Rheinische Post Krefeld Kempen
Kempen stürzt bei Fahrradklima-Test ab
Bei der Umfrage von ADFC und Bundesverkehrsministerium ist Kempen von Platz 34 auf Platz 114 gefallen. Radfahrer gaben der Stadt die Schulnote 3,7. Wo die Teilnehmer Verbesserungsbedarf sehen.
KEMPEN Alle zwei Jahre wollen der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) und das Bundesverkehrsministerium von Radfahrern in Deutschland wissen, wie zufrieden sie sind. 2020 fand die Umfrage zum neunten Mal statt, deutschlandweit nahmen rund 230.000 Menschen teil. Bei den Fragen ging es etwa darum, ob man sich auf dem Fahrrad sicher fühlt, wie gut die Radwege eingeschätzt werden und ob die Stadt in Zeiten der Corona-Pandemie das Radfahrern besonders fördert. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
Im Vergleich zu 2018 ist Kempen abgestürzt: Damals erreichte die Stadt Platz 34 und die Schulnote 3,4. Jetzt liegt sie auf Platz 114 von insgesamt 415 Städten vergleichbarer Ortsgröße (zwischen 20.000 und 50.0000 Einwohnern) bundesweit. In der Gesamtbewertung erhielt die Stadt die Schulnote 3,7. Positiv bewerteten die Teilnehmer die Tatsache, dass in Kempen alle Fahrrad fahren, egal ob alt oder jung (Note 2,1), dass das Stadtzentrum für Radler sehr gut erreichbar ist (2,0) und sich Radler an eigenen Wegweisern gut orientieren können (2,6). Negativ bewerteten die Teilnehmer beispielsweise die Ampelschaltungen, die nicht gut auf Fahrradfahrer abgestimmt seien (4,4), Baustellen, an denen Radler zum Absteigen und Schieben gezwungen würden (4,5), und die mangelnde Verfügbarkeit öffentlicher Leihfahrräder (4,9).
Allerdings sind gute Wegweiser oder öffentliche Leihräder den Teilnehmern auch gar nicht so wichtig, wie sie an anderer Stelle angeben konnten: Wichtigste Themen sind für die Teilnehmer in Kempen das Sicherheitsgefühl, die Akzeptanz als Radfahrer im Verkehr und Konflikte mit Kraftfahrzeugen. Auch Hindernisse auf Radwegen, die Breite und Oberfläche von Radwegen schätzen die Teilnehmer als wichtige Themen ein. „Seit Jahren gibt es keine wirklichen Verbesserungen für den Radverkehr in Kempen, obwohl er stark zugenommen hat“, teilte Gisela Ditzen für den ADFC in Kempen mit, die auf die nötige Breite von Radwegen hinweist: Immer mehr Sonderfahrräder wie Lastenräder, Velo-Mobile oder Räder mit Anhängern seien in Kempen unterwegs, die mit der vorhandenen Infrastruktur nicht klarkämen. Diese müssten oft auf der Straße fahren, weil Radwege zu schmal seien oder ein Überholen nicht zuließen.
Nun ist die Umfrage nicht repräsentativ. Die Teilnehmerzahl ist in den einzelnen Städten sehr unterschiedlich. Laut ADFC müssen pro Stadt mindestens 50, bei größeren Städten mindestens 75 oder 100 Abstimmungsergebnisse vorliegen. In Kempen nahmen 169 Menschen zwischen September und November 2020 an der Umfrage teil. Die Ergebnisse könnten Kommunen helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern, heißt es vom ADFC.
Dabei flossen die Erfahrungen mit dem Radeln in Corona-Zeiten auch in die Umfrage ein. Deutschlandweit sagten zwei Drittel der Befragten, dass Corona die Bedeutung des Fahrrads gesteigert habe. In Kempen gaben viele Teilnehmer an, während der Corona-Zeit mit dem Rad neue Ziele in der näheren
Umgebung entdeckt zu haben (Schulnote 3,3) und die Bedeutung des Fahrrads gestiegen sei (3,0). Die Mehrheit der Befragten in Kempen meinte allerdings, dass ihnen in der Corona-Zeit wenig Signale für mehr Fahrradfreundlichkeit gegeben worden seien (5,3), Bürgermeister und Politiker das Radfahren nicht mehr als üblich thematisiert hätten (4,7) und das Radfahren als Chance kaum in lokalen Medien thematisiert worden
Touren Rund um Kempen führen mehrere Radtouren, die in einer Broschüre und im Internet aufgeführt sind. Die Routen sind mit Knotenpunkttafeln (rote Schrift auf weißem Grund) versehen und erleichtern die Orientierung. Zu finden sind die Touren (die kürzeste 13, die längste mit 64 Kilometern Länge) mit dem Link zu den GPS-Daten unter www.kempen.de – Freizeit & Tourismus – Radtouren.
sei (4,2). Bei allen Kritikpunkten: Insgesamt, auch das ist ein wichtiges Ergebnis der Umfrage, bereitet den Kempenern das Fahrradfahren in ihrer Stadt eher Spaß als Stress: So vergaben 50 Prozent der Befragten für die Aussage „Bei uns macht Radfahren Spaß“die Schulnote 1 oder 2. Dafür gab es im Durchschnitt die Note 3,4, doch mit vielen Aktivitäten seitens der Stadt dürfte sich diese Bewertung in den kommenden
Jahren noch verbessern: So wurde 2019 ein Radverkehrskonzept für Kempen verabschiedet, dessen Umsetzung mit vielen Änderungen einhergeht. Um die Umsetzung voranzutreiben, wurde jüngst mit Anne Koller eine Mobilitätsmanagerin bei der Stadt angestellt, die sich um den Bereich Mobilität und Radverkehr kümmert.
Für alle, die neue Ziele entdecken wollen, hat die Stadt gerade ihren Fahrradstadtplan neu aufgelegt. Zudem bringt der Kreis Viersen an den Knotenpunkten Karten des Radknotenpunktnetzes an, auf denen alle Knotenpunkte im Bereich Kempen abgebildet sind. Im Laufe der nächsten Tage will der Baubetriebshof des Kreises an den 21 Standorten im Stadtgebiet diese Tafeln aufstellen. Mobilitätsmanagerin Koller lobt die neuen Fahrradtafeln als deutliche Verbesserung des Wegweisungssystems für Radfahrer: „Diese Karten werten die Beschilderung in Kempen weiter auf und erleichtern die Orientierung vor Ort.“