Rheinische Post Krefeld Kempen
Betrugsverdacht stoppt Corona-Hilfen
Auszahlung der Staatsgelder soll in wenigen Tagen wieder aufgenommen werden.
BERLIN Die Bundesregierung will die vorläufig ausgesetzten Corona-Hilfen für Unternehmen „in den nächsten Tagen“wieder aufnehmen. Das erklärte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Mittwoch in Berlin. Wegen Betrugsverdachts in mehreren Fällen hatte das Ministerium Abschlagszahlungen — das sind Vorschüsse auf die insgesamt beantragten Gelder — zu den Novemberund Dezember-Hilfen sowie zur Überbrückungshilfe III Ende vergangener Woche gestoppt. Andere Hilfen, etwa die endgültigen Auszahlungen durch die Länder oder die Neustarthilfe für Selbstständige, liefen regulär weiter.
Nach Informationen des Online-Magazins „Business Insider“sollen sich Unbekannte mit falschen Identitäten beim Bundeswirtschaftsministerium als sogenannte „prüfende Dritte“registriert und dann für echte Unternehmen Hilfen beantragt haben. Das Geld sei jedoch nicht dorthin geflossen, sondern auf die Konten der Betrüger. Die Antragsteller sollen sich als Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte ausgegeben haben. Zur Höhe des Schadens wollte das Wirtschaftsministerium nichts sagen. 46.000 Antragsteller seien registriert und dabei auch überprüft worden. Die zuständigen Stellen hätten bereits Ermittlungen aufgenommen, so das Ministerium.
Das „Handelsblatt“berichtete unter Berufung auf Regierungskreise, dass es um einen Schaden in Höhe von weniger als 15 Millionen Euro gehe. Gegen drei Tatverdächtige werde ermittelt, von denen sich einer fälschlicherweise als Anwalt ausgegeben haben soll. Einer sei von Berlin aus tätig geworden, ein anderer aus Süddeutschland.
Der Sprecher des Wirtschaftsministeriums bezeichnete es als „sehr schade und sehr bedauerlich“, dass durch einige wenige versucht worden sei, „die Not unserer Unternehmen auszunutzen“. Dabei sei scheinbar mit „erheblicher krimineller Energie“vorgegangen worden. Ziel sei nun, die Abschlagszahlungen so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Die Teilauszahlungen waren im Herbst eingeführt worden — als Reaktion auf wachsende Kritik an der schleppenden Auszahlung der Hilfen. Die Bundesregierung hatte im vergangenen
Jahr zugleich vorgeschrieben, dass lediglich „prüfende Dritte“die Anträge stellen können. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Anträge „zügig beschieden und die Hilfen schnell ausgezahlt werden“. Hintergrund war aber auch, dass auf diese Weise Manipulationen eigentlich ausgeschlossen werden sollten, da es bei den Soforthilfen im Frühjahr 2020 zahlreiche Missbrauchsfälle gegeben hatte. Nach Ministeriumsangaben wurden für die November- und Dezemberhilfen inzwischen 96 Prozent der Abschläge geleistet. Der Großteil sei von dem Stopp also nicht betroffen.
Bei der Opposition stieß der Auszahlungsstopp auf scharfe Kritik. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warnte vor der Gefahr weiterer Insolvenzen und „noch mehr Arbeitslosen“. Die Mittelstandsbeauftragte der Grünen-Fraktion, Claudia Müller, beklagte, dass im Wirtschaftsausschuss des Bundestags noch erklärt worden sei, dass Abschlagszahlungen nur an Kontonummern gehen könnten, die den Finanzämtern bekannt seien. Auch Mittelstandsverbände forderten die sofortige Wiederaufnahme der Zahlungen. (mit dpa und rtr)