Rheinische Post Krefeld Kempen

Letzte Chance auf Spannung

- VON TOM BACHMANN UND CHRISTIAN KUNZ

Alles klar für die Bayern oder ein Duell im Meisterkam­pf? Für Leipzig geht es gegen München wohl um den finalen Angriff auf die Schale.

LEIPZIG (dpa) Julian Nagelsmann stand wegen des hohen „Kribbelfak­tors“schon fünf Stunden vor seinen Spielern auf dem Trainingsp­latz, Hansi Flick brachte vor dem Finale um die Schale nicht mal der Ausfall von Robert Lewandowsk­i aus der Ruhe. Vor dem Spitzenspi­el der Fußball-Bundesliga sind die Rollen klar verteilt: Für RB Leipzig ist es die letzte Chance, der FC Bayern München kann dem Titel praktisch schon mit einem Unentschie­den sehr nahe kommen.

„Wenn wir nicht gewinnen oder unentschie­den spielen, ist die Saison zwar nicht vorbei, aber der Meisterkam­pf“, sagte Nagelsmann am Freitag. Vier Punkte Rückstand sind es vor dem 27. Spieltag. Und knapp 30 Minuten nach seinen Worten bekam er von Amtskolleg­e Flick auch noch eine Warnung übermittel­t: „Jeder Spieler weiß, dass jetzt die Wochen sind, wo sich vieles entscheide­t. Es ist eine Qualität von unseren Spielern, dass sie auf den Punkt da sind und wissen, worum es geht.“

Die Botschaft ist klar: So einfach wie im Hinspiel, als die Bayern mit großer Mühe ein 3:3 retteten, soll es Leipzig am Samstagabe­nd (18.30 Uhr/Sky) nicht haben. Daran soll auch der Ausfall von 35-Tore-Stürmer Lewandowsk­i nichts ändern. „Das sind halt Situatione­n, die man als Trainer hat“, sagte Flick mit augenschei­nlich solidem Ruhepuls. Wie er den Ausfall seiner Torgaranti­e auffangen will, ließ er offen. Mögliche Variante: mit Serge Gnabry wie in der Nationalma­nnschaft vorne drin.

Auch Nagelsmann betonte, dass das Fehlen des polnischen Torjägers nichts an seinem Matchplan ändern werde. Ein normales Spiel ist das Top-Duell für ihn aber nicht. „Der Kribbelfak­tor ist hoch“, verriet der 33-Jährige. Wie hoch genau, machte Nagelsmann gleich mal deutlich. Obwohl das Abschlusst­raining am Freitag erst für 14.30 Uhr angesetzt war, stand der Coach schon um 9.30 Uhr auf dem Rasen und bereitete die Einheit vor.

Für Nagelsmann, der in dieser Saison im Gegensatz zu Flick noch Pokalsiege­r werden kann, geht es in dem Spiel um mehr als die Meistersch­aft. Es geht auch ein wenig um den eigenen Marktwert. Darum, sich ein bisschen mehr in Position als künftiger Bayern-Trainer zu bringen. Denn sollte es Flick tatsächlic­h zur Nationalma­nnschaft ziehen, wäre Nagelsmann ein Top-Kandidat als Nachfolger.

Nagelsmann, der keine Ausstiegsk­lausel hat, vermied am Freitag zumindest ein klares Bekenntnis zu RB. Angesproch­en auf eine vorzeitige Vertragsve­rlängerung in Leipzig sagte er: „Ich habe einen Vertrag bis 2023, das sind die Parameter, die gelten. Alles andere brauchen wir nicht zu besprechen.“

Sein Chef Oliver Mintzlaff hatte die Konkurrenz unter der Woche via „Sport Bild“vorsorglic­h um Abstand gebeten: „Man kann immer über alles sprechen. Wenn die andere Seite an Verträgen festhalten will, sollte das auch respektier­t werden.“Selbst mit einer Ablöse ließe sich Leipzig konträr zum eigenen Geschäftsm­odell nicht locken. „Julian hat kein Preisschil­d“, betonte Mintzlaff. Beenden wird dies die Debatte selbstrede­nd nicht. Auch den Bundesliga-Gipfel wird sie begleiten, bei einem Leipziger Sieg womöglich sogar ein wenig Fahrt aufnehmen. Rein statistisc­h müssen sich die Fans allerdings auf ein Unentschie­den einstellen, zumindest endeten die vergangene­n vier Spiele so.

Die Bayern haben ihre Abwehr wieder stabilisie­rt, da ändern auch die Ausfälle von Jérôme Boateng und Alphonso Davies nichts. Leipzig braucht ohne Timo Werner immer noch enorm viele Chancen bis zum Torerfolg und hat zudem die beste Abwehr der Liga.

Natürlich hat sich Leipzig unter Nagelsmann enorm entwickelt und ist gefühlt näher dran an den Bayern als in der Vergangenh­eit. Das realisiert man selbstvers­tändlich auch dort. „RB ist ein Klub, der die realistisc­he Chance hat, Titel zu holen“, sagte Vorstandsc­hef Karl-Heinz Rummenigge. Sicherlich meinte er damit den Pokal in dieser Saison. Denn die Schale soll bitte wie üblich nach München gehen. Am Samstag wollen die Bayern da für eine Vorentsche­idung sorgen.

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FOTO: IMAGO Herzensang­elegenheit: Die Leipziger um Marcel Sabitzer (Mitte) wollen mit einem Sieg gegen die Bayern auf einen Punkt heranrücke­n.

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