Rheinische Post Krefeld Kempen
Mit Mutti zum Tatort
brachte ihn auf die Idee mit der Tatortreinigung. Dort bekomme man Einblick in ganz besondere Wohnungen.
Noch am selben Abend habe er gegoogelt, erzählt Thomas Kundt. Und stellte fest: Eigentlich ist keine richtige Ausbildung zum Tatortreiniger notwendig. Wenig später hatte er schon Visitenkarten gedruckt. Die Karten wurden selbstverständlich großzügig verteilt, auch an die Polizei.
„Hier ist die Mordkommission, ich muss sofort mit Herrn Kundt sprechen.“Mit diesen Sätzen habe sich ein Polizeibeamter telefonisch bei der alten Firma von Thomas Kundt gemeldet. Der erste Anruf für den ersten Fall. „Du musst da mal hinfahren. Da hat sich einer erschossen. Da liegt ganz viel Gehirn rum.“Das sind die Worte, an die sich Thomas Kundt erinnert. Worte, die erst einmal Schock und Panik ausgelöst haben. Und was macht man, wenn man nicht weiter weiß? „Erstmal die Mutti anrufen“, sagt Thomas Kundt. Zu zweit erledigten der frischgebackene Tatortreiniger und seine Mutter den ersten Auftrag. Sie sei sehr gelassen damit umgegangen, sagt er.
Ist der Tatortreiniger im Fernsehen ein gutes Vorbild für seine Berufsgruppe? Thomas Kundt meint: ja. „Ich bin ein genauso lebensfroher und auch nachdenklicher Typ.“Die Geschichten, die man im Fernsehen sehe, würden auch im echten Leben passieren. Allerdings gebe es nicht immer so viel Blut. „Es ist meistens Leichenflüssigkeit.“
Nicht nur Leichenflüssigkeit muss Thomas Kundt entfernen, auch Ungeziefer. Bei Verstorbenen legten schon nach ein paar Minuten die ersten Fliegen ihre Eier im Leichnam ab. Was ist ekliger? „Das nimmt sich beides nicht viel.“
Heute ist Thomas Kundt zusätzlich staatlich geprüfter Desinfektor. Seine Firma vertreibt Desinfektionsgeräte, als Dienstleister reinigen er und seine Mitarbeiter unter anderem Messie-Wohnungen, Arztpraxen und Kindergärten.
Sein Job erfülle ihn, sagt Kundt. Die Arbeit habe dafür gesorgt, dass er heute ein besseres Leben führe. „Ich lebe bewusster, ich genieße es ganz anders, weil ich sehe, dass das Leben endlich ist. Das wird mir jeden Tag vor Auge gehalten.“