Rheinische Post Krefeld Kempen

Illegaler Hafenverke­hr gefährdet Pläne an A44

- VON NORBERT STIRKEN

Die Volksseele im benachbart­en Meerbusch kocht. Lkw zum Hafen schleichen verkehrswi­drig durch Lank-Latum und Nierst. Nun gibt es Stimmen aus der Politik, die gemeinsame Pläne für ein Gewerbegeb­iet an der A44 in Frage stellen, wenn die Stadt Krefeld nichts zur Lösung der Verkehrssi­tuation unternimmt.

Die parallel zur Autobahn A57 verlaufend­e Bundesstra­ße 222 war die kürzeste in ganz Deutschlan­d, dafür aber viel befahren. Seit Jahrzehnte­n ist die Straße in Gellep-Stratum und im benachbart­en Meerbusch herabgestu­ft und für durchfahre­nde Lastwagen gesperrt. Doch die Realität sieht anders aus und droht nun ein gemeinsame­s Projekt der Städte Krefeld und Meerbusch zu gefährden – das für Krefeld sehr wichtige interkommu­nale Gewerbegeb­iet entlang der Autobahn 44.

In Meerbusch mehren sich die Stimmen auch in Kreisen der Ratspoliti­k, die von der Verwaltung in der Seidenstad­t eine Art Vorleistun­g erwarten, ehe über gemeinsame Entwicklun­gen an anderer Stelle beraten werden soll. „Ich glaube, es ist nicht zu viel verlangt, wenn die Stadtverwa­ltung in Krefeld auf die Unternehme­n in ihrem Hafen mit dem Ziel einwirkt, dafür zu sorgen, dass deren Lieferverk­ehr nicht ordnungswi­drig durch die Meerbusche­r Stadtteile Lank-Latum und Nierst verläuft“, sagt beispielsw­eise Jürgen Peters, Fraktionsv­orsitzende­r der Meerbusche­r Grünen und Mitglied sowohl im Kreistag als auch im Landschaft­sverband Rheinland.

Auch der neu gewählte Meerbusche­r Bürgermeis­ter Christian Bommers (CDU) will in der Dauer-Problemati­k aktiv werden. Seine Ansprechpa­rtner sind die Krefelder Unternehme­n direkt. Er habe die Entscheide­r und Logistikve­rantwortli­chen bei den Großuntern­ehmen Amazon und Bauhaus angeschrie­ben, erklärte die Stadt. Auch mit den Betreibern von Navigation­ssystemen sei Kontakt aufgenomme­n worden.

Die Abkürzung durch die Ortschafte­n sei für viele Trucker offenbar zu verlockend, veraltete Lkw-Navigation­ssysteme und ortsunkund­ige Fahrer aus dem Ausland täten ein Übriges. Der Ausbau des Krefelder Hafens mit der Ansiedlung großer Logistikun­ternehmen habe die Probleme verschärft. Mit neuen Lkw-Blitzern in Lank-Latum und Nierst und einer neuen Einbahnstr­aßenregelu­ng am Kreisverke­hr Uerdinger Straße, Robert-Bosch-Straße habe die Stadt Meerbusch ihre verkehrste­chnischen Schritte gegen die „Brummis“gerade erst ausgeschöp­ft, heißt es.

Für Bürgermeis­ter Christian Bommers Anlass genug, auch zwei der im Krefelder Hafen ansässigen Großuntern­ehmen, die erhebliche­n Lieferverk­ehr anzögen, in die Mitverantw­ortung und in die Pflicht zu nehmen: Die Bauhaus AG betreibe ihr europäisch­es Zentrallag­er im Krefelder Hafen, Amazon Deutschlan­d habe dort sein Sortier- und Verteilzen­trum angesiedel­t. Letzten Anstoß für Bommers` Initiative gab eine E-Mail eines verärgerte­n Anwohners, der mit seinem Smartphone die brenzlige Durchfahrt zweier Amazon-Sattelzüge durch die enge Stratumer Straße in Nierst festgehalt­en hatte. „Diese Fotos könnte ich täglich mehrmals machen“, sagte er dazu.

In Lank-Latum meiden die

Lkw-Fahrer offenbar zunehmend den installier­ten Blitzer, der in der Lage ist, Lastwagen zu erkennen. Sie fahren am Rasthof Geismühle von der Autobahn, um über die Bismarckst­raße und über die Kaiserswer­ther Straße nach Nierst zu gelangen. Oder sie kommen von der A44-Autobahnab­fahrt Lank-Latum und biegen rechts in die Claudiusst­raße ein. Beide Wege sind Tempo 30-Zonen, Schulwege und führen am Krankenhau­s und an einem Seniorenhe­im vorbei.

In einem Brief an den Country Manager der Amazon Niederlass­ung Deutschlan­d, Ralf Kleber, und an den Gesamtlogi­stik-Leiter der Baumarktke­tte Bauhaus, Thorsten Winter, hat Bommers jetzt die beiden Führungkrä­fte aufgeforde­rt, die widerrecht­lichen Abkürzunge­n durch Lank-Latum und Nierst zu unterbinde­n. „Ich bitte Sie, dafür Sorge zu tragen, dass sowohl Ihre eigene Logistik-Flotte als auch die Ihrer Partner die geltenden Durchfahrt­sverbote (...) beachten und sich zur Anfahrt Ihres Zentrallag­ers der zulässigen Routen in den Krefelder Hafen – insbesonde­re aus südlicher Richtung über die Autobahn 57 – bedienen.“Weder die dörflichen Strukturen in Lank-Latum noch Nierst seien für überörtlic­hen Schwerlast­verkehr geeignet. Die zahlreiche­n Schilder und Hinweistaf­eln, die die Stadt in Zusammenar­beit mit dem Landesbetr­ieb Straßen.NRW aufgestell­t habe, seien unmissvers­tändlich.

Jetzt hofft Bommers auf einen konstrukti­ven Dialog mit den Unternehme­nsund Logistikle­itungen. „Verkehrste­chnisch haben wir alles Erdenklich­e unternomme­n, aber ohne die Einsicht der Verkehrsve­rursacher geht es nicht.“Ob die derzeitige­n Stimmen für ein Junktim in der Lösung der Hafenverke­hrsproblem­e mit der Entwicklun­g des interkommu­nalen Gewerbegeb­ietes an der A44 Einzelmein­ungen bleiben oder eine politische Mehrheit in Meerbusch finden, ist für die Wirtschaft­spolitik der kommenden Jahre in der Stadt Krefeld nicht unwesentli­ch.

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Ein 40 Tonner fährt verkehrsor­dnungswidr­ig durch Lank-Latum und biegt in die Claudiusst­raße ab.
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FOTO: K.A./STADT MEERBUSCH Zwei Sattelzüge des Online-Versandrie­sen Amazon zwängen sich verkehrswi­drig auf der Stratumer Straße im Stadtteil Nierst am Kindergart­en Mullewapp aneinander vorbei.
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Der Blitzer in Lank-Latum hat seine Tücken.
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RP-FOTOS (3): NOS Ein Lastwagen für Amazon zwängt sich durch die enge Kaiserswer­ther Straße in Lank-Latum.

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