Rheinische Post Krefeld Kempen
Edelstahlwerke rechnen mit roten Zahlen
Bis 2025 soll der Umschwung für die Deutschen Edelstahlwerke gelingen. Bis dahin ist es für die Werke Krefeld und Witten noch ein langer Weg. Sie produzieren für die Maschinenbau-Branche, und die erhole sich nur langsam, sagte DEWChef Jürgen Alex.
Die Deutschen Edelstahlwerke (DEW) sind noch nicht über dem Berg. Während die Standorte Siegen und Hagen mit einer schnellen Erholung planen, stellt sich die Situation in Krefeld und Witten anders dar: Deren Abnehmer aus der Maschinenbau-Branche erholten sich im Gegensatz zu den Autobauern langsamer, sagte DEW-Geschäftsführer Jürgen Alex am Sonntagmorgen in einer virtuellen Informationsveranstaltung für die Beschäftigten. Bis 2025 solle die Tochter des SwissSteel-Konzerns aus der Schweiz wirtschaftlich wieder auf Kurs gebracht sein. Für dieses Ziel seien bereits tiefgreifende Vorleistungen auch der 650 Mitarbeiter in Krefeld erbracht worden: Personalabbau, Lohnverzicht, Freistellung der Leiharbeiter und einiges mehr inbegriffen. „Das hilft uns für die nächsten zwei Jahre und verschafft uns Luft“, sagte Alex.
Schon im Jahr 2019 sei die Auftragslage für die Edelstahlwerke als mangelhaft zu bezeichnen gewesen. 2020 habe sich die Lage auch wegen der Corona-Pandemie zugespitzt, berichtete Alex. Geplant sei der Absatz von 730.000 Tonnen Stahlprodukte gewesen. Das Ergebnis habe um rund 20 Prozent niedriger gelegen. Zum Jahresende waren 560.000 Tonnen verkauft. Für dieses Jahre planten die Edelstahlwerke mit dem Absatz von 636.000 Tonnen.
Entsprechende der Auftragslage habe der Mutterkonzern Swiss Steel ein Jahresdefizit von 310 Millionen Euro eingefahren (wir berichteten). Darin sei eine Wertberichtigung für die Aktiengesellschaft um 174 Euro enthalten gewesen. Mit einer Kapitalerhöhung sei die Finanzsituation abgesichert worden.
Ob sich die Marktlage verbessere und alle Veränderungen den gewünschte Erfolg zeigen, sei derzeit nicht in Gänze absehbar. Die Edelstahlwerke wollen mit vier Werkzeugen den Kurs beeinflussen: mit strukturellen Änderungen, Prozessverbesserungen, Variabilisierung und Personalsteuerung. Mit variablen Reaktionen sind unter anderem die Verringerung von Lohnstunden, weniger Leiharbeit und die Anpassung der Beschäftigtenzahl nach unten gemeint. Für 2021 rechneten die DEW gleichwohl mit einem „deutlich negativen Ergebnis vor Steuern“.
Dessen ungeachtet sollen die Vertriebsbemühungen erheblich verstärkt werden. Dazu wolle Swiss Steel Personal zur Verfügung stellen. In die Optimierung der IT sollen 15 Millionen Euro investiert, die Abteilung outgesourct (in die Swiss Steel Group AG) werden. Der gestärkte Vertrieb solle sich vor allem um den Verkauf des Grünen Stahls kümmern. Die Elektroöfen, in denen Schrott eingeschmolzen wird, würden komplett mit regenerativer Energie betrieben. Aktuell seien bereits 10.000 Tonnen verkauft worden, und die Edelstahlwerke hinter Georgmarienhütte an zweiter Stelle, was Green Steel anbetreffe. „Unser grüner Stahl ist in der CO2-Bilanz zwanzigmal günstiger als der Durchschnittsstahl auf der Welt“, berichtete Gesamtbetriebsrat Ralf Peine.
Sein Krefelder Kollege Konstantinos Pinidis kritisierte den Zustand der Infrastruktur in Krefeld. Presse und Aggregate seien stark reparaturbedürftig. Wenn nicht schnell etwas geschehe, drohe ein Crash – ein Komplettausfall, von dem andere Abteilungen wie zum Beispiel die Wärmebehandlung betroffen wären. Dort drohte dann erneute Kurzarbeit.
Zeitgleich zum Transformationsprozess bei den vier Standorten der Deutschen Edelstahlwerke, haben die Tarifverhandlungen in der Branche begonnen. Die Industriegewerkschaft Metall fordere vier Prozent mehr Lohn für die kommenden
zwölf Monate. An einer ersten Kundgebung haben sich rund 350 Beschäftigte der Edelstalwerke und der benachbarten Outokumpu Nirosta GmbH in der vergangene Woche getroffen, berichtete Peine.
Geschäftsführer und Betriebsrat warben bei der ersten Online-Informationsveranstaltung der DEW um Auszubildende. An allen Standorten der Gruppe würden junge Menschen für verschiedene Ausbildungsberufe gesucht.