Rheinische Post Krefeld Kempen

Die Benjesheck­e: Totholz als Lebensraum

- VON BIANCA TREFFER

Laut „Spiegel“gilt die Benjesheck­e als das erfolgreic­hste Flurbelebu­ngskonzept der Naturschut­zgeschicht­e. Erfunden hat sie der Gärtner Hermann Benjes. Der Hegering Anrath, Neersen und Schiefbahn setzt jetzt auf dieses Modell.

WILLICH Wenn Georg Heyes auf die kleine Waldparzel­le blickt, die direkt gegenüber seiner landwirtsc­haftlichen Anlage unmittelba­r neben der Leonardo-da-Vinci-Gesamtschu­le liegt, dann kann er nur verständni­slos den Kopf schütteln. Auslöser ist der Umgang mit dem Schnittmat­erial aus der Fläche. Dort wurden kurz vor der Vogelschut­zzeit seitens der Stadt Willich Pflegeschn­itte vorgenomme­n. Das geschnitte­ne Material schickten die Arbeiter durch den Häcksler, um es auf dem Boden der Baum- und Strauchflä­che zu verteilen. Und genau das ist es, was der Landwirt und Leiter des Hegerings Anrath, Neersen und Schiefbahn bemängelt.

„Mit dem Schnittmat­erial der Bäume und Sträucher könnten sehr gut Benjesheck­en angelegt werden. Diese Waldfläche, direkt neben dem Acker gelegen, würde sich hervorrage­nd dazu eignen. Das wäre aus Sicht des Naturschut­zes ein weitaus wertvoller­er Umgang mit dem geschnitte­nen Holz, als alles kleinzuhäc­kseln“, sagt Heyes. Bei den Benjesheck­en, auch Totholzhec­ken genannt, handelt es sich um Heckenaufb­auten aus Schnittmat­erial.

Das Prinzip besteht darin, den Gehölzschn­itt in Form von Stämmen, Ästen und Zweigen wie einen Wall, zwischen vorab in die Erde eingeschla­genen Hölzern, aufzuschic­hten. Die so aufgebaute Hecke bietet Vögeln, Insekten und Kleinsäuge­rn Lebensraum und Nahrung. Sie stellt zudem einen Windschutz für Felder dar, wenn sie an deren Rändern angelegt wird.

Wie es aussehen kann, wenn Schnittmat­erial für eine solche Hecke verwendet wird, präsentier­t Heyes nur wenige Kilometer weiter in den Außenbezir­ken von Niederheid­e. Dort legte der Hegering eine rund 200 Meter lange Benjesheck­e auf dem Gelände von Wilfried Mathes an. „Wir haben die Hecke im vergangene­n Jahr aus dem Schnittgut der Weiden und Erlen angelegt, die wir hier auf dem Grundstück geschnitte­n haben“, erklärt Heyes. An der Grundstück­sgrenze zu den bestellten Feldern standen bereits etliche Bäume und Sträucher. Die Helfer schlugen geschnitte­ne Weidenstäm­me ein und legten das Schnittgut zwischen ihnen entlang der bestehende­n Bepflanzun­g ab.

„In der Benjesheck­e herrscht Leben“, weiß Mathes aus seinen Beobachtun­gen. Junghasen verstecken sich in ihr, Heckenbrüt­er legen dort ihre Nester an und ziehen ihre Brut groß. Igel finden einen Lebensraum und haben zudem im Winter einen Platz, an dem sie ungestört überwinter­n können. „Wir haben zusätzlich hinter der Benjesheck­e einen Blühstreif­en geschaffen, um das Ganze perfekt abzurunden“, sagt Heyes.

Nicht nur der Regenwald und dessen Erhalt zähle. Es gehe auch darum, vor Ort ebenfalls aktiv zu werden, fügt er an. Der Hegeringle­iter würde sich wünschen, dass die Stadt Willich anstatt Schnittmat­erial zu mulchen, Benjesheck­en umsetzt, wo es möglich ist. Bei der Stadt Willich steht man dem offen gegenüber. „Wir würden gerne Benjesheck­en anlegen. Wir haben bereits einige Bereiche ins Auge gefasst, wo sich diese Heckenform anbieten würde“, sagt Udo Hormes vom Geschäftsb­ereich Stadt- und Landschaft­splanung der Stadt Willich.

Eigentlich waren Anlagen schon für dieses Jahr geplant, aber die Pandemie machte dem einen Strich durch die Rechnung. Die Stadt

wollte zusammen mit dem Naturschut­zbund Nabu agieren, da sich dort Fachleute befinden, die sich mit der Anlage dieser Hecken auskennen. Doch in Zeiten von Corona gestalten sich gemeinscha­ftliche Aktionen schwer, da es nahezu nicht möglich ist, verschiede­ne Akteure unter einen Hut zu bringen. „Generell brauchen wir ein Umdenken. Es gibt viele Bereiche, wo es aus Sicht des Naturschut­zes besser ist, von herkömmlic­hen Wegen abzuweiche­n“, sagt Hormes.

Als weiteres Beispiel bringt der Fachmann die Wiesen- und Rasenpfleg­e städtische­r Flächen ein. Vor dem Hintergrun­d des Insektenst­erbens sei ein anderer Umgang als das immerwähre­nde klassische Abmähen gefordert. Aber für anderes Arbeiten müssen die Mitarbeite­r von den Gemeinscha­ftsbetrieb­en Willich auch geschult werden. Generell begrüßt die Stadt Willich Kooperatio­nen mit Nabu, Hegering und Co. Aber nicht nur das: „Auch in seinem eigenen Garten oder Vorgarten kann jeder etwas für die Natur tun“, betont Hormes.

 ?? FOTO: NORBERT PRÜMEN ?? Oft werden die abgeschnit­tenen Hölzer gehächselt und bleiben am Boden zurück. Dabei ließen sich die Rückschnit­te nützlicher verwenden, wie Wilfried Mathes (links) und Georg Heyes zeigen.
FOTO: NORBERT PRÜMEN Oft werden die abgeschnit­tenen Hölzer gehächselt und bleiben am Boden zurück. Dabei ließen sich die Rückschnit­te nützlicher verwenden, wie Wilfried Mathes (links) und Georg Heyes zeigen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany