Rheinische Post Krefeld Kempen
Spahn stellt Einkaufs-Freiheit in Aussicht
Nach einer Analyse des Robert-Koch-Instituts sind Geimpfte weniger ansteckend als negativ Getestete.
BERLIN Wer zweimal gegen Corona geimpft worden ist, soll bald ohne einen negativen Schnelltest einkaufen gehen oder von einer Urlaubsreise zurückkehren können. Nach dem Willen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen Geimpfte Freiheiten zurückgewinnen und etwa beim Einkaufen ebenso eingestuft werden wie Menschen, die einen negativen Schnelltest vorweisen können.
Getestete und Geimpfte hätten dieselben Möglichkeiten, bekräftigte Spahn am Montag in Berlin. Er berief sich dabei auf eine Auswertung neuester Erkenntnisse durch das Robert-Koch-Institut (RKI). Demnach ist das Übertragungsrisiko zwei Wochen nach der zweiten Impfung wahrscheinlich sogar geringer als nach einem negativen Schnelltests von symptomlosen Infizierten.
Spahn betonte aber, auch für vollständig Geimpfte würden in der aktuellen Pandemiephase Corona-Regeln wie Abstand, Hygiene und Schutzmaske gelten. „Denn sowohl der tagesaktuelle Test als auch die vollständige Impfung reduzieren das Infektionsrisiko zwar deutlich, aber sie geben keine hundertprozentige Sicherheit davor, andere zu infizieren.“Erfahrung aus Ländern mit höheren Impfquoten wie Chile, Großbritannien oder die USA zeigten, dass Kontaktbeschränkungen weiter notwendig seien, sagte er am Montag bei einem Besuch des Impfzentrums Messe in Berlin.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen unterstützte Spahns Vorstoß. „Wir werden im Verlauf der Pandemie dazu kommen, dass bei einer konkreten Gefährdungsbeurteilung Menschen, die geimpft sind, Menschen die ein aktuelles negatives Testergebnis
oder auch einen hinreichenden Antikörpertiter haben, vergleichbar zu behandeln sind“, sagte Dahmen.
Allerdings wird derzeit darüber diskutiert, die Zweitimpfungen weiter hinauszuzögern. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach sich dafür aus, um möglichst viele Erstimpfungen zu ermöglichen und damit die Zahl schwerer Verläufe zu senken. Wenn der Abstand zur Zweitimpfung bei den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna von sechs auf zwölf Wochen verlängert würde, könnten bis Juli über 60 Millionen Menschen in Deutschland erstgeimpft sein, sagte Lauterbach. Die Ständige Impfkommission hatte zunächst für Biontech/Pfizer einen Abstand von drei bis sechs Wochen empfohlen, für den Moderna-Impfstoff vier bis sechs Wochen. In einem Entwurf zur Aktualisierung der Empfehlungen ist nun von einer zweiten Dosis nach sechs Wochen die Rede. So sei „sowohl eine sehr gute individuelle Schutzwirkung als auch ein größerer Effekt der Impfung auf Bevölkerungsebene zu erzielen“.
Laut Spahn sind bisher gut zwölf Prozent der Deutschen mindestens einmal geimpft worden, das sind mehr als zehn Millionen Einwohner. 4,3 Millionen Menschen haben demnach bereits die zweite Impfung erhalten.