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Airbnb-Wohnungen werden in Paris zur Schuldenfalle
PARIS In Paris gehörte es immer zum guten Ton, über die Touristen zu lamentieren. Sie verstopften die Métro, besetzten rund um die Uhr alle Tische in den Bistros und trieben die Mietpreise in astronomische Höhen. Vor der Corona-Pandemie besuchten rund 20 Millionen Menschen jedes Jahr die französische Metropole. Doch mit dem Auftreten des Virus wurde es erst herrlich ruhig in Paris – und dann zu ruhig.
Schnell zeigte sich, dass der Zusammenbruch des Tourismussektors schwerwiegende Folgen für die Stadt hat. Viele Hotels und Restaurants können sich mit staatlichen Hilfen über Wasser halten, schwerer trifft es private Vermieter, die von diesen Unterstützungen nicht profitieren. Einige Franzosen hatten es nämlich zum Geschäft gemacht, sich zu verschulden, von dem Geld ein kleines Appartement in Paris zu kaufen und dieses teuer an Touristen zu vermieten. Solange der Markt brummte, schien das eine gute Möglichkeit, sein Vermögen zu mehren. Allein über Airbnb werden in Paris offiziell rund 35.000 Wohnungen angeboten, die Dunkelziffer dürfte weitaus höher liegen. Doch nun stehen die meisten Unterkünfte seit Monaten leer, die Vermieter haben keine Einnahmen und können ihre Kredite nicht mehr bedienen. Viele Wohnungen werden verkauft. „Oft haben sich die Banken bereiterklärt, die Kredite für einige Monate einzufrieren“, sagt Frédéric Teboul, Chef mehrerer Guy-Hoquet-Aleph-Immobilienagenturen in Paris. Doch die Geduld der Banken sei nun vorbei und die Raten würden wieder eingefordert – aber ohne Touristen funktioniert die Finanzierung nicht.
Inzwischen hat auch die Stadtverwaltung auf diese Entwicklung reagiert und angedeutet, dass die leerstehenden Wohnungen aufgekauft werden könnten, um sie dann zu fairen Preisen an Leute zu vermieten, die tatsächlich in Paris wohnen. Weiter verfolgt wurde diese Idee aber nicht. Bürgermeisterin Anne Hidalgo sind Anbieter wie Airbnb seit Jahren ein Dorn im Auge.
Der Notverkauf der Wohnungen ist nur eine Option. Manche Eigentümer gehen dazu über, die kleinen Appartements längerfristig zu vermieten. Das ist zwar weniger lukrativ, die Hoffnung aber ist, die Durststrecke zu überstehen. Eine Studie der Immobilienagentur SeLoger besagt, dass in Paris die Zahl der Anzeigen, in denen möblierte Wohnungen zur Miete angeboten wird, um 185 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig sind die Mieten in Paris zum ersten Mal seit Jahrzehnten im Durchschnitt um 1,5 Prozent gesunken.
Durch Corona wurde es erst herrlich ruhig. Und dann zu ruhig.