Rheinische Post Krefeld Kempen
Wohl wieder kein Festival-Sommer
Sieben große Open-Air-Festivals in Deutschland und der Schweiz wurden wegen der Corona-Pandemie abgesagt. Veranstalter in der Region zögern noch und hoffen auf versprochene Hilfen – diese wurden in den Niederlanden bereits zugesagt. Ein Überblick.
DÜSSELDORF Kein Gedränge vor der Bühne, kein Gewühl auf dem Zeltplatz, keine großen Konzerte unter freiem Himmel: Die Corona-Pandemie zwingt die zweite Festivalsaison in Folge in die Knie. Am Mittwoch hat das Veranstalternetzwerk Eventim sieben Open-Air-Festivals in Deutschland und der Schweiz auf einen Schlag abgesagt. „Die Veranstalter mussten sich aufgrund der weiterhin bestehenden unsicheren Infektionslage zu einer Absage entscheiden“, teilte der Veranstalter mit.
Betroffen sind „Rock am Ring“am Nürburgring, „Rock im Park“in Nürnberg, das „Hurricane Festival“in Niedersachsen und „Southside“in Neuhausen ob Eck in Baden-Württemberg. Auch das „Deichbrand“bei Cuxhaven, „SonneMondSterne“in Thüringen bei Saalburg-Ebersdorf und das Schweizer „Greenfield Festival“finden nicht statt. Für die Mitarbeiter und Hunderttausende Fans fallen die Konzert-Events somit zum zweiten Mal aus. Bereits im Sommer 2020 waren alle Großveranstaltungen gestrichen worden.
Die Veranstalter der Festivals in Nordrhein-Westfalen sind noch vorsichtig – sowohl was Zusagen aber auch Absagen betrifft. Das „Parookaville“-Festival soll nach derzeitigem Stand am dritten Juli-Wochenende auf dem Airport-Gelände in Weeze stattfinden. „Das Team hat in den letzten Monaten weitestgehend alles vorbereitet, damit wir durchstarten können, aber die aktuellen Entwicklungen der Corona-Pandemie lassen kaum sichere Prognosen für oder gegen einen Festival-Sommer 2021 zu. Wir sind bereit“, heißt es von den Veranstaltern auf Anfrage unserer Redaktion. Fans können online Tickets kaufen. Sollte das Musikspektakel nicht stattfinden, können die Eintrittskarten entweder ohne Preiserhöhung gegen Karten für das „Parookaville“im kommenden Jahr eingetauscht oder komplett erstattet werden.
Einen Termin hat auch das wesentlich kleinere, aber bei seinen Fans genauso beliebte „Haldern Pop“-Festival am Niederrhein bekannt gegeben. Irgendetwas werde laut Festivalleiter Stefan Reichmann in der Zeit vom 12. bis 14. August für die Fans stattfinden, „aber was genau, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.“Mehrere Künstler haben ihre Teilnahme bereits zugesagt, aber ob sie am Ende wirklich auf einer Bühne vor Publikum oder wie im vergangenen Jahr in einem Online-Livestream zu sehen und hören sein werden, ist offen.
Tickets verkauft das „Haldern Pop“jedenfalls noch nicht. Einerseits, um sich im Falle einer Absage die aufwendige Abwicklung der Rückerstattungen und Umbuchungen zu ersparen, andererseits aber auch, um keine falschen Hoffnungen zu schüren. Ähnliche Gedanken haben sich wohl auch die Organisatoren vom „Eselrock“- sowie „Eier mit Speck“-Festival in NRW gedacht: Beide haben bislang für 2021 keine Termine bekanntgegeben.
Ein Blick über die Grenze nach Limburg zeigt, dass die Festivals im Nachbarland ebenso in der Luft hängen: Das „Pinkpop“in den Niederlanden, eines der ältesten Musikfestivals Europas, soll eigentlich am dritten Juni-Wochenende stattfinden. Bis Ende März wollen die Veranstalter eine Entscheidung treffen, ob das Festival tatsächlich live durchgeführt werden kann. Ausschlaggebend dafür wird sein, ob und in welcher Höhe man an dem 300 Millionen Euro schweren Ausfallfonds beteiligt werde. Um den Organisatoren von Kulturveranstaltungen Planungssicherheit zu geben, hat die niederländische Regierung allen Events, die in der zweiten Jahreshälfte von 2021 liegen, eine Ausfall-Kompensation versprochen, falls diese doch pandemiebedingt abgesagt werden müssen. Details hat die Kulturministerin dort für die kommende Woche versprochen.
Damit ist die niederländische Kulturpolitik
der deutschen ein Stück voraus. Anfang Dezember hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) einen ähnlichen Ausfallfonds für deutsche Festivals in Aussicht gestellt. Ein konkretes Konzept dafür liegt aber laut mehreren Festivalveranstaltern
bislang noch nicht vor. Jetzt hat Eventim als erster großer Organisator Tatsachen geschaffen. Wenn nicht bald der versprochene Rettungsschirm umgesetzt wird, ist es wahrscheinlich, dass viele andere ihm folgen werden.