Rheinische Post Krefeld Kempen
Wie Krefelds Wirtschaft zur Nachhaltigkeit forscht
Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährt, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, als gegenwärtig lebende. So lautet eine Definition von Nachhaltigkeit. Was unternehmen Krefelder Betriebe, um dieser gesellschaftlichen Anforderung gerecht zu werden? Ein Überblick zeigt – es ist eine ganze Menge.
Stillstand ist Rückschritt. Das gilt für die Krefelder Unternehmen im globalen Wettbewerb besonders. Umweltschutz, Klimaschutz, Nachhaltigkeit spielen eine immer stärkereRolle – nicht nur aus Marketinggründen. Überzeugungen, Wirtschaftlichkeit, Zukunftsperspektiven und auch Ethik spielen dabei eine wichtig Rolle. Unternehmen in Krefeld haben die Herausforderung zum Teil schon vor etlichen Jahren angenommen und sind auf dem Weg klimaneutral und nachhaltig zu produzieren bereits ein gutes Stück alleine oder mit Partner aus Forschung und Wissenschaft vorangekommen.
Wir liefern einige exemplarische Beispiele:
Im Chempark Uerdingen: Die geplante Sanierung des Kraftwerks folge der Currenta-Nachhaltigkeitsstrategie für die Energiewende. „Wir wollen und werden im Zuge dieser Strategie weitere substanzielle Beiträge zur Transformation der europäischen Industrie hin zur Treibhausgasneutralität bis 2050 leisten. Die Kraftwerks-Modernisierung in Uerdingen stellt dabei einen wichtigen Zwischenschritt dar“, sagt Currenta-Chef Frank Hyldmar. „Wir wissen: Das ist ein ambitioniertes Ziel, das ein Unternehmen unserer Größenordnung nicht von heute auf morgen erreichen kann, sondern nur schrittweise. Wir werden deshalb weiter konsequent in Nachhaltigkeit und Umwelt investieren – an allen drei Chempark-Standorten Krefeld, Dormagen und Leverkusen“, so Hyldmar weiter.
„Wir freuen uns sehr, dass unser Mireo-Zug die Kategorie Vorreiter des Deutschen Nachhaltigkeitspreises Design gewonnen hat. Der Mireo verbindet Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit und zeichnet sich durch ein sehr komfortables, barrierefreies Reiseerlebnis für die Fahrgäste aus. Darüber hinaus bieten die Varianten Mireo Plus H (Verwendung von Wasserstoff aus der Elektrolyse) und Mireo Plus B (Verwendung von Batterien) Betreibern die Möglichkeit, auf klimafreundliche Alternativen umzustellen – und so aktiv die Umwelt zu schützen“, erklärte Albrecht Neumann, CEO Rolling Stock bei Siemens Mobility. Der Mireo verbinde hohe Energieeffizienz mit Minimierung des Ressourceneinsatzes über den gesamten Lebenszyklus und erreiche damit eine beeindruckende Wirkung in den Transformationsfeldern Klima und Ressourcen. Gleichzeitig steigere die Bereitstellung eines umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Zuges in Verbindung mit dem innovativen Design die Attraktivität des Zugverkehrs für Fahrgäste und fördere damit die gesellschaftliche Entwicklung hin zum Zugverkehr, der im Gegensatz zu anderen Verkehrsmitteln eine weit nachhaltigere Art der Mobilität darstelle. betonte eine Sprecherein.
