Rheinische Post Krefeld Kempen
Der Konzern Stadt – ein Firmengeflecht
Der Konzern Stadt ist ein Firmengeflecht mit tausenden Beschäftigten und Milliardenumsätzen. Dass sich die aus der Kernverwaltung ausgegliederten Unternehmungen auf Dauer rechnen, ist nicht sicher. Markus Berkenkopf vom Bund der Steuerzahler gibt eine Einschätzung.
Das Firmengeflecht der Stadt Krefeld ist auf Anhieb nicht zu durchschauen. Die Stadt unterhält eine kaum zu überblickende Zahl von Beteiligungen an Unternehmen unterschiedlichster Rechtsformen. Die Umsätze der Firmen und Gesellschaften sowie Anstalten des öffentlichen Rechts übersteigen den Umsatz der Krefelder Stadtverwaltung um ein Vielfaches. Markus Berkenkopf, Referent für Haushalts- und Finanzpolitik beim Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen, empfiehlt, bei jeder einzelnen Beteiligung genau hinzusehen. Nicht immer seien die Konstrukte im Interesse der Bürger. Bisweilen gehen die städtischen Unternehmen privatwirtschaftliche Risiken ein, für die im Zweifel der Steuerzahler gerade stehen müsse.
Im Moment ist die Gesamtperspektive für die Stadt Krefeld noch positiv. „Aus dem Ergebnis und der Ergebnisentwicklung ist ersichtlich, dass die Stadt Krefeld aktuell weiterhin in der Lage ist, aus den Ausschüttungen einzelner Beteiligungen die Zuschüsse an andere Beteiligungen zu finanzieren und zusätzlich noch einen positiven Beitrag für den städtischen Haushalt zu erhalten“, heißt es im aktuellen Beteiligungsbericht. Doch die Kommune selbst formuliert kritisch: „Es ist jedoch für eine zukünftige Entwicklung der städtischen Beteiligungen zu beachten, dass, sollten die Ausschüttungen der Beteiligungen und damit die Erträge aus Beteiligungen im städtischen Haushalt weiter zurückgehen und zeitgleich die Zuschüsse an andere Beteiligungen erhöht werden müssen oder mindestens gleich bleiben, mittelfristig ein Ausgleich aus dem städtischen Haushalt erfolgen müsste. Die Beteiligungen wären dann nicht mehr haushaltsneutral.“Das heißt im Klartext, die Stadt muss ihre Unternehmungen aus dem Kernhaushalt finanziell unterstützen. Dann sollte erst recht jede Form der Ausgliederung auf ihre Notwendigkeit hin überprüft werden, sagte Berkenkopf.
Die Perle im Konzern Stadt sind die Stadtwerke Krefeld (SWK) – zumindest unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet. Die Ausgliederung städtischer Energieversorgung
sei sinnvoll und weit verbreitet, betonte Berkenkopf. Allerdings favorisiere der Bund der Steuerzahler eher Rechtsformen wie Eigenbetriebe und Anstalten des öffentlichen Rechts statt Aktiengesellschaft und Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die SWK und ihre Töchter wie die Entsorgungsgesellschaft Niederrhein (EGN) und die lekker GmbH sind auf vielen Feldern privatwirtschaftlich unterwegs.
Dass die Kalkulationen nicht immer aufgehen, zeigt ein Beispiel aus 2015: Der Ausstieg der Stadtwerke Krefeld aus der Beteiligung am Steinkohlekraftwerk Gekko in Hamm hat den zu 100 Prozent städtischen Konzern nach eigenen Angaben „insgesamt circa 30 Millionen Euro nach Steuern“gekostet. Diesen Betrag nannten die SWK-Vorstände Carsten Liedtke und Kerstin Abraham im nicht-öffentlichen Teil einer Ratssitzung im selben Jahr. Jede Betätigung der Stadt mit ihren Töchtern sollte von allen Seiten abgeklopft sein, betonte Berkenkopf.
Wichtig sei, dass die Stadt die Möglichkeit der Kontrolle und der Steuerung behalte. Ein funktionierendes Berichtswesen sei die Basis dafür, Transparenz das Zauberwort. Damit ist es allerdings oft nicht weit her. Die Verwaltungsräte oder Aufsichtsräte tagen hinter verschlossenen Türen und seien per Gesetz der
Verschwiegenheit verpflichtet. „Mitunter geraten sie in einen Interessenkonflikt in ihrer Rolle als Ratsvertreter und Aufsichtsratsmitglied“, sagte der BdSt-Experte.
Die Honorierung der Vorstände und Geschäftsführer sei ein anderes Thema. Generell gelte, keine Versorgungsposten für verdiente Parteikollegen zu schaffen, aber auch keine Honorierung und keine Altersversorgung zuzulassen, die aus dem Rahmen fallen, sagte Berkenkopf.
Gemeinden ist es grundsätzlich gestattet, sich durch Gründung oder Erwerb in privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Rechtsform wirtschaftlich zu betätigen. Als wirtschaftliche Betätigung gilt der Betrieb von Unternehmen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern und Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistungen ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden können. Voraussetzungen sind, dass ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert, die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht.
Oft heißt es, dass die Gesellschaften schneller, preiswerter und flexibler handeln können, als eine Stadtverwaltung. Das könne der Bund der Steuerzahler so nicht bestätigen, sagte Berkenkopf. Eine Kommune dürfe ihre Haushaltsvorschriften auch bei einer Tochtergesellschaft nicht umgehen. Das heiße, auch die Gesellschaft müsse sich zum Beispiel an Ausschreibungsverpflichtungen halten. Das Personal werde oft ebenfalls nach Tarif oder sogar darüber bezahlt. Bisweilen sei das Personal auch nur aus der Stadtverwaltung abgestellt. In Krefeld trifft dies derzeit noch für die Beschäftigten des Kommunalbetriebs (KBK) zu.
Steuerliche Vorteile hingen ließen sich oft gut darstellen, erklärte Berkenkopf. Bei einem so genannten steuerlichen Querverbund ließen sich etwa die Verluste einer Bädergesellschaft mit den Gewinnen eines Energieversorgers steuersenkend verrechnen. Anderseits existierten auch steuerliche Risiken, so
der Experte. Für den Kommualbetrieb beispielsweise ist noch nicht abschließend geklärt, in welchem Umfang oder ob er überhaupt für bestimmte Tätigkeiten und Leistungen umsatzsteuerpflichtig ist. Sollte der KBK tatsächlich für diverse Leistungen umsatzsteuerpflichtig werden, dann drohten Mehrkosten in Höhe von 50,8 Millionen Euro für die Stadt Krefeld als Gewährsträger der KBK, berichtete Döpcke vor zwei Jahren. Die Entscheidung des Finanzamtes darüber soll in diesem Jahr fallen. Andere städtische Töchter sind von vornherein nicht auf Gewinnerzielung angelegt. In der Rechtsform gemeinnützige Gesellschaften ersparen sich etwa Theater und Zoo die Zahlung von Umsatzsteuern.
Nicht immer geht die Arbeitsteilung zwischen Kernverwaltung und städtischen Unternehmen glatt: Hoheitliche Aufgaben dürfen nicht von Privaten erledigt werden. Jahrelang waren die Abwassergebühren in Krefeld formell rechtswidrig, weil die Stadtwerke die Aufgaben vertraglich von der Stadt übertragen bekommen und die Bescheide erlassen hatten.