Rheinische Post Krefeld Kempen

Zartes Blöken zu Ostern

- VON BIANCA TREFFER

Auf Gut Heimendahl in Kempen sorgen derzeit die Lämmer in den Schafherde­n für ein österliche­s Bild. Seit Mitte November sind schon 200 Lämmer geboren worden. Der Arche-Hof erhält lebendiges Kulturgut in Reinzucht.

KEMPEN Die Beinchen sind noch etwas wackelig, der Gang noch ein bisschen staksig. Doch nur wenige Stunden nach der Geburt geht das Lämmchen, eng an das Muttertier geschmiegt, mit den anderen 120 Schwarzkop­f-Schafen über die Wiese von Gut Heimendahl. Ein langgezoge­ner Ruf von Lukas Stachowiak hat die Tiere in Richtung Offenstall in Bewegung gesetzt. Den frisch geborenen Nachwuchs hat der Schäfer des Gutes sofort entdeckt. „Muttertier und Lämmchen nehme ich gleich mit in den Stall. In den ersten Tagen ist es für die Lämmer einfach besser, im Stall zu sein. Und die Muttertier­e freuen sich über ein wenig Kraftfutte­r, das sie dann bekommen“, sagt Stachowiak, der gerade mit dem Kastellan des Gutes, Andreas Cohrs, einen seiner täglichen Gänge entlang der Schafswies­en macht, um nach weiteren Lämmern Ausschau zu halten.

Dabei ist die Osterzeit gar nicht die Hochsaison für Geburten. Schafe bekommen ihren Nachwuchs nämlich nicht zur Osterzeit, wie viele Menschen glauben. Die Hauptmonat­e für die Geburten sind Dezember und Januar. Auf Gut Heimendahl erblickte das erste Lämmchen schon Mitte November das Licht der Welt. Inzwischen sind knapp 200 Jungtiere von den insgesamt 270 Mutterscha­fen geboren worden. „Die Schafe sind sehr selbststän­dig, auch beim Lammen. Trotzdem sind jeden Tag und jede Nacht Kontrollen nötig. In den Hochmonate­n geht es ganze Nächte über die Wiesen“, sagt Cohrs.

Die alten Haustierra­ssen auf Gut Heimendahl leben in einer Offenstall­haltung, sommers wie winters. Kälte macht den Schafen weniger aus, als wenn Regenwette­r und Wind herrschen. In einer klaren Frostnacht oder bei Schnee sind die Schafe oft auf den Wiesen zu sehen, wo sie unter dem Sternenhim­mel schlafen. Regnet es hingegen, peitscht der Wind, dann bevorzugen die Tiere die Unterständ­e. Neugeboren­e Lämmer müssen zu ihrem Schutz aber immer zuerst für einige Tage in den Stall - egal wie das Wetter ist. „Gerade in der Hochsaison gehe ich Nacht für Nacht die Wiesen mit einer Fackel ab“, erzählt Stachowiak. „Die Neugeboren­en kommen mit ihren Müttern in den Tierhänger und werden zum Stall gefahren.“ Auch Zwillingsg­eburten sind bei Schafen keine Seltenheit.

Immer mal wieder kommt es vor, dass Lämmer mit der Flasche aufgezogen werden müssen. Dafür kann es verschiede­ne Gründe geben. „Es kann vorkommen, dass ein Mutterscha­f, das zum ersten Mal gelammt hat, den Nachwuchs nicht annimmt, weil es gar nicht versteht, was los ist“, erklärt Hannes von Heimendahl. Bei Drillingen ist es hingegen so, dass das kleinste Lämmchen oft von den beiden kräftigere­n Geschwiste­rn nicht an die mütterlich­e

Milchquell­e gelassen wird und einfach zu wenig Nahrung bekommt. Auch dann wird eine Flasche mit Sauger und eigens angerührte­m Milchpulve­r eingesetzt. Gerade die Jakobsscha­fe sind typische Kandidaten für Drillingsg­eburten. Selten kommt es zudem vor, dass ein Muttertier keine Milch gibt, weil es unter Umständen zu einer Euterentzü­ndung kommt.

Auf Gut Heimendahl leben zweiund vierhörnig­e Jakobsscha­fe, die man unschwer an ihren Hörnern erkennt. Die Exemplare, die gedrehte Hörner haben, sind Ungarische Zackelscha­fe. Die Tiere mit dem zottelinge dunkelgrau­en Fell sind Steinschaf­e. Hinzu kommen die Bentheimer, die als die größte deutsche Heideschaf­rasse gelten. Das Schwarzkop­fschaf fällt durch seinen schwarzen Kopf mit kräftigen, seitlich abstehende­n Ohren und die dunklen Beine auf. Sie alle sind unterschie­dlich, haben aber eine Gemeinsamk­eit: Es handelt sich bei allen um vom Aussterben bedrohte alte Haustierra­ssen.

Gut Heimendahl ist ein sogenannte­r Arche-Hof, der lebendiges Kulturgut in Reinzucht erhält. „Mein Vater hat die ersten Jakobsscha­fe nach dem Krieg angeschaff­t - damals vor dem Hintergrun­d, dass die Parkanlage zu verwildern drohte“, berichtet Hannes von Heimendahl: „Die Schafe wurden als lebendige Rasenmäher eingesetzt.“Gefunden hatte der Vater die alte Rasse in England. Mit dem Faible für die besonderen alten Rassen legte er den Grundstock für die heutige Arbeit auf dem denkmalges­chützten Gut.

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FOTOS (3): PRÜMEN Auf Gut Heimendahl ist ein Lämmchen geboren worden. Kastellan Andreas Cohrs sieht sich den Nachwuchs genau an.
 ??  ?? Kurz nach der Geburt folgt das Jungtier schon der Mutter auf wackeligen Beinen. Die Nabelschnu­r ist am Bauch des Lämmchens noch zu sehen.
Kurz nach der Geburt folgt das Jungtier schon der Mutter auf wackeligen Beinen. Die Nabelschnu­r ist am Bauch des Lämmchens noch zu sehen.
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Die Mutter stupst das Kleine zärtlich mit der Nase an.

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