Mit der Suche nach Antworten beschäftigen sich Professor Nicolas Beucker und Clemens Brück vom Fachbereich
Design der Hochschule Niederrhein im Rahmen eines transdisziplinären Forschungsprojekts. Sie sind an einem Projekt mit dem sperrigen Namen „Obsolete Stadt – Raumpotenziale für eine gemeinwohlorientierte, klimagerechte und ko-produktive Stadtentwicklungspraxis in wachsenden Großstädten“beteiligt. Obsolet bedeutet überflüssig. Infrastrukturen, Immobilien, Grundstücke und damit zusammenhängende Geschäftsmodelle, Logiken und Prozesse verlieren ihre ursprüngliche Bedeutung. Das Risiko für Liegenschaften, obsolet zu werden, steigt. Die Gefahr von Leerständen und un- sowie untergenutzten Flächen in ansonsten wachsenden Großstädten steigt. „Ein Beispiel ist, dass Urnenbegräbnisse immer mehr bevorzugt werden. Dadurch ändert sich der Flächenbedarf für Friedhöfe“, sagt Beucker, Professor für Public und Social Design.
„Die Tongji-Universität ist für uns seit mehr als zehn Jahren ein wichtiger Partner zur Ausbildung junger Talente und in der Weiterentwicklung innovativer wie nachhaltiger Materiallösungen für China“, erklärt Christian Hässler, verantwortlich für den Bereich Nachhaltigkeit. „Unser erster Besuch bei Covestro hat die Studenten und mich sehr beeindruckt. Es ist deutlich zu sehen, wie sehr Nachhaltigkeit und Innovation in die täglichen Abläufe des Unternehmens integriert sind“, kommentiert Prof. Dr. Qiu Jun, stellvertretender Dekan für Lehre und internationale Angelegenheiten an der Fakultät für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen der Tongji-Universität.“Sie begleitet die Entwicklung innovativer Anwendungen für Schlüsselindustrien wie Mobilität und Bau in China. Covestro hat sich schon vor Jahren der Kreislaufwirtschaft verschrieben. Sportschuhe etwa aus dem Kunststoffe Polyurethan sind komplett recyclebar.
Der gestärkte Vertrieb solle sich vor allem um den Verkauf des Grünen Stahls kümmern. Die Elektroöfen, in denen Schrott eingeschmolzen wird, würden komplett mit regenerativer Energie betrieben. Aktuell seien bereits 10.000 Tonnen verkauft worden, und die Edelstahlwerke hinter Georgmarienhütte an zweiter Stelle, was Green Steel anbetreffe. „Unser grüner Stahl ist in der CO2-Bilanz zwanzigmal günstiger als der Durchschnittsstahl auf der Welt“, berichtete Gesamtbetriebsrat Ralf Peine.
In Krefeld betreibt Lanxess das größte Werk für Eisenoxid-Pigmente weltweit. Umfassende Investitionen in Kapazitätserweiterungen und Prozessoptimierungen aber auch in den kontinuierlichen Ausbau umweltschonender Produktionstechnologien unterstreichen dies. Aufgrund des Laux-Prozesses habe die Produktionsanlage in Uerdingen bereits heute eine ausgezeichnete CO2-Bilanz, betonte ein Sprecher. Denn bei diesem speziellen chemischen Verfahren werde die entstehende Reaktionswärme für die Erzeugung von Dampf genutzt, der dann wiederum in nachfolgenden Prozessschritten eingesetzt werde. „Unser Ziel ist es, den CO2-Footprint unserer Pigmente stetig durch gezielte Maßnahmen zu reduzieren. Dabei spielt zukünftig auch die energetische Nutzung von Wasserstoff eine gewichtige Rolle, der während des Produktionsprozesses unserer Pigmente anfällt und als Ersatz für fossile Brennstoffe genutzt werden kann“, so Hüppeler. Bis 2040 will der Konzern klimaneutral werden und seine Treibhausgas-Emissionen von derzeit rund 3,2 Millionen Tonnen CO2 abbauen.
