Rheinische Post Krefeld Kempen
Krefelder Hase hat einen Bruder in Mexiko
Corona-Hase „Hannibal“und die Drachen im Textilmuseum inspirieren die mexikanische Künstlerin Maria Irma Romero Nieto.
Hannibal hat Post bekommen: einen dicken Umschlag aus Übersee. Zauberhafte Aquarelle einer mexikanischen Künstlerin steckten darin - alles Hasen. Natürlich. Denn Maria Irma Romero Nieto hatte sich vom Krefelder Corona-Hasen Hannibal inspiriert gefühlt und zu Pinsel und Farbe gegriffen. Nun hat Hannibal einen lateinamerikanischen Bruder: Aníbal. Die Verbindung von Krefeld in die mexikanische Millionenstadt Guadalajara, und was das Deutsche Textilmuseum und ein Windgott der Azteken damit zu tun haben, ist eine Geschichte, die vielleicht ohne Corona gar nicht hätte erzählt werden können.
Sie beginnt im Frühjahr 2020: Der Krefelder Hase Hannibal ist während des ersten Lockdowns in die Welt gekommen. Er sollte ein lustiges Kerlchen zum Ausmalen für Kinder werden, eine Gute-Laune-Macher. Doch schnell war klar, dass auch der Osterhase sich den ständig neuen Regeln des Lebens in Pandemiezeiten stellen müsste: Mundschutzmasken, Distanz, Lockdown, Ferien nur auf dem eigenen Sofa... Die Krefelder Künstlerin Mauga hat fantasievolle Szenen gezeichnet, die sich zu einem Aus- und Weitermalbuch entwickelten. In die Geschichte von dem kleinen Hasen, der sich mutig den Herausforderungen der Zeit stellt und zum Corona-Helden wird, floss eine Ausstellung im Deutschen Textilmuseum ein, die nun ab Dienstag wieder - unter den Corona-Bedingungen - zu sehen ist: „Drachen aus goldenen Fäden“mit kostbaren Textilien aus Asien. Auf einem prachtvollen chinesischen Gewand ist ein Mondhase zu sehen: Wer dort in den Mond schaut, meint, einen Hasen mit einer Schale und einem Stößel zu erkennen. In der fernöstlichen Mythologie hat der Hase eine Medizin gemörsert, um die Menschen auf der Erde von einer Epidemie zu heilen.
Das kam Maria Irma Romero Nieto bekannt vor. In Mexiko kennt man die Legende vom Hasen als Retter in der Not ebenfalls. Dort ist der Aztekengott Quetzalcóatl auf die Erde gekommen, um eine Zeit lang als Mensch zu leben. Nach einer Reise ist er zu Tode erschöpft und sterbenshungrig, als ihm ein Hase begegnet. Der Hase - Symbol der
Wiedergeburt - bietet dem Windgott, der in der Mythologie als bunt gefiederte Schlange dargestellt wird, an, ihn zu verspeisen, um nicht zu verhungern. Quetzalcóatl ist beeindruckt von so viel Selbstlosigkeit, aber bringt es nicht übers Herz, das Langohr zu töten. Als Geste seiner immerwährenden Dankbarkeit hebt der Windgott den Hasen in den
Mond - wo seine Konturen in klaren Vollmondnächten noch immer zu sehen sind. Zumindest von denen, die genügend Fantasie besitzen.
„Das schafft ja eine ganz wunderbare Verbindung“, findet Annette Schieck, Leiterin des Textilmuseums. Denn an die asiatische Pracht-Ausstellung soll sich eine Schau mit peruanischen Gewändern und Stoffen anschließen.
Maria Irma Romero Nieto hat Hannibals Geschichte übers Internet entdeckt, in einem Video mit Lesung und Malerei, das fürs Textilmuseum und das Lockdown-Stream-Programm der Stadt entstanden ist. Da hat die Mexikanerin auch die Krefelder Künstlerkollegin Mauga bei der Arbeit gesehen. Und einiges verbindet sie - beide malen vorzugsweise draußen, auf der Straße, in der Natur, unter Menschen. Sie sind aufmerksame Beobachter von feinen Nuancen, die sie dann auf die Leinwand bringen.
Wo die Krefelderin die Linie frei fließen lässt, malt die Mexikanerin naturalistischer. Blumenverkäufer im Dunst von Autoabgasen, Gesichter und Hände, die von hartem Leben erzählen, wirken naturgetreu und sind doch manchmal bis ins Surreale interpretiert: Magischer Realismus auf Aquarelle übertragen. Maria Irma Romero Nieto ist in Guadalajara geboren und zeichnet seit ihrer Kindheit. Eine Lehrerin am College hat sie zum Kunststudium gebracht. Die Künstlerin gehört dem Künstlerkollektiv Chapultepec an und ist Koordinatorin der Galeria Urbana.
Ihre Motive sucht sie mit Vorliebe auf der Straße: Gesichter, die sie ansprechen, Bewegungen und Körperhaltungen, die etwas über den Charakter ahnen lassen, Augen, in denen man versinken möchte, trotz der Befangenheit, man könne den Schicksalen zu nahe kommen. Da paart sich die exquisite Beobachtungsgabe der Malerin mit feinem Gespür. Manchmal haben die Farben auch Fiesta, da leuchten folkloristische Motive - wie der Gallische Hahn charmant und mit heiterer Gelassenheit. Ihre AnibálAquarelle gehören zu diesen visuellen Stimmungsaufhellern. prachtvoll,