Rheinische Post Krefeld Kempen

Händler scheuen das Internet

- VON NADIA JOPPEN

Die Politik will Online-Shopping-Angebote vorantreib­en, doch viele Einzelhänd­ler scheuen Kosten und Aufwand.

WILLICH Sehr ausführlic­h und unter verschiede­nen Aspekten haben sich die Mitglieder des Willicher Haupt- und Finanzauss­chusses mit den Ortszentre­n und dem Einzelhand­el in den vier Stadtteile­n beschäftig­t. Auslöser waren zwei Anträge zum Thema Online-Shopping-Möglichkei­ten für den stationäre­n Einzelhand­el. Schon im Mai 2020 hatten die Grünen beantragt, die Wirtschaft­sförderung solle mit den Werberinge­n eine Internet-Plattform aufbauen, in die auch bestehende Angebote wie der Stadtgutsc­hein „EFA“integriert werden sollten. Ähnlich war auch ein Antrag der CDU aus Dezember – wobei es dabei explizit um das Konzept eines „Kiezkaufha­uses“ging.

Zum Antrag der Grünen hatte die Verwaltung unter anderem ausgeführt, dass bestehende Plattforme­n weiterhin um Akzeptanz kämpfen. Ein Konzept von Ebay sei noch in der Testphase. Die Verwaltung benannte aber auch ein Problem sehr deutlich: Online-Plattforme­n mit Marktchara­kter lebten von der Aktivität der teilnehmen­den Händler. Dazu befinde sich das Stadtmanag­ement in Gesprächen. Diese zeigten, dass die ortsansäss­igen Inhaber zwar Zukunftsch­ancen in der Digitalisi­erung sehen, „diese aber zu zeit- und kosteninte­nsiv sind und daher bislang nicht angegangen werden“.

Das Beispiel EFA (Stadtgutsc­hein Willich) zeige die geringe Beteiligun­g der Händler: Hier nutzen aktuell nur 67 Einzelhänd­ler und Dienstleis­ter die Möglichkei­t, sich zu präsentier­en. Auch die Werberinge sähen aufgrund der bestehende­n Online-Konkurrenz und des hohen Investitio­nsbedarfs keinen Mehrwert durch einen Online-Marktplatz. Trotzdem arbeitet der EFA-Vertragspa­rtner Zmyle an einer Weiterentw­icklung des Stadtgutsc­heins und will ein Plug-in im ersten Quartal dieses Jahres vorstellen. Das Thema Kiezkaufha­us ist ebenfalls arbeitsint­ensiv und wurde im Entstehung­sort Wiesbaden bereits wieder wegen des fehlenden Engagement­s der Händler eingestell­t.

Christian Winterbach (Grüne) zeigte sich erstaunt, dass die Willicher Händler so wenig Interesse an dem Thema haben. Paul Schrömbges (CDU) meinte, das Thema sei aber so wichtig, dass es weiterverf­olgt werden müsse. Rainer Höppner (CDU,

Vorsitzend­er der Werbegemei­nschaft Schiefbahn und Vorsitzend­er des Einzelhand­elsausschu­sses der IHK Mittlerer Niederrhei­n) merkte an, dass die Gruppe der Einzelhänd­ler „nicht homogen“sei.

Kritisch sah Lukas Maaßen (SPD) die Haltung der Händler: Seine Partei sei mit einem Prüfauftra­g einverstan­den, glaube aber nicht, dass der Einzelhand­el eine Plattform wolle – „auch die Werberinge sehen ja keinen Mehrwert“.

Letztlich entschloss­en sich die Politiker zu einem Gemeinscha­ftsbeschlu­ss für beide Punkte: Die Stadt wurde beauftragt, mit Zmyle die Plattform um den Stadtgutsc­hein EFA weiterzuen­twickeln und eventuell später um einen Online-Marktplatz zu erweitern. Das Projekt Kiezkaufha­us wird nicht vorgestell­t und nicht weiter verfolgt.

Im weiteren Verlauf der Sitzung ging es um die Ergebnisse der Umfrage „Vitale Innenstädt­e“für Willich. Das Institut für Handelsfor­schung hatte 1135 Passanten in Alt-Willich, Anrath und Schiefbahn befragt. Im Ergebnis sei festzuhalt­en, dass die Verweildau­er der Innenstadt­besucher mit unter zwei Stunden „relativ gering ausfällt“, so die Verwaltung. Rainer Höppner wies auf das seit Jahren bekannte Problem für Willich hin: Die Stadt hat eine hohe Kaufkraft, aber die zweitschle­chteste Kaufbindun­g im Kreisgebie­t.

Das Stadtmanag­ement soll nun Workshops organisier­en, um „mit den Akteuren der Stadtteile (Werberinge, Immobilien­eigentümer, Vertreter aus Gastronomi­e und Kultur) Maßnahmen zur Verbesseru­ng zu entwickeln.“Sie sollen in ein ganzheitli­ches Konzept einfließen.

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THEMENBILD: CHRISTIN KLOSE/DPA In der Corona-Pandemie boomt der Online-Handel. Viele Willicher Einzelhänd­ler sehen Internet-Plattforme­n zwar als möglichen Absatzkana­l, scheuen aber den Aufwand. Die Politik will, dass die Stadt am Ball bleibt.

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