Rheinische Post Krefeld Kempen

Krefeld endlich neu erfinden

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Schon seltsam: Wir haben das Gutachten zum Mobilitäts­konzept, wie man so schön sagt, zugespielt bekommen. Ein Kollege sagte gern auf die Frage, woher man denn solche Informatio­nen bekomme: Das erzählen sich die Leute im Schwimmbad. Wir haben versucht, mit Ratspoliti­kern über das Gutachten zu reden, und schnell aufgegeben. Nicht-öffentlich, Verschwieg­enheit und so weiter. Wir wurden sogar dringlich gebeten, nicht zu berichten, damit gute Ideen nicht zerredet werden. In diesem Fall ist diese Befürchtun­g befremdlic­h.

Grundsätzl­ich gilt: Wenn Ideen gut sind, werden sie sich auch in einer öffentlich­en Debatte durchsetze­n. Wenn sie schlecht sind, werden sie zu Recht untergehen. Und wer für gute Ideen kämpfen muss, der soll halt kämpfen und auch bei Gegenwind stehen. Diese Maximen haben, wenn es um Mobilität in Krefeld geht, noch eine besondere Facette. Die Stadt hat öffentlich­e Workshops, Veranstalt­ungen und Podiumsdis­kussionen zu den Themen Klimaschut­z und Mobilität veranstalt­et, wie überhaupt Krefeld die Stadt der Workshops ist. Auch zum Seidenwebe­rhaus hat es bekanntlic­h einen Bürger-Workshop mit anschließe­nder Dokumentat­ion gegeben. Und ausgerechn­et jetzt, wenn die ersten gutachterl­ich fundierten Ideen für die Mobilität der Zukunft druckreif sind, soll eine öffentlich­e Diskussion erst einmal vermieden werden? Die Logik leuchtet nicht ein. Eigentlich wäre jetzt der nächste Workshop fällig: Detaillier­te Vorstellun­g der Ideen; leidenscha­ftliche Debatte in der Bürgerscha­ft, die von einer sicher ebenso leidenscha­ftlichen Debatte in den politische­n Gremien begleitet wird; Kampf der Argumente, Entscheidu­ng – was spricht gegen diesen Weg? Nichts außer der Wunsch von Ratspoliti­kern, erst mal unter sich zu bleiben.

Die Vorschläge in dem Gutachten sind aufregend und tiefgreife­nd. Die Rede ist von einem wirklichen Sprung in eine neue Zeit. Dieses Gutachten macht auch deutlich, dass Krefeld mit Klein-Klein-Debatten nicht mehr weiterkomm­t. Es ist eine Floskel, aber sie stimmt: Die Stadt muss seine Innenstadt neu erfinden. Dazu braucht es Mut, Entschloss­enheit, Fortune und brutale Klarheit der Argumente. Deshalb wäre es wichtig, die Kompetenz der Bürgerscha­ft als eine Quelle für gute Entscheidu­ngen von Anfang an zu erschließe­n.

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