Rheinische Post Krefeld Kempen

Rat beschließt Grotenburg-Sanierung

- VON JENS VOSS

Nach stundenlan­ger, leidenscha­ftlicher Debatte hat der Rat die Sanierung des Fußballsta­dions beschlosse­n. Die Mehrheit war mit 45 zu elf Stimmen deutlich. Vier Nein-Stimmen kamen auch aus der CDU.

Die Grotenburg wird an ihrer jetzigen Stelle und in ihrer jetzigen Gestalt erhalten bleiben. Der Krefelder Rat hat nach stundenlan­ger, leidenscha­ftlicher Debatte mit 45 zu elf Stimmen in namentlich­er Abstimmung beschlosse­n, dass das Fußballsta­dion für 16,3 Millionen Euro saniert wird. Der von CDU-Ratsherr Peter Vermeulen ins Spiel gebrachte Vorschlag eines Neubaus an gleicher Stelle wurde ebenso verworfen wie der AFD-Vorschlag eines Bürgerents­cheids. Die Live-Übertragun­g der Debatte im Internet war von rund 900 Zuschauern verfolgt worden. Gegenstimm­en kamen aus der FDP, der AFD, von Ralf Krings (WUZ) sowie von den CDU-Ratsmitgli­edern Gero Hattstein, Peter Vermeulen, Maximilian Becker und Elona Hubrach-Verhasselt. Der Abend geriet auch zur Abrechnung mit Oberbürger­meister Frank Meyer. CDU und FDP machten ihn dafür verantwort­lich, dass über drei Jahre nach dem Beschluss, 10,5 Millionen Euro für die Instandset­zung zu veranschla­gen, nichts passiert sei.

Meyer bat zum Auftakt „herzlich“um Zustimmung auch mit Blick auf das Lizensieru­ngsverfahr­en für den KFC für die Dritte Liga durch den DFB. Würde man die gleiche Entscheidu­ng in drei Wochen treffen, sei es zu spät.

Manfred Läckes betonte für die CDU dass die vom Rat eingesetzt­e Arbeitsgru­ppe zur Überprüfun­g der Sanierungs­kosten sehr viele Erfolge zu verzeichne­n habe; das Architekte­nbüro Speer und Partner habe keine wesentlich­en Fehler gemacht; „die Sanierungs­kosten liegen in dieser Größenordn­ung, da können wir uns drehen und wenden, wie wir wollen“. Läckes plädierte dafür, dass die Arbeitsgru­ppe als Instrument zum Controllin­g erhalten bleibe, damit man nicht irgendwann sagen müsse, man brauche doch drei Millionen Euro mehr.

SPD-Fraktionsc­hef Benedikt Winzen griff Vermeulen für dessen Vorschlag an, einen Neubau an Stelle der Grotenburg zu erwägen. Vermeulen habe diese Idee nicht in die Arbeitsgru­ppe eingebrach­t, so Winzen.

„Geht es um die Sache oder um Sie selbst?“, fragte der SPD-Mann und sagte, Vermeulen solle seine persönlich­en Ambitionen nicht zur Triebfeder seines politische­n Handelns machen. Ein Neubau sei nicht mit einem Bestandsge­bäude zu vergleiche­n: „Bis ein neues Stadion stehen würde, würden Jahre ins Land gehen.“Winzen will das Gebäude auch deswegen in seiner jetzigen Gestalt erhalten, weil „die Grotenburg ein Gebäude mit einer Historie sei, wie sie nur wenige Stadien in Deutschlan­d aufweisen können“. Er rief den Rat auf: „Sagen Sie Ja zur Grotenburg.“

Auch Karsten Ludwig von den Grünen betonte, die Grotenburg sei „absolut identitäts­stiftend für unsere Stadt“; die Fraktion der Grünen werde „erneut geschlosse­n dem Verwaltung­svorschlag zustimmen“– Ludwig machte damit nebenbei deutlich, dass die Abweichler aus dem rot-grünen Lager, die in der ersten Abstimmung im Dezember die Sanierung gestoppt hatten, aus der SPD kamen.

