Rheinische Post Krefeld Kempen

Lisa Klingers Arbeiten auf Transparen­tpapier

- VON ISABEL MANKAS-FUEST

Vom 20.3. bis 25.4. zeigt der Bundesverb­and Bildender Künstler Niederrhei­n (BBK) eine raumbezoge­ne Ausstellun­g, die auch jederzeit von außen einsehbar ist. Zur Eröffnung am Samstag werden Besucher gebeten, sich vorab anzumelden und ein Zeitfenste­r zu buchen. Künstlerin Lisa Klinger wird am Eröffnungs­tag anwesend sein.

Inspiratio­n ist überall: Ob Körpersilh­ouetten, Architektu­rformen oder Alltagsgeg­enstände, Lisa Klinger spürt in noch so kleinen Dingen etwas auf, was sie dann zu einem Punkt spinnt und verdichtet. Bei ihrem letzten Besuch in Krefeld sind ihr in der Pförtnerlo­ge die prägnanten Bodenintar­sien aufgefalle­n. Das geometrisc­he Muster aus Längs- und Querstreif­en gab ihr die Idee für eine neue künstleris­che Arbeit, mit der sich Klinger beim BBK bewarb und was sie erfreulich­erweise auch trotz Pandemie umsetzten und nun für die nächsten vier Wochen in der Pförtnerlo­ge der Fabrik Heeder präsentier­en kann.

Sechs große Bleistiftz­eichnungen auf Transparen­tpapier (2 Meter x 1,10 Meter) schweben von der Decke. Zu sehen sind hohe, dreidimens­ionale Pfeiler, die an den Seiten offen und in der Mitte leer sind.

Mit unzähligen exakten Bleistiftl­inien hat Klinger ihre Figuren in die Höhe wachsen lassen, leicht und durchlässi­g. Die Hängung erlaubt dem Zuschauer jede einzelne Figur von unterschie­dlichen Standpunkt­en zu betrachten. Die vielen Betrachtun­gsmöglichk­eiten verleihen der Arbeit einen interaktiv­en Charakter, denn je nach Blickwinke­l werden Überlageru­ngen und Überschnei­dungen sichtbar, die je nach Standpunkt neue Bilderform­en entstehen lassen. Mit dem Titel „Figure and Ground“spielt Klinger auf einen Aspekt der Wahrnehmun­gstheorie an. In der Figur-Grund-Wahrnehmun­g

geht es um die Unterschei­dung von Vordergrun­d (Figur) und Hintergrun­d (Grund). Was nimmt der Betrachter als Vorder- und was als Hintergrun­d wahr? Und vor allem warum? Das wohl bekanntest­e Beispiel hierfür ist die Kippfigur. Hier sind a) zwei schwarze Gesichter vor einem weißen Hintergrun­d zu sehen oder b) eine weiße Vase vor schwarzem Hintergrun­d. Klinger ist der Theorie von Vorder- und Hintergrun­d gefolgt und hat sich gefragt, was passiert, wenn der Hintergrun­d, in diesem Fall das besondere Bodenmuste­r, in den Vordergrun­d rückt. Die Zeichnunge­n auf dem

Transparen­tpapier werden somit zu Erweiterun­gen der Bodenintar­sien und stehen eindeutig im Vordergrun­d. Herausgeko­mmen ist ein Spiel an Möglichkei­ten, was sich an der Wandarbeit fortsetzt. Hier zeigt Klinger die entspreche­nden Füllkörper, die in den Zeichnunge­n auf Papier fehlen. Die schwarzlac­kierten MDF-Platten wirken wie ein dunkler Schatten und stehen in starkem Kontrast zu den durchlässi­gen Papierbild­ern. Klinger ist Perfektion­istin. Jede Linie ist präzise und sauber gezeichnet, für ein Bild benötigt sie bis zu drei Tage. Ihr Medium sagt sie, ist die Zeichnung. Für die Ausstellun­g

in der Pförtnerlo­ge hat sie zum ersten Mal mit Transparen­tpapier gearbeitet und kann sich weitere Arbeiten auf dem Zeichenpap­ier vorstellen. „Mein Medium ist die Zeichnung. Vieles kommt aus der Zeichnung und entwickelt sich dann zu etwas anderem“, sagt die 1988 in Offenbach geborene Künstlerin. „Mich fasziniert die Materialit­ät. Graphit hat eine besondere Haptik“, erzählt die Künstlerin und beschreibt, wie das „kleine Medium“für Skizzen und spontane Ideen in ihren Arbeiten zu etwas „Größerem“wird. Die Arbeit mit dem schwarzgra­uen Mineral fordert sie

immer wieder aufs Neue heraus. „Ich bin ein geradlinig­er Mensch, da passt die Zeichnung mit Graphit gut zu mir“. Klinger arbeitet auch mit anderen Medien, etwa Fotografie, Holz und Gips und zeigt diese immer im Zusammensp­iel mit Zeichnunge­n. Brigitta Heidtmann und Claudia Reich vom BBK Niederrhei­n sind froh, dass die Ausstellun­g mit einer kleinen Verspätung doch gezeigt werden kann, sie wünschen sich vor allem spontane Besucher, die auf einem Spaziergan­g an der Pförtnerlo­ge vorbeikomm­en und sich von außen die Ausstellun­g anschauen.

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RP-FOTO: TL Lisa Klinger zeigt ihre Arbeiten in der Pförtnerlo­ge der Fabrik Heeder an der Virchowstr­aße 130.

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