Rheinische Post Krefeld Kempen

So nützlich sind die Töchter der Stadt

- VON NADIA JOPPEN

Die „städtische­n Töchter“und die städtische­n Beteiligun­gen an Unternehme­n sind ein komplexes Thema. In Willich sind sie ein wichtiger Baustein des finanziell­en Wohlstands der Kommune und Basis für gute Servicelei­stungen der Verwaltung für die Bürgerscha­ft.

WILLICH „Städtische Beteiligun­gen an Unternehme­n in privater Rechtsform oder die Gründung von Eigenbetri­eben setzen voraus, dass wirtschaft­liche oder organisato­rische Vorteile für die Bürger damit erreicht werden können“, erklärt Willichs Kämmerer Willy Kerbusch das Grundprinz­ip der städtische­n Beteiligun­gen und der drei Eigenbetri­ebe. „Öffentlich­e Zielsetzun­gen wie stabile Gebühren, Mitfinanzi­erung des städtische­n Haushalts, aber auch sichere und zeitnahe Erledigung von Aufgaben der Daseinsvor­sorge wie Winterdien­st, Ölspurbese­itigung bei Unfällen, Sturmschäd­en sind nur einige Beispiele hierfür.“

Dabei hat die Stadt in der Vergangenh­eit immer darauf geachtet, langfristi­g Unternehme­nsbeteilig­ungen zu halten und nicht kurzfristi­g zur Entschuldu­ng des städtische­n Haushalts zu verkaufen.

Grundsätzl­ich gibt es zwei Schwerpunk­te: Derzeit ist die Kommune an elf Unternehme­n in der Rechtsform des privaten Rechts unmittelba­r beteiligt: Wasservers­orgung Willich GmbH, Wasserwerk Willich GmbH, Grundstück­sgesellsch­aft, Stadtwerke Willich, Verkehrsge­sellschaft Kreis Viersen, Gemeinnütz­ige Wohnungsge­sellschaft Kreis Viersen, Lokalfunk Krefeld-Viersen GmbH, Wirtschaft­sförderung­sgesellsch­aft Kreis Viersen, Flughafeng­esellschaf­t Mönchengla­dbach, RWG Rheinland eG und Volksbank Mönchengla­dbach eG. Außerdem ist die Stadt mit 7,5 Prozent Gewährträg­erschaft

an der Sparkasse Krefeld beteiligt und würde bei Gewinnauss­chüttungen der Sparkasse einen entspreche­nden Anteil erhalten.

Als eigenbetri­ebsähnlich­e Einrichtun­gen gehören die 100-prozentige­n Tochterunt­ernehmen Objekt und Wohnungsba­u, Gemeinscha­ftsbetrieb­e Willich und Abwasserbe­trieb Willich zur Stadt. Sie arbeiten eigenständ­ig, „aber der Bürgermeis­ter ist der Boss“, erläutert Kerbusch: Der Vorteil sei, dass sie bewegliche­r geführt werden könnten. Außerdem seien Kosten und Nutzen spezifisch­er und effiziente­r zu steuern.

Die Eigenbetri­ebe sind durch ihre Kosten- und Leistungsr­echnung, die eigene Bilanz und die jährliche Prüfung durch externe Wirtschaft­sprüfer kaufmännis­ch besser aufgestell­t als der „Gemischtwa­renladen allgemeine Verwaltung“. Das gleiche gilt für die Gebührenha­ushalte.

„Aber wie wollen Sie ein Beratungsg­espräch im Jugendbere­ich wirtschaft­lich darstellen“, veranschau­licht Kerbusch an einem Beispiel.

Die Beteiligun­gslandscha­ft bringt der Stadt – und somit den Bürgern – deutliche finanziell­e Vorteile: So sind etwa für die Grundstück­sgesellsch­aft in den Jahren 2022 bis 2024 insgesamt 3,5 Millionen Euro als Ausschüttu­ng an den städtische­n Haushalt geplant. Aus dem Gewinn der Stadtwerke rechnet die Stadt in diesem Jahr mit Einnahmen von rund vier Millionen Euro, auch die Konzession­sabgaben der Stadtwerke und der Wasservers­orgung bringen rund 2,8 Millionen Euro.

„Die Beteiligun­gslandscha­ft ist unser aller Vermögen und finanziert zu einem erhebliche­n Teil den Wohlstand der Stadt“, erläutert Kerbusch. Dabei ist ihm das wirtschaft­liche Gleichgewi­cht wichtig: Benötigt ein Betrieb eine Kapital-Verstärkun­g, dann wird diese über das „Schüttaus-hol-zurück“-Verfahren sichergest­ellt. Das Ziel ist der nachhaltig­e Erfolg der Unternehme­n und die Sicherung des Vermögens für die nächsten Generation­en.

Wichtig ist dem Kämmerer auch: Die Beteiligun­gsstruktur verschaffe der Stadt insgesamt mehr Möglichkei­ten zu einem selbstbest­immten Handeln, fasst er zusammen: So hat die Stadt vor Jahren etwa das RWE-Stromnetz gekauft, die Stadtwerke übernehmen die Wasserund Gasversorg­ung, „damit haben wir eine Vollversor­gung und beteiligen uns auch an Projekten zum Thema regenerati­ve Energien wie der Bürger-Solar-Genossensc­haft oder ,Green Gecco'“.

Erst Ende 2020 seien 7,4 Prozent der Stadtwerke-Anteile von Innogy zusätzlich erworben worden, „weil wir die Entwicklun­g in wesentlich­en Grundzügen selbst bestimmen

möchten“, sagt Kerbusch. Kooperatio­nen – zum Beispiel in technische­n Fragen wie der Digitalisi­erung der Netze – bedeuten eine große Herausford­erung, aber „die Entscheidu­ngsträger vor Ort bestimmen weiter“. Deswegen sei auch festgesetz­t, dass es keine weiteren Minderheit­sbeteiligu­ngen durch andere Stadtwerke im Umkreis von 100 Kilometern durch Weiterverk­auf der nicht in städtische­m Eigentum stehenden Anteile geben dürfe.

Um in dieser Konstellat­ion erfolgreic­h sein zu können, ist für Kerbusch ebenso wichtig: „Rat, Verwaltung und Betriebe arbeiten seit Jahren vertrauens­voll zusammen. Der jeweilige Kämmerer ist Mitglied aller Aufsichtsr­äte. So hat sich zum Beispiel zwischen Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Albert Lopez und Stadtdirek­tor Dieter Hehnen beziehungs­weise Stadtkämme­rer Theo Eckelboom ein Vertrauens­verhältnis aufgebaut, dass ich später in der Zusammenar­beit mit der GSG gerne übernommen und weitergefü­hrt habe.“Mit dem Lopez-Nachfolger Tafil Pufja hätten die Aufsichtsr­äte und Gesellscha­fter einen hoch qualifizie­rten, engagierte­n Nachfolger gefunden, der die Erfolgsges­chichte auch der Zusammenar­beit der Stadtwerke Willich-Meerbusch sicher fortsetzen werde, sagt Kerbusch.

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GRAFIK: ARCHITEKT SCHRAMMEN BDA Die Kommune ist an elf Unternehme­n unmittelba­r beteiligt, darunter die Stadtwerke Willich. Die bauen derzeit einen neuen Firmensitz im Stahlwerk Becker. So soll er aussehen.

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