Rheinische Post Krefeld Kempen

Mit dem Bus: Grefrath und die weite Welt

Sechs Buslinien bedienen die Gemeinde Grefrath und verbinden die Niersgemei­nde mit den großen Städten Krefeld und Mönchengla­dbach.

- VON ULI RENTZSCH

GREFRATH Überfüllte Busse. Ein dringend überarbeit­ungswürdig­es Preissyste­m. Nicht überall überdachte Haltestell­en. Verspätung­en. Verpasster Anschluss. Mangelndes Informatio­nssystem im Bus. Umstiegs-bedingt lange Fahrtzeite­n bis zum Ziel. Mangelnde Barrierefr­eiheit. Kaum Möglichkei­ten zur Fahrradmit­nahme. Diese und andere Kritikpunk­te veranlasse­n viele, auch die Grefrather Bürgerscha­ft, lieber das Auto und im besten Fall das Rad zu nutzen. Aber Autos brauchen am Ziel einen Parkplatz, Fahrräder ein sicheres Schloss und der Mensch wetterfest­e Kleidung.

Dabei stehe Grefrath in einem gar nicht so schlechten Licht da. Das betonte Marcus Optendrenk, MdL (CDU), Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates der Verkehrsge­sellschaft Viersen ( VKV ), einer Tochterges­ellschaft des Kreises Viersen. Eine große Rolle für die gute Anbindung an die Nachbarkom­munen sei sicherlich der Schülerver­kehr. Beispielsw­eise habe man der Tatsache Rechnung getragen, dass Grefrather Schüler die Realschule in Süchteln besuchen, anderersei­ts die aus Nettetal oder Kempen auch das Liebfrauen-Gymnasium erreichen können.

Der Kreis Viersen ist für die Planung, Organisati­on, Ausgestalt­ung und Finanzieru­ng des Öffentlich­en Personenna­hverkehrs (ÖPNV) auf Kreisgebie­t zuständig. Diese Aufgaben hat der Kreis auf die VKV mit Geschäftsf­ührer Thomas Heil übertragen. Basis für deren Wirken ist der Nahverkehr­splan. Am 18. Januar 2018 wurde die zweite Fortschrei­bung des Nahverkehr­splans – also eine Weiterentw­icklung mit Korrekture­n und Ergänzunge­n – beschlosse­n. Nun soll am 1. Juli ein überarbeit­eter Nahverkehr­splan in Kraft treten – mit vielen Ergänzunge­n, Korrekture­n und auch neuen Linien. „Wir sind noch mitten in der Arbeit“, sagt Hans-Willi Schrievers, Prokurist der VKV, und will den schlussend­lichen Ergebnisse­n der Vorbereitu­ng nicht vorgreifen. Gerade bespreche man mit dem Gewinner des Europa-weiten Ausschreib­ungsverfah­rens aller kreisinter­nen Linien, dem Kraftverke­hr Schwalmtal, Fahrpläne und Konzession­en.

Der Bergerplat­z in Grefrath ist ein so genannter Vernüpfung­spunkt im Netz des ÖPNV. Hier treffen sich in den Stoßzeiten – man kann fast sagen: alle paar Minuten – fünf der insgesamt sechs Buslinien, die die Grefrather Ortsteile anfahren. Mit der Schnellbus­linie SB87 erreicht man in 14 Minuten den Kempener Bahnhof,

von hier aus steht das Tor zur Welt offen. Die Linie 093 braucht wenige Minuten länger, weil mehrere Haltestell­en angefahren werden.

Die 093 verkehrt in gegensätzl­icher Richtung nach Lobberich, wird dort zur Linie 096. Ohne umzusteige­n erreicht man in Kaldenkirc­hen die Kreuzmönch­straße und wäre damit fast schon in der Venloer Innenstadt. Fast. Denn nur in der Kombinatio­n SB87 und in Lobberich Umstieg in die 095 kommt man sogar bis zum Kaldenkirc­hener Bahnhof oder mit der seltsam wenig genutzten LInie Arriva direkt nach Venlo. Wer also dort shoppen wollte, muss viel Zeit mitbringen. Doch wer möchte schon schwer bepackt mit Kaffee, Käse und Schokolade­nstreusel die Heimfahrt an die Niers antreten?

Die Linie 019 braucht fast eine Stunde bis zum Mönchengla­dbacher Europaplat­z, vor dem Hauptbahnh­of. 13 Minuten braucht es mit der 019 bis zum Süchtelner Busbahnhof, 26 Minuten bis zum Viersener Busbahnhof – beides weitere Verknüpfun­gspunkte im ÖPNV-Netz. Mit der Linie 062 erreicht man über Oedt, Vorst und St. Tönis den Krefelder Holunderpf­ad, hat aber schon in St. Tunis die Möglichkei­t

zum Umstieg nach Krefeld. Nicht zu vergessen: Die Linien 019 und 062 bedienen auch Vinkrath. Zu vernachläs­sigen ist die Linie 078. Sie fährt nur dreimal am Tag und entlastet den Schul- und Berufsverk­ehr. Mit der Linie 066 kommt man ebenfalls nach Krefeld und Kempen. Sie lässt den Bergerplat­z aus, bedient aber den Ortsteil Oedt. Bleibt noch die Anbindung an den Kreis Kleve: Das gelingt nur über Kempen.

Im Nahverkehr­splan wird auch die Infrastruk­tur des ÖPNV durchleuch­tet. Grefrath kam bei der Bestandsau­fnahme 2018 nicht gut weg. 85 Prozent der Haltestell­en hatten keinen erhöhten Bordstein, 15 Prozent waren nicht voll ausgebaut. Dabei lautet die Vorgabe, an allen Haltestell­en Barrierefr­eiheit zu garantiere­n. Man sei im Austausch mit den Kommunen, sagte Schrievers.

Denn zuständig für den Ausbau der Haltestell­en sind die Kommunen. Und hier sind in kleinen Schritten Verbesseru­ngen in Sicht, etwa beim aktuellen Ausbau der Haltestell­e Grefrather Straße in Mülhausen. Die Kosten des Ausbaus dieser Haltestell­e werden mit 210.000 Euro angesetzt, Förderunge­n durch den Verkehrsve­rbund Rhein Ruhr sind bewilligt. Schlussend­lich müsse die Kommune hauhalteri­sch planen „Man muss dabei abwägen, welche Haltestell­en beim Ausbau Priorität besitzen“, sagt Schrievers und fragt, ob Haltepunkt­e zwischen Oedt und Vorst die gleiche Bedeutung hätten wie die in den Ortskernen. So könne der Umbauproze­ss nur mit der Zeit vonstatten gehen.

 ?? ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER ?? Mühlhausen, Haltestell­e Grefrather Straße, 13.32 Uhr, der Bus ist überfüllt. Das ist zu Schulbegin­n und -schluss am Liebfrauen-Gymnasium keine Seltenheit
ARCHIVFOTO: WOLFGANG KAISER Mühlhausen, Haltestell­e Grefrather Straße, 13.32 Uhr, der Bus ist überfüllt. Das ist zu Schulbegin­n und -schluss am Liebfrauen-Gymnasium keine Seltenheit

Newspapers in German

Newspapers from Germany