Rheinische Post Krefeld Kempen
Gastronomen wollen komplett öffnen
Eine mögliche Öffnung der Außengastronomie ab dem 22. März sehen Gastromomen skeptisch. Der Aufwand lohne sich kaum. Sie fordern, dass sie angesichts ihrer Hygienekonzepte generell wieder öffnen dürfen.
TÖNISVORST/KEMPEN/WILLICH
„Wir bleiben lieber bei unserem To-go-Angebot. Eine Öffnung der Außengastronomie, wenn sie denn wirklich ab dem 22. März erlaubt wird, kommt für uns nicht infrage. Der Personalaufwand für die wenigen Tische, die wir aufstellen dürften, ist viel zu hoch. Und wer will bei diesen Temperaturen am Abend draußen sitzen und ein gutes Essen in aller Ruhe genießen?“, sagt Nannette Slwowick. Die Betreiberin von Haus Vorst in Vorst ist nicht die einzige Gastronomin, die der Außengastronomieöffnung mit all ihren Auflagen äußerst skeptisch entgegensieht.
Frühestens ab dem 22. März könnte eine Öffnung möglich sein. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Sieben-Tage-Inzidenz nach der anstehenden Öffnung unter anderem von Einzelhandel, Museen, Galerien und Zoos 14 Tage lang nicht verschlechtert. Abhängig vom regionalen Infektionsgeschehen gelten darüber hinaus weitere Regelungen. Liegt die Sieben-Tage-Indzidenz stabil bei unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner können die Besucher die Außengastronomie nutzen. Befindet sie sich unter 100 Neuinfektionen, kann die Öffnung nur mit vorheriger Terminbuchung und der Dokumentation zur Kontaktnachverfolgung erfolgen. Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Haushalten, ist zudem ein tagesaktueller Covid-19-Schnell- oder -Selbsttest der Tischgäste erforderlich.
Schnelltest und Regenschirm für die Außengastronomie – ist das die Zukunft für das Frühjahr? Ralf Müller vom gleichnamigen Schiefbahner Restaurant stellt eine weitere Frage in den Raum: „Was sollen denn diejenigen machen, die über gar keine Außengastronomie verfügen? Welche Optionen bleiben da?“, möchte er gern wissen. Er kann nicht verstehen, dass in der Gastronomie, in der strengste Hygienemaßnahmen herrschten und es keine Corona-Ansteckungs-Hotspots
gebe, alles geschlossen bleiben muss. Was Müller tröstet, ist die Treue seiner Kunden: Viele haben ihm mitgeteilt, dass sie sofort da sind, wenn er wieder öffnen darf. „Das baut in dieser schweren Zeit schon ein wenig auf“, sagt Müller.
Dass die Kunden in der Warteschleife stehen, kann Willi Hirschmann vom „Kemp'sche Huus“in Kempen nur bestätigen. „Viele Leute haben schon für draußen reserviert“, berichtet Hirschmann. Er will es vom Wetter abhängig machen, ob er öffnet, wenn es erlaubt sein sollte. Der Kempener Gastronom kann sich allerdings nicht vorstellen, dass die Gäste bei niedrigen Temperaturen zu Ostern draußen den ersten Spargel oder ein Schnitzel genießen, so wie sie es im Gastraum ansonsten tun würden. Er zieht den Hut vor seinen Mitarbeitern, die sieben Tage die Woche parat stehen, um an die
Arbeit gehen zu können.
„Die ganze Situation ist eine wirtschaftliche Vollkatastrophe“, bringt es Nico Frass in einem Satz auf den Punkt. Der Betreiber der Tönisvorster Gaststätte Rosental kann die Vorgehensweise, was die Gastronomie betrifft, nicht mehr nachvollziehen. Ihm komme es vor, als habe die Politik vergessen, dass es die Gastronomie gebe. Zumal in der Politik auch anscheinend niemand wisse, wie gearbeitet werde. „Warum darf man nicht öffnen, wenn man funktionierende Konzepte hat?“, fragt Frass. „Wir können Hygiene. Hygiene gehört zu unserem Berufsfeld unabdingbar hinzu, egal ob es eine Pandemie gibt oder nicht. Hygienemaßnahmen sind bei uns gang und gäbe. Das hat die Branche auch in der Pandemie bewiesen. Warum dürfen wir nicht öffnen?“, fragt Frass. Er erinnert an die Investitionen,
die er und seine Kollegen getätigt haben: neue Belüftungsanlagen, wetterfeste Ausstattung der Terrassen, Schutzwände. Das seien allesamt Investitionen, die sich nur bezahlt machten, wenn auch gearbeitet werden könne.
Eine Öffnung der Außengastronomie unter den angekündigten Bedingungen hält er für nicht realisierbar. Der ganze Betrieb müsse dafür hochgefahren werden. Ressourcen in Form von Personal und Lebensmittel müssten vorgehalten werden. Kosten, die in den Sand gesetzt werden, wenn keine Gäste kommen, weil das Wetter nicht mitspielt oder dann doch aufgrund steigender Infektionszahlen alles wieder geschlossen werden muss. Die Vorgaben entbehren nach seiner Meinung jeder Planungssicherheit und „sind einfach nur schwammig formuliert“.