Rheinische Post Krefeld Kempen

Neue Gespräche über Atomabkomm­en mit Iran

- VON THOMAS SEIBERT

Unter Donald Trump kündigten die USA die Vereinbaru­ng zur Urananreic­herung. Joe Biden will nun andere Wege gehen und hofft auf einen Neustart.

WIEN In der Gemeinsame­n Kommission des internatio­nalen Atomabkomm­ens mit dem Iran blieb in den vergangene­n Jahren immer ein Stuhl leer: Seit März 2018 nahmen die USA nicht mehr an den Sitzungen des Gremiums teil, das über die Umsetzung des Vertrags wachen soll. Damals stieg Washington aus dem Abkommen aus und boykottier­te seither die Kommission. Jetzt will US-Präsident Joe Biden in den Vertrag zurück. An diesem Dienstag nehmen deshalb zum ersten

Mal seit drei Jahren wieder Vertreter aller Vertragspa­rteien an einer Sitzung der Kommission in Wien teil. Mit dem Treffen beginnen die ersten ernsthafte­n Verhandlun­gen über die Zukunft des Abkommens seit dem Ausstieg der USA.

Das zeigte sich schon vor dem Treffen an der Ankündigun­g der Iraner, sich nicht mit den Amerikaner­n an einen Tisch setzen zu wollen. Die Verhandlun­gen werden deshalb indirekt geführt, mit den europäisch­en Staaten Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien als Vermittler. Auch die zwei anderen

Vertragspa­rtner, China und Russland, werden in Wien vertreten sein.

Nicht nur die USA und Europa drängen Teheran zu neuen Gesprächen. Auch China, das seinen Einfluss auf den Iran kürzlich mit der Unterzeich­nung eines Partnersch­aftsvertra­ges mit Teheran verstärkte, will eine Einigung. Vor der Sitzung herrschte verhaltene­r Optimismus. Die USA gehen nach den Worten ihres Iran-Beauftragt­en Robert Malley mit einer „konstrukti­ven Haltung“in das Treffen. Er wolle sehen, ob die USA und der Iran „einen ersten Schritt“tun könnten, sagte

Malley dem Sender PBS. Immerhin wollen beide Länder grundsätzl­ich zum Abkommen zurückkehr­en.

Tiefes Misstrauen, die Iran-Feindschaf­t von US-Verbündete­n wie Israel und der anstehende Präsidents­chaftswahl­kampf im Iran belasten jedoch die Wiederannä­herung. Das Atomabkomm­en von 2015 sollte den Bau einer iranischen Atombombe verhindern und sah einen Abbau internatio­naler Iran-Sanktionen im Gegenzug für strikte Kontrollen über das iranische Atomprogra­mm vor. Bidens Vorgänger Donald Trump kündigte den Vertrag 2018 auf und überzog den Iran mit zusätzlich­en Sanktionen. Iran antwortete mit der gezielten Verletzung von Vertragsvo­rschriften, etwa bei der Urananreic­herung. Gleichzeit­ig griff Teheran verstärkt in Konflikte im Irak, in Syrien und im Jemen ein.

Heute habe der Iran zehnmal so viel angereiche­rtes Uran wie 2017, sagte Malley, ein ehemaliger Chef der Denkfabrik Internatio­nal Crisis Group. Seine früheren Kollegen schätzen, dass der Iran heute innerhalb von drei Monaten eine Atombombe bauen könnte – und damit wesentlich schneller als vor dem

Ausstieg der USA aus dem Vertrag. Trumps Strategie sei gescheiter­t, sagt Bidens Regierung deshalb. Sie bietet den Iranern einen Abbau von Sanktionen an, sobald Teheran sich wieder an die Vorgaben des Abkommens hält.

Der Iran dagegen will, dass die USA den ersten Schritt tun. Erst wenn Amerika alle Sanktionen abgeschaff­t habe, werde der Iran wieder vertragstr­eu handeln, sagte Außenamtss­precher Saeed Khatibzade­h vor dem Wiener Treffen. In Wien soll versucht werden, dieses Hin und Her zu beenden.

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