Rheinische Post Krefeld Kempen

E-Bike-Fahren macht fröhlich

- VON CAROLA PUVOGEL

Immer Rückenwind haben: So ist das Fahrgefühl auf dem E-Bike. Unsere Autorin hat sich kürzlich eins zugelegt und erzählt aus ihrer Perspektiv­e, woran man beim Kauf denken sollte.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich andere Radler, die mir auf Touren begegnet sind, kritisch beäugt habe: Kommen die so locker daher geradelt, weil sie elektrisch­e Unterstütz­ung haben? Oder radeln sie, heldenhaft wie ich, rein muskelbetr­ieben? Diese E-Biker, die sich mit ihrem Motor das Leben so leicht machen, anstatt sich selber anzustreng­en, das sind ja solche Abseiler, dachte ich. Doch wenn man, während man selbst schwitzend und keuchend gegen den Wind anstrampel­t, reihenweis­e von Senioren überholt wird, die trotz des fiesen Gegenwinds verdammt fröhlich aussehen, dann kommt man schon ein bisschen ins Grübeln. Wäre es nicht doch eine feine Sache, bei Fahrradaus­flügen weniger den sportliche­n Aspekt in den Vordergrun­d zu stellen als das Freizeitve­rgnügen? Wenn man nach 30 bis 40 Kilometern den Rest des Tages keinesfall­s im Internet. Warum, liegt auf der Hand: Es wäre sicher keine gute Idee, viel Geld für ein Rad auszugeben, das man nicht vorher probefahre­n kann. Außerdem braucht man einen Ansprechpa­rtner vor Ort, zum Beispiel für die Wartung.

Wenn es nicht sowieso gerade vorgeschri­eben wäre, einen Termin im Geschäft zu machen, wäre das mein Tipp gewesen: Vorher anrufen, Zeit absprechen, so dass der Händler auch wirklich die Muße hat, ausgiebig zu beraten und zu erklären. Ich selber hatte gar keine Lust, vorher das Internet nach technische­n Daten und Tipps zu durchforst­en und habe mich sehr gern in die Hände der Profis des Fachhandel­s begeben. Wenn die ihren Job ernst nehmen – und danach kann man auch die Seriosität abschätzen – werden sie zunächst fragen, wofür man das Rad benutzen möchte. Werden fragen, ob man geübter Radler ist oder nicht. Und werden auch einen Blick auf die körperlich­en Gegebenhei­ten des künftigen

E-Bikers werfen: Groß, klein, dick, dünn...? Und dann schauen, was die passende Rahmenhöhe ist und ob ein extratiefe­r Einstieg benötigt wird. Gelernt habe ich, dass E-Bikes selten als klassische­s Herrenrad mit Stange verkauft werden, sondern in aller Regel Männer ebenfalls das so genannte Damenrad bevorzugen.

Für mich hat der Händler nach oben beschriebe­nem Vorgespräc­h ein Rad aus dem Sortiment vorgeschla­gen, das ich auf dem Hof ausgiebig testen durfte und das mir gründlich erklärt wurde. Stellt sich raus: Der Profi weiß, was er tut. Denn das Rad passte auf Anhieb. Eine kleine Diskussion gab es noch um die mögliche Ausstattun­g. Die Räder – und damit der Kaufpreis – unterschei­den sich kaum bei der (Antriebs-)Technik, wurde mir erklärt, sondern vor allem bei der Ausstattun­g. Zum Beispiel, ob die Beleuchtun­g in den Rahmen integriert ist oder nicht. Das sind also Entscheidu­ngen, bei denen man an der Preisschra­ube noch etwas stellen und gegebenenf­alls ein paar hundert Euro sparen kann. Auch eine

Erkenntnis: Um die Akkus und die Technik an sich muss man sich gar nicht so einen Kopf machen. Denn die Akkus fast aller E-Bike-Marken kommen in aller Regel von einem namhaften Hersteller aus der Nähe von Stuttgart und haben entweder 400 oder 500 Watt. Da muss man für die Entscheidu­ng, was man kaufen will, kein Ingenieur sein – sondern nur wissen, wie lang die Touren ungefähr sein werden, die man fahren möchte.

Drei Tipps, die ich gern teilen möchte sind folgende: Wer absehen kann, dass das Rad bergauf geschoben werden muss – also zum Beispiel eine steile Tiefgarage­neinfahrt hoch – sollte sich für ein Modell mit elektrisch­er Schiebehil­fe entscheide­n. Denn die E-Bikes sind bleischwer. Man muss sich nebenbei bemerkt auch von dem Gedanken verabschie­den, so ein E-Bike mal eben in den Keller tragen zu können. Damit zusammen hängt auch der zweite Tipp: Wer das E-Bike für Ausflüge im Auto mitnehmen will, muss Folgekoste­n für Anhängerku­pplung und Fahrradträ­ger einkalkuli­eren. Denn für die einfachen aufschnall­baren Fahrradträ­ger sind die Räder zu schwer. Ebenfalls bitte im Auge behalten, dass E-Bike und öffentlich­er Nahverkehr aus dem selben Grund ein Problem sein können: Denn wenn, wie so oft, die Aufzüge am Bahnhof kaputt sind, wird es schwierig bis unmöglich, das Rad auf den Bahnsteig hoch zu bringen. Dritter Tipp: Ein gutes Schloss kaufen. Das macht es leichter, das Rad auch wirklich zu benutzen und sich zu trauen, es irgendwo unbeaufsic­htigt abzustelle­n. Klar sind die E-Bikes in den meisten Fällen über die Hausratsve­rsicherung zum Wiederbesc­haffungswe­rt versichert. Dennoch wäre es nervig, wenn es geklaut würde. Und man weiß in Pandemieze­iten nicht, ob angesichts des Radfahrboo­ms überhaupt kurzfristi­g Ersatz zu bekommen wäre.

Und damit wären wir bei der ursprüngli­chen Theorie, das E-Bike ausschließ­lich für lange Touren zu benutzen und ansonsten im Stadtverke­hr ohne E-Unterstütz­ung selbst zu strampeln. Sagen wir mal so: Der Plan ist nicht so richtig aufgegange­n. Denn an das E-Bike-Fahrvergnü­gen mit eingebaute­m Rückenwind gewöhnt man sich blitzartig. Es ist großartig und macht gute Laune. Und das Treten auf dem normalen Fahrrad erscheint plötzlich viel zu schwer.

 ?? FOTO: KATRIN PUVOGEL ?? RP-Autorin Carola Puvogel ist passionier­te Radlerin und seit ein paar Wochen mit dem E-Bike rund um Krefeld – hier zum Beispiel in Linn – unterwegs.
FOTO: KATRIN PUVOGEL RP-Autorin Carola Puvogel ist passionier­te Radlerin und seit ein paar Wochen mit dem E-Bike rund um Krefeld – hier zum Beispiel in Linn – unterwegs.

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