Rheinische Post Krefeld Kempen
Borussia: Bensebaini zeigt gegen Schalke sein ganzes Repertoire
In der siebten Minute zeigte Schiedsrichter Tobias Stieler Gladbachs Linksverteidiger gegen Schalke 04 berechtigterweise die Gelbe Karte. Zuvor hatte Ramy Bensebaini nach einem Fehlpass von Matthias Ginter seinen Gegenspieler Suat Serdar so am Trikot gezogen, dass dieser keinen kontrollierten Pass in die Spitze spielen konnte. Bensebaini unterband damit einen Schalker Konter in Überzahl, wird Borussia aber in zwei Wochen gegen den SC Freiburg fehlen, es war seine fünfte Verwarnung in dieser Saison.
Seine Sperre trifft Gladbach, denn auf Schalke machte der 25-Jährige eine auffällige Partie, leitete vom Start weg gemeinsam mit dem ebenfalls starken Marcus Thuram mehr als die Hälfte aller Angriffe über die linke Seite ein.
Nur wenige Minuten nach seiner Gelben Karte wollte er Serdar per Grätsche kurz hinter der Mittellinie stoppen. Bensebaini traf weder Ball noch Gegner, war am Rande des Erlaubten unterwegs und hatte nach nicht einmal 15 Minuten sein ganzes Repertoire gezeigt: Er war Antreiber, Heißsporn und zeigte seine gewohnte Zweikampfhärte - das alles verbunden mit einer sehr selbstbewussten Körpersprache, die signalisierte: „Ihr könnt mir gar nichts.“
Damit wandert er stets auf der Grenze zwischen Genie und Wahnsinn. Das bemerkte auch Trainer
Marco Rose schnell, der sich zwischenzeitlich darüber sorgen musste, Bensebaini mit Gelb-Rot zu verlieren. „Das war zwischendrin immer wieder ein Thema. Ich war auch im Kontakt mit dem vierten Offiziellen“, sagte Rose, der gegen Schalke mit Bensebaini einen ungewöhnlichen Spielmacher auf dem Platz hatte.
147 Ballkontakte brachte dieser zustande – bis Samstag waren die 134 Kontakte von Ginter im Derby gegen den 1. FC Köln der bisherige Saisonhöchstwert in der Liga auf Seiten der Borussia gewesen. Und: 103 seiner 112 Pässe kamen an. „Ramy ist natürlich ein wichtiger Spieler für uns mit seiner Mentalität, seinen technischen Fähigkeiten und seiner Dynamik“, sagte
Rose lobend.
Gegen Schalke packte Bensebaini seinen kompletten Werkzeugkasten aus. Bei den sieben Pflichtspielniederlagen zuvor war er zudem einer, der positiv auffiel. Im Pokal gegen Borussia Dortmund zwang er Marwin Hitz mit einem Kracher-Schuss zu einer Glanzparade. Gegen Leverkusen hatte er 80 Ballkontakte, sieben Klärungsaktionen und drei erfolgreiche Dribblings. Sein feines Füßchen lässt er zwischendurch gerne mal mit Tricks wie der „Zidane-Drehung“oder einem „No-LookPass“aufblitzen, eine gewisse Eitelkeit dabei gehört zu seinem Spiel.
Auf einer Position, auf der selbst die europäischen Top-Klubs Schwierigkeiten haben, diese zu besetzen, ist er in Gladbach längst unverzichtbar. Für Borussia waren die rund acht Millionen Euro Ablöse eine gute Investition. Mittlerweile hat er seinen Marktwert verdreifacht.
Er hat aber auch ein klares Defizit: Sein Körper zwingt ihn immer wieder zu Pausen. Bensebainis Muskulatur ist anfällig, weshalb Oscar Wendt in Englischen Wochen den Job hinten links in Teilzeit übernimmt. Bis in den Januar hatte Bensebaini zudem mit den Folgen einer Covid-19-Infektion zu kämpfen. Mehr als vier Startelf-Einsätze hintereinander waren bei ihm, seit er 2019 von Stade Rennes zur Borussia gewechselt ist, noch nicht drin. Ein Dauerbrenner wie Stefan Lainer ist er demnach nicht.