Die Messer-Group baut eine neue, vollautomatisierte CO2-Rückgewinnungsanlage im französischen Lacq. Die Anlage könne ferngesteuert betrieben werden und sei Teil der langfristigen Unternehmensstrategie von Messer, informierte eine Sprecherin. „Wir möchten unsere Kohlendioxid-Quellen weiter diversifizieren und so eine zuverlässige Gaseversorgung unserer Kundschaft gewährleisten“, betonte Stefan Messer, Eigentümer und Chef der Messer Group GmbH, und ergänzt: „Mit der neuen Anlage können wir den steigenden Bedarf unserer Kundschaft in Frankreich decken und unterstützen gleichzeitig den Ausbau unseres CO2-Geschäfts in Nordspanien.“Dank seiner Eigenschaften sei Kohlendioxid ein vielseitig einsetzbares Gas, das unter anderem in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, der Pharmazie, der Chemischen Industrie, der Wasseraufbereitung und der Papierindustrie verwendet werde, berichtete eine Sprecherin. „Der Einsatz von CO2 bietet sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile für viele Prozesse und hilft unserer Kundschaft, sich den Herausforderungen ihrer Märkte zu stellen“, erklärt Stefan Messer.
Das Thema Wasserstoff als grüner Energieträger hat Krefeld erreicht. Immer mehr Unternehmen kümmern sich um ihren ökologischen Fußabdruck und wenden sich der Zukunftstechnologie Wasserstoff zu. Nun kündigte der Industriegasehersteller Messer mit Kompetenzzentrum sowie Verwaltungsund Verkaufs-Niederlassung in Krefeld seine Vermarktungsoffensive für grünen Wasserstoff an. Expertinnen und Experten von Messer würden zurzeit an neuen Anwendungen für den Einsatz von erneuerbarem Wasserstoff und des Nebenprodukts Sauerstoff arbeiten, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Messer engagiere sich weltweit im Bereich „Grüner Wasserstoff“. Grüner Wasserstoff entstehe in Elektrolyseanlagen durch die Umwandlung von erneuerbarem Strom zu grünem Wasserstoff. Bei der Herstellung werde Wasser mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt, so auch in der Power-to-Gas-Anlage der Energie Baden-Württemberg AG in Grenzach-Wyhlen.
Das Unternehmen ist dabei, wenn es um die Motorentechnik der Zukunft geht. Diesel-Kraftstoff ist in Verruf geraten. Emissionsarme synthetische Treibstoffe sind eine Alternative. Das wollen die Europäische Union, das Bundeswirtschaftsministerium und RWE Power als Auftraggeber genauer wissen. Den praktischen Teil erledigten die Krefelder mit Unterstützung des Lehrstuhls für Verbrennungskraftmaschinen Aachen. Dimethylether (DME) ist der Dieselersatz-Treibstoff, der hergestellt und erprobt wird. Der emissionsarme synthetische Kraftstoff aus regenerativ erzeugtem Wasserstoff und recyceltem Kohlendioxid hat das Potenzial, Diesel in Fahrzeugen sowie in Notstrom- und Spitzenlast-Erzeugungsanlagen zu ersetzen. Henkelhausen hat den Prototyp einer DME-betriebenen Stromerzeugungsanlage in Containerbauweise gebaut. Dimethylether besitze eine hohe Energiedichte und verbrenne quasi rußfrei.
„Unser flüssiges Bio-Propangas enthält acht Moleküle Wasserstoff und drei Moleküle Kohlenstoff. In der Brennstoffzelle reagiert der Wasserstoff unter Zufuhr von Sauerstoff. Die dabei entstehende Energie nutzen wir. Zurück bleiben Wasser und CO2. Das Wasser ist sogar trinkbar. Das Kohlendioxid fällt in weit geringerem Maße an als bei der Verbrennung fossiler Energieträger, sagte Jobst Dietrich Diercks, Geschäftsführer der Primagas AG.
