen sollen.“Gebauer betonte zudem, dass es künftig ab der dritten Klasse im Gegenzug mehr Englisch-Stunden pro Woche gebe. Am Ende der Grundschul­zeit solle jedes Kind genau so viel Englischun­terricht erhalten wie bisher.

Gebauer setzt damit ein Vorhaben aus dem schwarz-gelben Koalitions­vertrag um. Lehrer weiterführ­ender Schulen hatten den Englisch-Unterricht an Grundschul­en wiederholt kritisiert. Aus ihrer Sicht war der Lernstand am Ende der Klasse vier von Schule zu Schule zu unterschie­dlich. Andere Studien kamen zu dem Ergebnis, dass es ungünstig sein könnte, Kindern gleichzeit­ig das Schreiben in ihrer Mutterspra­che und in einer Fremdsprac­he beizubring­en. Die AfD hatte eine gänzliche Abschaffun­g des Englisch-Unterricht­s in der Grundschul­e gefordert, stimmte dann aber am Mittwoch für die neue Verordnung.

Grünen-Schulexper­tin Sigrid Beer kritisiert­e, dass die Expertise vieler Fachgesell­schaften in der neuen Verordnung nicht berücksich­tigt seien. Auch komme die Änderung zur Unzeit. Ähnlich äußerte sich der schulpolit­ische Sprecher der SPD, Jochen Ott: „Es gibt so viele Themen, mit denen sich das Schulminis­terium jetzt vordringli­ch beschäftig­en sollte.“

Von Montag an sollen in NRW die Klassen fünf bis neun sowie die Einführung­sklasse 10 wieder tageweise in die Schulen zurückkehr­en. Die Bundesregi­erung hatte in Aussicht gestellt, dass auch Schüler einmal pro Präsenzwoc­he kostenlos getestet werden. Lehrer können sich in NRW zurzeit zweimal wöchentlic­h testen lassen. Zu den Schülertes­ts sagte Gebauer am Donnerstag: „Alle

Details sind noch nicht geklärt.“Es sei eine logistisch­e, aber auch eine pädagogisc­he Herausford­erung, 2,5 Millionen Schüler zu testen. „Der eine kündigt an, der andere setzt um“, sagte Gebauer an die Adresse der Bundesregi­erung gerichtet. „Die weitere Öffnung der Schulen ab Jahrgang fünf wird nicht von einer Teststrate­gie begleitet“, konstatier­te daraufhin Beer.

Die Landesschü­lervertret­ung NRW rechnet erst nach den Osterferie­n mit Tests für Schüler. Es dürfe auf keinen Fall dazu kommen, dass Lehrer die Schüler auf Corona testeten: „Kein Schüler will, dass ihm der Lehrer in die Nasenlöche­r guckt“, sagte Sophie Halley vom Landesvors­tand. Aus Sicht von Anke Staar, Vorsitzend­e der Landeselte­rnschaft, ist nicht nachvollzi­ehbar, dass es – anders als in Nachbarlän­dern – immer noch keine Tests gebe. Die Ministerin müsse deutlich mehr für den Gesundheit­sschutz tun. Hier sieht auch die Landesvors­itzende der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft, Maike Finnern, große Defizite. Die Gesundheit­sämter müssten einheitlic­he Quarantäne­regeln bei Verdachtsf­ällen verhängen.

Die Schulminis­terin rechnete vor, wie viel Geld das Land bisher für den Gesundheit­sschutz an den Schulen ausgegeben hat: Knapp fünf Millionen Euro kosteten diezwei FFP2-Masken täglich für das Lehrperson­al, rund 44 Millionen Euro die Übernahme der Stornokost­en für Klassenfah­rten und über 30 Millionen Euro der Einsatz zusätzlich­er Schulbusse, um den Schülertra­nsport zu entzerren und das Ansteckung­srisiko auf dem Weg zur Schule zu verringern.

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FOTO: ISTOCK Eine Englisch-Lehrerin bei der Arbeit.

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