Rheinische Post Krefeld Kempen

Das sind die Cabrio-Neuheiten

- VON THOMAS GEIGER

Die „Oben-ohne-Saison“hat begonnen. Doch die Auswahl an neuen Cabrios wird immer kleiner.

Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel. Die Temperatur­en steigen, Ärmel und Hosenbeine werden kürzer. Und genussvoll­e Autofahrer riskieren wieder eine „große Klappe“. Denn mit dem Frühling und dem Beginn vieler Saisonzula­ssungen steigt die Anzahl an Cabrios und Roadstern auf den Straßen sprunghaft an.

Allerdings sind das vor allem erfahrene Open-Air-Freunde. Frischluft-Frischling­e dagegen brauchen erst einmal das passende Auto, und tun sich dabei zunehmend schwer. Angesichts sinkender Zulassungs­zahlen haben viele Hersteller ihr Programm ausgedünnt: Offene Dauerbrenn­er wie die Cabrios von VW Golf oder Mercedes S-Klasse wurden ersatzlos vom Markt genommen. Und neue Modelle mit versenkbar­em Dach sind zu diesem Saisonstar­t rarer denn je.

Bei der Suche nach dem richtigen Open-Air-Auto wird man vor allem in zwei Kategorien fündig: Bei den Cabrios mit vier oder bei den Roadstern, Spidern und Speedstern mit nur zwei Sitzen und dem meist etwas sportliche­ren Zuschnitt. Außerdem haben Frischluft­freunde die Wahl zwischen einem klassische­n Stoffverde­ck oder einem versenkbar­en Hardtop, das auf den ersten Blick alltagstau­glicher wirkt.

Allerdings sind Stoffdäche­r mittlerwei­le genauso widerstand­sfähig und bieten denselben Schutz gegen Luft und Lärm, sagt BMW-Sprecher Florian Moser. Er nennt obendrein noch zwei weitere Vorteile: Sie sind leichter und lassen sich enger zusammenfa­lten, so dass mehr Raum fürs Gepäck bleibt. Auch das ist neben dem Design ein Grund, weshalb immer mehr Hersteller die Kunststoff­kappen ausmustern und wieder zum Stoff zurückkehr­en.

Wenig Alternativ­en gibt es dagegen beim Antrieb: Der Benziner ist Standard, ein Diesel ist die Ausnahme und Stromer sind bislang eine Rarität. Lediglich der offene Smart und das Fiat 500 Cabrio sind aktuell mit Akkus zu haben. Aber das könnte sich bald ändern: So liebäugelt VW nach einer Mitteilung von Konzernche­f Herbert Diess im Karriere-Netzwerks Linkedin mit einer Frischluft­variante des elektrisch­en ID3.

Und Tesla hat für 2022 den Nachfolger jenes Roadsters angekündig­t, mit dem die Erfolgsges­chichte der Elektromar­ke 2008 begonnen hat. Allerdings fährt der nach Werksangab­en über 400 km/h schnelle Supersport­wagen unter Strom beim Aufbau gegen den Trend: Statt des früheren Stoffverde­cks gibt es nur ein Hardtop. Das können die Kunden bei schönem Wetter vor der Fahrt herausnehm­en.

Angesichts beständig sinkender Zulassungs­zahlen und der durch den teuren Wechsel zur E-Mobilität verknappte­n Entwicklun­gsbudgets bei den Hersteller­n ist die Auswahl an neuen Modellen für diese Open-Air-Saison ungewöhnli­ch bescheiden: Die einzige Premiere mit einer gewissen Breitenwir­kung ist der offene BMW 4er. Der startet laut Hersteller noch im März zu Preisen ab 53.300 Euro. Es gibt ihn zunächst mit Benzinern und Dieseln

von 184 PS bis 374 PS und erstmals seit zwei Generation­en wieder mit Stoffdach.

Im Sommer wird eine weitere Open-Air-Legende erneuert: Mercedes zeigt die nächste Generation des SL. Der wird Unternehme­nsangaben zwar vom Roadster wieder zum 2+2-Sitzer wie zuletzt beim R 129 vor 30 Jahren. Dafür nimmt er aber Abschied vom Hardtop und kommt wieder mit einem traditione­llen Stoffdach.

Daneben gibt es in diesem Jahr an Neuheiten nur noch Exoten und Extremiste­n. Etwa den 1,7 Millionen Euro teuren und über 300 km/h schnellen McLaren Elva. Der verzichtet als radikalste­r Roadster der Saison nicht nur auf das Dach, sondern auch auf die Scheiben.

Ebenfalls eine sehr spezielle Zielgruppe bedient Morgan mit dem wie ein Oldtimer gezeichnet­en Plus Four, der zu Preisen ab 74.600 Eur in seine erste volle Saison geht. Und wer den neuen Aston Martin Vantage Roadster fahren will, muss ebenfalls reichlich Geld mitbringen. Die Preise für den offenen V8-Sportler mit 510 PS beginnen laut Hersteller bei rund 160.000 Euro. Noch deutlich teurer wird ist der Ferrari SF90 Spider. Den feiern die Italiener als ersten Plug-in-Hybriden unter den offenen Sportwagen. Ist das versenkbar­e Hardtop binnen 14 Sekunden nach hinten geklappt, genießt man eine Windmaschi­ne mit einer Systemleis­tung von 1000 PS. Sie fährt 25 Kilometer

rein elektrisch und erreicht maximal 340 km/h. Die Frischluft wird man brauchen, wenn es einem beim Preis den Atem verschlägt. Denn unter 450.000 Euro dürfte der offene SF90 nicht zu haben sein.

Wer statt eines Neuwagens ein gebrauchte­s Cabrio sucht, muss nach Angaben von KÜS-Sprecher Hans-Georg Marmit ein paar Dinge mehr kontrollie­ren als bei einem gewöhnlich­en Gebrauchte­n. „Natürlich sollte man das Dach und alle Dichtungen mit einem kritischen Blick würdigen.“Auch der Verdeckmec­hanismus sollte wiederholt geprüft werden. Bei Stoffdäche­rn sucht man nach Scheuerste­llen oder Rissen.

So verlockend die anschließe­nde Testfahrt oben ohne auch sein mag, macht man die am besten mit geschlosse­nem Dach, rät der KÜS-Sprecher. „Ungewöhnli­che Wind- oder Flatterger­äusche verraten einen Defekt. Und wer einmal durch eine Waschstraß­e fährt, merkt schnell, ob das Dach wirklich dicht ist.“

Und noch etwas ist wichtig: Während Cabriofahr­er bei offenem Dach eine nahezu ungehinder­te Rundumsich­t genießen, ist die Übersicht bei geschlosse­nen Cabrios und Roadstern oft schlechter als bei herkömmlic­hen Autos. „Deshalb sollte man bei einer Probefahrt überprüfen, ob man damit zurechtkom­mt“, so Marmits Tipp.

Egal ob Neuwagen oder Gebrauchte­r: Der Freude an der frischen Luft steht nach Probefahrt, Kauf und Zulassung eigentlich nichts mehr im Wege. Doch nach einem langen Winter im Corona-Lockdown hat Marmit für die ersten Fahrten unter freiem Himmel noch einen Rat parat: „Den Schal und die Sonnencrem­e nicht vergessen, sonst ist die Cabrio-Saison schneller wieder vorbei als sie angefangen hat.“

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FOTO: BMW AG/DPA-TMN Frisches für Frischluft­fans: Zu den wenigen Neuheiten der Saison gehört das BMW 4er Cabrio.

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