Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefelder bauen historische Schuhfabrik um
Fast zwölf Millionen Euro lässt sich die Renaissance Immobilien und Beteiligungs AG aus Krefeld den Umbau der historischen Schuhfabrik in Wermelskirchen zu einer ersten Wohnadresse kosten. Der Baubeginn auf dem 6300 Quadratmeter großen Areal ist für Januar 2022 vorgesehen.
Auf die Sanierung von Häusern und Fabriken mit Geschichte hat sich die Krefelder Renaissance Immobilien und Beteiligungen AG spezialisiert. Die Städte Krefeld und Wuppertal sind die bisherigen Schwerpunkte ihrer geschäftlichen Aktivitäten. Nun wandert der Blick ins Bergische nach Wermelskirchen. Vorstand Christian Baierl will dort 11,7 Millionen Euro in die ehemalige Schuhfabrik Emil Pfeiffer investieren und sie zu Wohnraumzwecken umbauen.
Helle, moderne Wohnungen in einem fünfgeschossigen Industriegebäude mit einer markanten Backsteinfassade. Dafür eigne sich die ehemalige Schuhfabrik Emil Pfeiffer am Neuenhaus 27a mit ihrem rund 6300 Quadratmeter großen Grundstück hervorragend, berichtete Baierl. Davon sei er überzeugt. Die Renaissance AG, die auf die Sanierung von historischen Gebäuden spezialisiert sei, habe die 1926 gebaute Fabrik im vergangenen Sommer gekauft, um dort voraussichtlich rund 40 Wohnungen zu errichten. Auf einer Gebäudefläche von fast 7000 Quadratmetern sollen familienfreundliche Wohnungen ab einer Größe von 100 Quadratmeter entstehen. Baubeginn könnte im Januar 2022 sein. „Aufgrund der Corona-Pandemie und des Bauantrag-Prozederes kann man den genauen Termin noch nicht genau abschätzen“, erklärte Baierl.
„Hier lässt sich alles umsetzen. Unsere Architekten, die mit der Thematik Fabrikgebäude sehr erfahren sind, freuen sich über Etagen mit so großen Grundflächen, die ohne Säulen oder andere stützende Elemente auskommen. Was mich aber besonders beeindruckt hat ist der seltene Umstand, dass der originale Fensterbestand in großem Umfang erhalten geblieben ist. Das gibt dem Gebäude etwas ganz Besonderes. Die vorhandene Unterkellerung des Gebäudes bietet sich zudem als Tiefgarage an, eine Einfahrt ist bereits da. Aufzüge sind ebenfalls vorhanden, weitere lassen sich problemlos integrieren. Zudem ist dieser Erweiterungsbau der ursprünglichen Fabrik aus dem Jahr 1926 mit seinem Bauhaus-Ambiente ein über die Stadtgrenzen hinaus bekanntes und wichtiges industriegeschichtliches Zeugnis für die seinerzeit so bedeutende Schuhindustrie der Stadt“, berichtete Baierl.
Die zukünftigen Bewohner hätten ferner eine gute Anbindung an die Schnellstraße B51, die Wermelskirchen mit Burscheid verbindet und auch an die Autobahn 1. Ein altes, wunderschönes Industriegebäude, das an einem Rad- und Wanderweg liege, werde mit modernem Komfort im Inneren ausgestattet und das Flair der 1920er Jahre ausstrahlen, schwärmte der Vorstand.
Der Industriebau wurde nach Entwürfen des im Jahr 1882 in Schwäbisch Hall geborenen Architekten Heinz Groh aus dem Spezialbüro für modernen Industriebau C.T. Steinert
aus Frankfurt am Main konzipiert. So befanden sich im Kellergeschoss Lagerräume, in den darüber liegenden die Produktion. Nämlich im Erdgeschoss die Stanzerei, Zwickerei und der Zusammenstellraum, im ersten Stockwerk die Fertigmacherei, Kontrolle sowie die Boden- und Absatzbefestigung, im zweiten Stockwerk das Schäfte-Lager und die Stepperei und im Dachgeschoss das Zuschnittlager, die Hand- und Maschinen-Zuschneiderei sowie die Zuschnitt-Schablonen. Charakteristisch für den Fabrikbau sind die großzügigen Produktionsräume sowie die beiden Treppenhäuser. Baierl weiter: „Man darf nicht unterschätzen, dass die Geschichte des Schuhs und der industriellen Schuhproduktion ein Kapitel der Menschheitsgeschichte darstellt. Aufgrund der Ansiedlung solcher Produktionsstätten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sanken die Preise für gute Schuhe. Somit wurde qualitativ gutes Schuhwerk für die Masse der Bevölkerung erst erschwinglich.“
Stilistisch sei der Bau der so genannten gemäßigten Moderne zuzuordnen. Die starke Horizontalität des Gebäudes werde durch die sofort ins Auge fallenden, horizontalen Fensterbänder erzeugt. Die funktional-sachliche Architektur sei außen mit einer roten Backsteinfassade verkleidet, aus ihr blicken die zeittypischen Holzsprossenfenster heraus. Ein Vergleich mit dem berühmten Beispiel für modernen Industriebau von Walter Gropius, das Fagus-Werk, dränge sich dem Betrachter auf. Das Werk, eine Schuhleistenfabrik in Alfeld aus dem Jahr 1911 in moderner Skelettbauweise, sei heute Denkmal und Weltkulturerbe.