Rheinische Post Krefeld Kempen
Lisa Klingers Arbeiten auf Transparentpapier
Vom 20.3. bis 25.4. zeigt der Bundesverband Bildender Künstler Niederrhein (BBK) eine raumbezogene Ausstellung, die auch jederzeit von außen einsehbar ist. Zur Eröffnung am Samstag werden Besucher gebeten, sich vorab anzumelden und ein Zeitfenster zu buchen. Künstlerin Lisa Klinger wird am Eröffnungstag anwesend sein.
Inspiration ist überall: Ob Körpersilhouetten, Architekturformen oder Alltagsgegenstände, Lisa Klinger spürt in noch so kleinen Dingen etwas auf, was sie dann zu einem Punkt spinnt und verdichtet. Bei ihrem letzten Besuch in Krefeld sind ihr in der Pförtnerloge die prägnanten Bodenintarsien aufgefallen. Das geometrische Muster aus Längs- und Querstreifen gab ihr die Idee für eine neue künstlerische Arbeit, mit der sich Klinger beim BBK bewarb und was sie erfreulicherweise auch trotz Pandemie umsetzten und nun für die nächsten vier Wochen in der Pförtnerloge der Fabrik Heeder präsentieren kann.
Sechs große Bleistiftzeichnungen auf Transparentpapier (2 Meter x 1,10 Meter) schweben von der Decke. Zu sehen sind hohe, dreidimensionale Pfeiler, die an den Seiten offen und in der Mitte leer sind.
Mit unzähligen exakten Bleistiftlinien hat Klinger ihre Figuren in die Höhe wachsen lassen, leicht und durchlässig. Die Hängung erlaubt dem Zuschauer jede einzelne Figur von unterschiedlichen Standpunkten zu betrachten. Die vielen Betrachtungsmöglichkeiten verleihen der Arbeit einen interaktiven Charakter, denn je nach Blickwinkel werden Überlagerungen und Überschneidungen sichtbar, die je nach Standpunkt neue Bilderformen entstehen lassen. Mit dem Titel „Figure and Ground“spielt Klinger auf einen Aspekt der Wahrnehmungstheorie an. In der Figur-Grund-Wahrnehmung
geht es um die Unterscheidung von Vordergrund (Figur) und Hintergrund (Grund). Was nimmt der Betrachter als Vorder- und was als Hintergrund wahr? Und vor allem warum? Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die Kippfigur. Hier sind a) zwei schwarze Gesichter vor einem weißen Hintergrund zu sehen oder b) eine weiße Vase vor schwarzem Hintergrund. Klinger ist der Theorie von Vorder- und Hintergrund gefolgt und hat sich gefragt, was passiert, wenn der Hintergrund, in diesem Fall das besondere Bodenmuster, in den Vordergrund rückt. Die Zeichnungen auf dem
Transparentpapier werden somit zu Erweiterungen der Bodenintarsien und stehen eindeutig im Vordergrund. Herausgekommen ist ein Spiel an Möglichkeiten, was sich an der Wandarbeit fortsetzt. Hier zeigt Klinger die entsprechenden Füllkörper, die in den Zeichnungen auf Papier fehlen. Die schwarzlackierten MDF-Platten wirken wie ein dunkler Schatten und stehen in starkem Kontrast zu den durchlässigen Papierbildern. Klinger ist Perfektionistin. Jede Linie ist präzise und sauber gezeichnet, für ein Bild benötigt sie bis zu drei Tage. Ihr Medium sagt sie, ist die Zeichnung. Für die Ausstellung
in der Pförtnerloge hat sie zum ersten Mal mit Transparentpapier gearbeitet und kann sich weitere Arbeiten auf dem Zeichenpapier vorstellen. „Mein Medium ist die Zeichnung. Vieles kommt aus der Zeichnung und entwickelt sich dann zu etwas anderem“, sagt die 1988 in Offenbach geborene Künstlerin. „Mich fasziniert die Materialität. Graphit hat eine besondere Haptik“, erzählt die Künstlerin und beschreibt, wie das „kleine Medium“für Skizzen und spontane Ideen in ihren Arbeiten zu etwas „Größerem“wird. Die Arbeit mit dem schwarzgrauen Mineral fordert sie
immer wieder aufs Neue heraus. „Ich bin ein geradliniger Mensch, da passt die Zeichnung mit Graphit gut zu mir“. Klinger arbeitet auch mit anderen Medien, etwa Fotografie, Holz und Gips und zeigt diese immer im Zusammenspiel mit Zeichnungen. Brigitta Heidtmann und Claudia Reich vom BBK Niederrhein sind froh, dass die Ausstellung mit einer kleinen Verspätung doch gezeigt werden kann, sie wünschen sich vor allem spontane Besucher, die auf einem Spaziergang an der Pförtnerloge vorbeikommen und sich von außen die Ausstellung anschauen.