Rheinische Post Krefeld Kempen
Händler scheuen das Internet
Die Politik will Online-Shopping-Angebote vorantreiben, doch viele Einzelhändler scheuen Kosten und Aufwand.
WILLICH Sehr ausführlich und unter verschiedenen Aspekten haben sich die Mitglieder des Willicher Haupt- und Finanzausschusses mit den Ortszentren und dem Einzelhandel in den vier Stadtteilen beschäftigt. Auslöser waren zwei Anträge zum Thema Online-Shopping-Möglichkeiten für den stationären Einzelhandel. Schon im Mai 2020 hatten die Grünen beantragt, die Wirtschaftsförderung solle mit den Werberingen eine Internet-Plattform aufbauen, in die auch bestehende Angebote wie der Stadtgutschein „EFA“integriert werden sollten. Ähnlich war auch ein Antrag der CDU aus Dezember – wobei es dabei explizit um das Konzept eines „Kiezkaufhauses“ging.
Zum Antrag der Grünen hatte die Verwaltung unter anderem ausgeführt, dass bestehende Plattformen weiterhin um Akzeptanz kämpfen. Ein Konzept von Ebay sei noch in der Testphase. Die Verwaltung benannte aber auch ein Problem sehr deutlich: Online-Plattformen mit Marktcharakter lebten von der Aktivität der teilnehmenden Händler. Dazu befinde sich das Stadtmanagement in Gesprächen. Diese zeigten, dass die ortsansässigen Inhaber zwar Zukunftschancen in der Digitalisierung sehen, „diese aber zu zeit- und kostenintensiv sind und daher bislang nicht angegangen werden“.
Das Beispiel EFA (Stadtgutschein Willich) zeige die geringe Beteiligung der Händler: Hier nutzen aktuell nur 67 Einzelhändler und Dienstleister die Möglichkeit, sich zu präsentieren. Auch die Werberinge sähen aufgrund der bestehenden Online-Konkurrenz und des hohen Investitionsbedarfs keinen Mehrwert durch einen Online-Marktplatz. Trotzdem arbeitet der EFA-Vertragspartner Zmyle an einer Weiterentwicklung des Stadtgutscheins und will ein Plug-in im ersten Quartal dieses Jahres vorstellen. Das Thema Kiezkaufhaus ist ebenfalls arbeitsintensiv und wurde im Entstehungsort Wiesbaden bereits wieder wegen des fehlenden Engagements der Händler eingestellt.
Christian Winterbach (Grüne) zeigte sich erstaunt, dass die Willicher Händler so wenig Interesse an dem Thema haben. Paul Schrömbges (CDU) meinte, das Thema sei aber so wichtig, dass es weiterverfolgt werden müsse. Rainer Höppner (CDU,
Vorsitzender der Werbegemeinschaft Schiefbahn und Vorsitzender des Einzelhandelsausschusses der IHK Mittlerer Niederrhein) merkte an, dass die Gruppe der Einzelhändler „nicht homogen“sei.
Kritisch sah Lukas Maaßen (SPD) die Haltung der Händler: Seine Partei sei mit einem Prüfauftrag einverstanden, glaube aber nicht, dass der Einzelhandel eine Plattform wolle – „auch die Werberinge sehen ja keinen Mehrwert“.
Letztlich entschlossen sich die Politiker zu einem Gemeinschaftsbeschluss für beide Punkte: Die Stadt wurde beauftragt, mit Zmyle die Plattform um den Stadtgutschein EFA weiterzuentwickeln und eventuell später um einen Online-Marktplatz zu erweitern. Das Projekt Kiezkaufhaus wird nicht vorgestellt und nicht weiter verfolgt.
Im weiteren Verlauf der Sitzung ging es um die Ergebnisse der Umfrage „Vitale Innenstädte“für Willich. Das Institut für Handelsforschung hatte 1135 Passanten in Alt-Willich, Anrath und Schiefbahn befragt. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die Verweildauer der Innenstadtbesucher mit unter zwei Stunden „relativ gering ausfällt“, so die Verwaltung. Rainer Höppner wies auf das seit Jahren bekannte Problem für Willich hin: Die Stadt hat eine hohe Kaufkraft, aber die zweitschlechteste Kaufbindung im Kreisgebiet.
Das Stadtmanagement soll nun Workshops organisieren, um „mit den Akteuren der Stadtteile (Werberinge, Immobilieneigentümer, Vertreter aus Gastronomie und Kultur) Maßnahmen zur Verbesserung zu entwickeln.“Sie sollen in ein ganzheitliches Konzept einfließen.