Air Liquide, Spezialist für technische Gase, ist in Krefeld am Fütingsweg und im Hafen vertreten und baut seinen Standort an der Bataver Straße aus. Das französische Unternehmen will mit Siemens Energy seine Kompetenzen auf dem Gebiet der Elektrolyse-Technologie bündeln. Dazu haben die beiden Partner eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Es ist vorgesehen, die Aktivitäten auf folgende Schlüsselbereiche zu konzentrieren: Zum einen sollen große Wasserstoff-Projekte im industriellen Maßstab in Zusammenarbeit mit Kunden entwickelt werden. Außerdem wollen die beiden Unternehmen den Grundstein für eine Serienfertigung von Elektrolyseuren in Europa legen, mit einem Schwerpunkt auf Deutschland und Frankreich.
Die Stadtwerke (SWK) planen, eine Anlage zur Produktion von Wasserstoff zu bauen und mit dem daraus gewonnen Wasserstoff ab 2024 Busse und Abfallsammelfahrzeuge der Gesellschaft für Städtereinigung und Abfallwirtschaft Krefeld (GSAK) zu betanken. Die Anlage soll mit Strom betrieben werden, der aus der Müllund Klärschlammverbrennungsverbrennungsanlage (MKVA) gewonnen wird.
Interface im MIes-van-der-Rohe-Business-Park: Die Interface Deutschland GmbH mit Sitz an der Girmesgath dreht den Spieß um: Statt Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre freizusetzen und damit der weiteren Erderwärmung Vorschub zu leisten, entwickelt es Produkte, die CO2 in Form von Kohlenstoff speichern. „Wir drehen die Art und Weise, wie wir Produkte designen und herstellen, auf den Kopf und hoffen, andere so zu inspirieren und einen wirklichen Wandel mitzugestalten. Diesen Weg werden wir auch mit unserer neuen Teppichfliesenkollektion Embodied Beauty einschlagen, die drei CO2-negative Produktvarianten enthält“, berichtet Mara Linn Becher Regional-Managerin für Deutschland, Österreich und die Schweiz.Die CO2-negativen Materialien führten in Kombination mit speziellen Garnen und Tufting-Verfahren erstmals zu CO2-negativen Teppichfliesen, berichtete eine Unternehmenssprecherin.
Der finnische Stahlkonzern mit Werk in Krefeld an der Oberschlesienstraße nimmt an einem umfangreichen Forschungsprogramm teil, um den Weg zur CO2-Neutralität zu unterstützen. Bei dem dreijährigen Projekt geht es um kohlenstoffneutrale Metalle. Das Forschungsprogramm sei ein wichtiger Schritt auf Outokumpus Weg zur CO2-Neutralität, berichtete ein Unternehmenssprecher. Es ermögliche Outokumpu, die notwendigen Technologien zu untersuchen und zu entwickeln, um ehrgeizige Klimaziele zu erreichen und Outokumpus nach eigenen Angaben branchenführende Position in Sachen Nachhaltigkeit zu unterstützen. Juha Erkkilä, Leiter der Gruppe Nachhaltigkeit, Exzellenz und Zuverlässigkeit bei Outokumpu, erklärt: „Das Programm unterstützt die Grundlagenforschung, die für die Implementierung und Entwicklung von Technologien erforderlich ist, die Outokumpu dabei helfen, die CO2-Emissionsintensität in allen Bereichen zu reduzieren. Durch die Zusammenarbeit mit einem Konsortium können die besten Forschungsressourcen genutzt und Zugang zu Technologien gewährt werden, die außerhalb unserer derzeitigen Möglichkeiten liegen.“
Großen Wert legt das Unternehmen auf Nachhaltigkeit. So erfolgt die Zustellung zu den Kunden ausschließlich mit schmalen Elektrofahrzeugen, die den Straßenverkehr so wenig wie möglich belasten und auch beim Parken nicht behindern. Durch die genaue Beschaffung von bestellten Produktmengen werden Lebensmittelabfälle vermieden. Pfandflaschen und die verwendeten Tüten aus Zuckerrohr werden von Picnic-Runnern wieder zurückgenommen. Aktuell beschäftigt das Unternehmen in Nordrhein-Westfalen rund 300 Mitarbeiter.