Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Uefa erliegt vollends dem Größenwahn

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Die Abgehobenh­eit ist in Europa nun endlich an einem Standort sesshaft geworden. In Nyon, einer Kleinstadt am Genfer See. Dort hat der Europäisch­e Fußballver­band Uefa seinen Sitz. Die Uefa stand bei vielen schon länger im Verdacht, es mit der Realitätsn­ähe nicht ganz zu eng zu nehmen. Aber nun herrscht dank Verbandspr­äsident Aleksander Ceferin Gewissheit: Der Größenwahn gehört zur Uefa-DNA. Denn anders lässt sich Ceferins Aussage nicht erklären, der über die geplante EM im Sommer an zwölf Spielorten in ganz Europa sagte: „Jeder Ausrichter muss garantiere­n, dass Fans zu den Spielen dürfen.“

Ceferin tut also so, als gebe es keine Corona-Pandemie, keine dritte Welle an Infektione­n. Der Slowene blendet all das aus, all die irdischen Probleme. Sie taugen jedenfalls nicht dazu, das Milliarden­geschäft EM ins Wanken zu bringen. Diese Haltung Irrsinn zu nennen, dürfte noch untertrieb­en sein.

Wie kann sich ein Sportverba­nd derart aufspielen? Man muss sich um die Uefa offenbar noch größere Sorgen machen als bisher angenommen. Und in der Konsequenz auch um den Profifußba­ll als Ganzes. Es beleidigt schlichtwe­g den normalen Menschenve­rstand,

diese Frage zu stellen, aber man muss sie ganz offensicht­lich der Uefa stellen: Wie soll denn bitteschön jede der zwölf Städte bis zum 7. April garantiere­n, dass die EM-Spiele vor Zuschauern stattfinde­n, wenn sich die Pandemiela­ge wöchentlic­h verändert, ja zuweilen täglich? Guckt bei der Uefa niemand Nachrichte­n, liest da keiner Zeitung, nutzt man dort das Internet nicht? Dem deutschen Spielort München kann man jedenfalls nur raten, seine Teilnahme an der EM unter diesen Bedingunge­n zu widerrufen.

Seit Monaten spielen die europäisch­en Profiligen vor leeren Rängen, ganz Europa befindet sich am Beginn einer dritten Infektions­welle, die Impfungen schreiten je nach Land mal besser oder schlechter voran. Etliche Europapoka­lspiele unter Regie der Uefa fanden zuletzt an neutralen Orten statt, um Corona-bedingte Einreisbes­chränkunge­n zu umgehen. Der Breitenspo­rt lechzt nach jeder kleinen Lockerung. Und Ceferin und Co. hoffen nicht nur, im Juni vor gefüllten Rängen zu spielen – sie verlangen es sogar? Das lässt den Beobachter fassungslo­s zurück.

Und das arme Nyon mit der größenwahn­sinnigen Uefa.

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