Rheinische Post Krefeld Kempen
Warum Krefeld als Fahrradstadt durchfällt
Bei der Umfrage „Fahrradklimatest“von ADFC und Bundesverkehrsministerium belegt Krefeld den drittletzten Rang.
Radfahren wird gemeinhin als eine zentrale Säule des innerstädtischen Verkehrs der Zukunft angesehen. Entsprechend groß ist die Bedeutung der Bedingungen, die Städte ihren Bürgern für den Verkehr mit Fahrrad, E-Bike oder Pedelec bieten. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) veranstaltet auch deshalb den Fahrradklimatest, eine Umfrage unter Radfahrenden in deutschen Städten, um Stärken und Schwächen zu ermitteln und vor allem einen Quervergleich zwischen den Kommunen zu ermöglichen. Für 2021 ist Krefeld schlicht durchgefallen. 577 Teilnehmer aus Krefeld gaben der Stadt eine Gesamtnote von 4,4 (nach Schulnoten). Damit landete Krefeld auf Platz 24 von 26 Städten vergleichbarer Größenordnung.
Auch wenn die Umfrage nicht repräsentativ ist und strukturelle Mängel erkennbar sind, erscheint zumindest der Quervergleich zwischen den Städten aussagekräftig. „Wir sehen in den Ergebnissen der Befragung Aussagen, die sich durchaus mit den Beobachtungen und Beschwerden decken, die regelmäßig an uns herangetragen werden”, sagt der Vorsitzende des ADFC Krefeld, Andreas Domanski. „Die Stadt ruht sich, trotz aller Bemühungen, immer noch ein gutes Stück auf der einst durchaus guten Radinfrastruktur aus, die in den 90er Jahren geschaffen wurde. Allerdings ist diese nun bald 30 Jahre alt und verfällt zusehends”, fährt er fort.
Entsprechend gehört der schlechte Zustand von Straßen und Radwegen zu einem der wichtigsten Punkte, die im Klimaindex kritisiert werden. In absoluten Noten ist denn auch die Oberfläche der Radwege mit der schlechtesten Gesamtnote versehen. Mit einer Durchschnittsnote von 5,5 fiel die Stadt hier glatt durch. Nur wenig besser fällt die Beurteilung der Breite der Radwege aus (5,3).
„Das sind fraglos die augenscheinlichsten Kritikpunkte. Auf vielen Radwegen ist es fast unmöglich, einen langsameren Fahrer zu überholen, und die Oberflächen sind oft katastrophal schlecht, auch wenn man auf der anderen Seite festhalten muss, dass viele Schäden durch Wurzeln hervorgerufen werden. Bäume wollen wir aber alle in der Stadt haben, und hier muss man als Radfahrer auch Zugeständnisse machen. Trotzdem braucht es Konzepte, die dieses Problem lösen. Beispielsweise durch eine intelligente Steuerung des Radverkehrs auf gut ausgebaute, durchgängige Achsen von Fahrradstraßen”, befindet Domanski.
Er legt auch einen großen Fokus auf den Faktor, der mit dem drittschlechtesten Absolutergebnis abschloss: „Viele Ampelschaltungen sind einseitig auf die Belange des motorisierten Verkehrs zugeschnitten. Radfahrende sehen sich dort als Verkehrsteilnehmer dritter Klasse”, kritisiert Domanski. Ein zentraler Punkt zur Behebung der Missstände sei die Personalsituation beim zuständigen Kommunalbetrieb (KBK). „Der KBK hat schlicht nicht genug Fachpersonal, um das insgesamt große Netz entsprechend zu modernisieren oder gar auszubauen. Das ist ein Kritikpunkt, den wir schon lange ansprechen”, sagt der Radaktivist.
Die Stadt erkennt die Probleme an, verweist zugleich jedoch auf positive Zukunftsaussichten, während der KBK vor allem auf fehlende Fachkräfte verweist. Schon vor rund einem Jahr, bei der Eröffnung des ersten Teilstücks der Promenade, hatte Geschäftsführer Andreas Horster darauf verwiesen, dass das Unternehmen dringend Ingenieure suche, die Stellen aber nicht besetzt bekäme. Dennoch gibt man sich bei der Stadtverwaltung optimistisch. „Das vor zwei Jahren gestartete ,Mobilitätskonzept 2030+' steht vor dem Abschluss und wird in Kürze politisch beraten,” heißt es in einer Stellungnahme. Außerdem sehe der Haushalt eine Million Euro für Radwegsanierung vor. Hinzu käme das separat beauftragte Radverkehrskonzept, das dazu beitragen solle, den Radverkehrsanteil perspektivisch auf mindestens 30 Prozent der Fahrten (aktuell nach Zahlen des Jahres 2017 21 Prozent) zu erhöhen. Hinzu kämen bereits geleistete Sanierungen mit Hilfe von Fördermitteln sowie das Leuchtturmprojekt Promenade. Sofern sich allerdings der Personalnotstand vor allem im KBK nicht bessere, so die Befürchtung der Radaktivisten, bleibe es bei Lippenbekenntnissen und die veranschlagten Haushaltsmittel könnten weiter nicht oder nicht vollständig verbaut werden.