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Thailands deutsche Hymne
Der Komponist des Liedes, das zweimal am Tag erschallt, hat deutsche Wurzeln.
BANGKOK (dpa) Hunderte Menschen joggen in der Morgensonne durch den Lumpini Park, die grüne Lunge Bangkoks. Plötzlich erklingt die Nationalhymne aus öffentlichen Lautsprechern – und es spielen sich Szenen ab, die im Westen kaum noch vorstellbar sind: Alle halten gleichzeitig an oder erheben sich von den Bänken am Wegesrand – und stehen fast stramm, als habe jemand die Pausentaste in der pulsierenden Metropole gedrückt.
Das Ritual stammt aus den 30er-Jahren: Jeden Tag um 8 und 18 Uhr schallt „Phleng Chat Thai“durch die tropische Luft. Der klangvolle Name bedeutet übersetzt schlicht „Nationalhymne Thailands“. Das Gesetz schreibt vor, dass die Menschen – egal woher sie stammen – still stehen und Respekt zeigen. Zuwiderhandeln gilt als Ordnungswidrigkeit und könnte gar mit Bußgeld bestraft werden.
Was viele nicht wissen: Die beschwingte Melodie, geschrieben in einem „Allegro maestoso“, wurde von einem deutschstämmigen Thai komponiert. Peter Veit (1883– 1968) wurde in Bangkok als Sohn des Deutschen Jakob Veit und der Birmanin Tongyoo vom Volke der Mon geboren. Der Vater, ein talentierter Musiker aus Trier, war in den 1860er-Jahren zunächst nach New York ausgewandert. Dort schloss er Freundschaft mit einem Amerikaner, der später Konsul in Siam werden sollte, dem heutigen Thailand. Jakob folgte ihm nach Asien und avancierte zum Musiklehrer am Königshof.
Nach dem Tod Jakobs änderte die Familie den Nachnamen und passte ihn der Landessprache an. Peter, ebenfalls musikalisch ambitioniert, nannte sich nun „Piti Vadhayakorn“. Später erhielt er einen neuen, fast fürstlichen Namen, und zwar vom Monarchen Rama VI. persönlich. Fortan war er als Phra Chenduriyang bekannt – auf Deutsch etwa „gewandt mit Musikinstrumenten“.
Den Titel erhielt der Komponist und Kapellmeister vor allem wegen seiner Verdienste um die Verbreitung westlicher Musik in dem südostasiatischen Land. Zuvor war er zum königlichen Musikberater ernannt worden. Im Zuge des Staatsstreichs von 1932, der den Übergang von der absoluten zur konstitutionellen Monarchie markierte, wurde der Musikexperte beauftragt, die Melodie für eine Nationalhymne zu komponieren. Der Legende nach soll dem Deutschstämmigen die eingängige Tonfolge eingefallen sein, als er dem Rattern einer Straßenbahn lauschte.
Den nationalistischen Text steuerte später der Schriftsteller Luang Saranupraphan bei. Unter anderem heißt es da: „Es ist ein Staat des Volkes – Thailand den Thailändern.“Und: „Wir werden niemals die Unterdrückung unserer Unabhängigkeit zulassen, jeden Blutstropfen für unser Land opfern und den Wohlstand Thailands mehren. Hurra!“