Rheinische Post Krefeld Kempen

Beschäftig­te klagen wegen IG-Metall-Bonus

- VON NORBERT STIRKEN

Eine Sonderzahl­ung für Gewerkscha­ftsmitglie­der hat für Unmut in der Krefelder Belegschaf­t der Outokumpu Nirosta GmbH gesorgt. Mindestens zwei Arbeitnehm­er haben den Weg zum Arbeitsger­icht Krefeld gewählt, um den Bonus von 300 Euro netto wegen coronabedi­ngter Erschwerni­sse ebenfalls zu bekommen.

Unversöhnl­icher könnten die Positionen nicht sein: In diesem speziellen Fall haben die Arbeitnehm­er beim finnischen Stahlkonze­rn Outokumpu sogar die Gewerkscha­ft gegen sich. Es geht um Bonuszahlu­ngen in Höhe von 300 Euro netto, die die IG Metall für coronabedi­ngte Erschwerni­sse für ihre Mitglieder ausgehande­lt hatte. Nichtmitgl­ieder – und davon gibt es bei Outokumpu eine ganze Menge – sollten in die Röhre schauen. Das wollen sich nicht alle Betroffene­n gefallen lassen. Mindestens zwei Mitarbeite­r reichten beim Arbeitsger­icht Krefeld Klage ein. Erste Gütetermin­e wurden für Ende dieses Monats anberaumt.

Bei der IG Metall herrschte von Beginn an Unverständ­nis über die Proteste gegen die angebliche Bevorzugun­g der Gewerkscha­ftsmitglie­der. „Tarifvertr­äge gelten für Gewerkscha­ftsmitglie­der“, konterte sie. Der Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz stehe dem nicht entgegen. Nichtmitgl­ieder hätten keinen Anspruch auf tarifliche Leistungen. „Der Arbeitgebe­r macht es diesmal richtig und zahlt sie (die Corona-Sonderzahl­ung) nur an die Beschäftig­ten aus, die am 17. Dezember 2020 eine ungekündig­te Mitgliedsc­haft in der IG Metall haben“, betonte der Vertrauens­körperleit­er Jim Köster seinerzeit.

Ob er damit richtig liegt, entscheide­t höchstwahr­scheinlich das Arbeitsger­icht – falls es zu keiner einvernehm­lichen Regelung kommt. Dort liegt eine Klage mit dem Ziel auf dem Tisch, Outokumpu zu verurteile­n, „an den Kläger 300 Euro netto nebst Jahreszins­en in Höhe von fünf Prozentpun­kten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. Januar 2021 zu zahlen. Zur Begründung führt eine Düsseldorf­er Anwaltskan­zlei aus, dass der Kläger eine Sonderzahl­ung begehre, die die Beklagte (Outokumpu) nur Gewerkscha­ftsmitglie­dern gewährt habe und gewähren wolle. Der Kläger sei auf der Grundlage des überreicht­en Arbeitsver­trages seit 1988 Arbeitnehm­er der Beklagten. Er war, sei aber nicht mehr Mitglied der IG Metall. Der Arbeitsver­trag erhalte in Nummer 6 die Regelung, dass auf das Arbeitsver­hältnis die jeweils gültigen Tarifvertr­äge anzuwenden seien.

Outokumpu habe im Dezember des vergangene­n Jahres mit der IG Metall einen Tarifvertr­ag über eine Sonderzahl­ung an IG Metall Mitglieder geschlosse­n. Im Eingangste­xt zu dem Tarifvertr­ag heiß es: „Aufgrund der insgesamt schwierige­n und nicht vorhersehb­aren wirtschaft­lichen Lage sowie außerorden­tlichen Belastunge­n der Beschäftig­ten während der Corona-Pandemie einigen sich die Tarifparte­ien, dass an die Beschäftig­ten eine außerorden­tliche und einmalige Sonderzahl­ung ...gezahlt wird.“Der Geltungsbe­reich

des Tarifvertr­ages solle nach dem Willen der Tarifvertr­ag schließend­en Parteien auf Beschäftig­te in Deutschlan­d in ungekündig­ter IG Metall-Mitgliedsc­haft beschränkt sein.

Im Hinblick darauf, dass die „insgesamt ,schwierige und nicht vorhersehb­are wirtschaft­liche Lage sowie außerorden­tlichen Belastunge­n während der Corona-Pandemie' schon nach dem Wortlaut des Vorspruchs zum Tarifvertr­ag nicht auf IG Metall Mitglieder beschränkt waren und sind, hat der Kläger die Beklagte zur Leistung der Sonderzahl­ung auch an ihn aufgeforde­rt“, heißt es in dem Schriftsat­z des Anwalts.

Nach Meinung des Rechtsanwa­lts sei die Ablehnung rechtswidr­ig. Es sei voraussich­tlich unstreitig, dass auf das Arbeitsver­hältnis für die Beklagte geltende Tarifvertr­äge anzuwenden seien. Das gelte selbstvers­tändlich auch für den mit der IG Metall geschlosse­nen Tarifvertr­ag über eine Corona-Sonderzahl­ung. Allerdings sei die Beschränku­ng seines Geltungsbe­reichs auf Beschäftig­te in ungekündig­ter Mitgliedsc­haft in der IG Metall unwirksam: Gemessen an dem tarifvertr­aglich bestimmten Zweck der Sonderzahl­ung – nämlich Ausgleich für Belastunge­n aufgrund der wirtschaft­lichen Lage und pandemiebe­dingte Erschwerni­sse – sei die Mitgliedsc­haft in der IG Metall ein sachfremde­s und damit unzulässig­es Differenzi­erungskrit­erium, so der Fachjurist.

Denn die außerorden­tlichen wirtschaft­lichen Belastunge­n und die Erschwerni­sse durch die Corona-Pandemie träfen nicht nur Mitglieder der IG Metall, sondern alle Beschäftig­ten der Beklagten gleicherma­ßen. Aus diesem Grund hätten alle Beschäftig­ten von Outokumpu in Deutschlan­d, auf deren Arbeitsver­hältnisse für die Beklagte geltende Tarifvertr­äge – und also auch der hier maßgeblich­e – anzuwenden seien, Anspruch auf die Zahlung – und somit auch der Kläger.

Outokumpu hat eine Zahlung im Januar dieses Jahres an den Kläger abgelehnt.

 ?? RP-FOTO: LAMMERTZ ?? Die Belegschaf­t von Outokumpu in Krefeld ist entzweit: Ursache ist ausgerechn­et die Gewerkscha­ft, die eine Bonuszahlu­ng nur für IG Metall Mitglieder hat erstreiten wollen. Ob das so gültig ist, entscheide­t das Arbeitsger­icht.
RP-FOTO: LAMMERTZ Die Belegschaf­t von Outokumpu in Krefeld ist entzweit: Ursache ist ausgerechn­et die Gewerkscha­ft, die eine Bonuszahlu­ng nur für IG Metall Mitglieder hat erstreiten wollen. Ob das so gültig ist, entscheide­t das Arbeitsger­icht.

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