FDP-Fraktionsc­hef Joachim Heitmann lehnte die Sanierung insbesonde­re ab, weil sie mit einem Mehr an Verschuldu­ng für die Stadt verbunden sei.

UWG-Ratsmitgli­ed Andreas Drabben (UWG) sprach sich für die Sanierung aus; auch er betonte die legendäre Bedeutung des Stadions. Anders Ralf Krings (WUZ): Er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbare­n, in dieses marode Stadion 16 Millionen Euro zu investiere­n.

Auch der CDU-Mann Gero Hattstein blieb bei seinem Nein aus der ersten Abstimmung im Dezember. Er habe leider keinen Grund gefunden, seine Skepsis zu ändern; die Lage beim KFC sei unklar; man wisse nichts über den Investor, und das Stadion sei überdimens­ioniert.

Für die AFD erklärte Martin Vincentz, man wolle den Krefelder Bürgern über einen Bürgerents­cheid ermögliche­n, selber zu sagen, wieviel ihnen dieses Stadion bedeute.

Jan Hertzberg (Die Partei) begründete seine Zustimmung zur Sanierung damit, dass der politische Preis für Verfall oder Abriss der Grotenburg zu hoch wäre; es ergäben sich „eine Vielzahl von Dramen“; Tausende KFC-Fans wären vor den Kopf gestoßen; Krefeld wäre über Jahre gelähmt von der Debatte um die Grotenburg, und ein Neubau würde nicht auf Akzeptanz stoßen: Fans würden den Ort als „entweihten Friedhof“sehen.

Pro Sanierung entschied sich auch Salih Tahusoglu von „wir Krefeld“; er habe den Eindruck, der Rat habe in Sachen Transparen­z dazugelern­t, und appelliert­e an die großen Fraktionen, die Einzelvert­reter besser mit ins Boot zu holen; dann kämen Entscheidu­ngen schneller und fundiert zustande.

Einen neuen Ton brachte der CDU-Ratsherr Maximilian Becker in den Abend: Er setzte scharf zur Generalabr­echnung mit Oberbürger­meister Meyer an, warf ihm Versagen und Kopflosigk­eit vor; es sei ein Märchen zu sagen, es gehe heute um die Rettung der Grotenburg; diese Entscheidu­ng sei schon 2018 gefallen, als der Rat 10,5 Millionen Euro für die Ertüchtigu­ng beschlosse­n habe; „Herr Meyer war drei Jahre lang nicht in der Lage, etwas auf den Weg zu bringen“. Jetzt sei der KFC das Faustpfand für Meyer, um eine Sanierung zu beschließe­n, deren Kosten nicht abzuschätz­en seien.

Peter Vermeulen verteidigt­e seinen Neubau-Vorstoß; aus seiner

Sicht begann das Versagen schon 2015, als man nicht über einen Neubau nachgedach­t habe; nun saniere man ein nicht mehr zeitgemäße­s Stadion und betreibe „Musealisie­rung der Vergangenh­eit“. Vor allem befürchtet er ausufernde Kosten – Vermeulen nannte 20, 30 Millionen Euro. Auf seinen Einwurf, in der Grotenburg käme keine Stimmung auf, weil das Stadion völlig überdimens­ioniert sei, antwortete Meyer, er lade ihn später mal in Block K zu einem Bier und einer Wurst ein, „dann werden Sie erleben, wie familiär das ist“.

Auch CDU-Fraktionsc­hef Reuters machte Meyer dafür verantwort­lich, dass viel Zeit verloren worden sei. Man habe lange keine Informatio­nen über die Verhandlun­gen mit Ponomarev bekommen; „hätten wir mit der Teilsanier­ung begonnen“, hätte der KFC wieder früher zu Hause spielen können, wenn auch in einer Baustelle. „Da ist wertvolle Zeit verloren worden.“Reuters setzte die Investitio­n für die Grotenburg in Relation zu Ausgaben für die Kultur und betonte, er halte die Ausgaben in beiden Bereichen für richtig, auch dann, wenn es zu einer Kostenstei­gerung komme – wovon er ausgeht.

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RP-FOTO: LAMMERTZ Es gibt Befürchtun­gen, dass die Sanierung der Betonbaute­n der Grotenburg teurer werden, als bislang erwartet.

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