Rheinische Post Krefeld Kempen
E-Bike-Fahren macht fröhlich
Immer Rückenwind haben: So ist das Fahrgefühl auf dem E-Bike. Unsere Autorin hat sich kürzlich eins zugelegt und erzählt aus ihrer Perspektive, woran man beim Kauf denken sollte.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich andere Radler, die mir auf Touren begegnet sind, kritisch beäugt habe: Kommen die so locker daher geradelt, weil sie elektrische Unterstützung haben? Oder radeln sie, heldenhaft wie ich, rein muskelbetrieben? Diese E-Biker, die sich mit ihrem Motor das Leben so leicht machen, anstatt sich selber anzustrengen, das sind ja solche Abseiler, dachte ich. Doch wenn man, während man selbst schwitzend und keuchend gegen den Wind anstrampelt, reihenweise von Senioren überholt wird, die trotz des fiesen Gegenwinds verdammt fröhlich aussehen, dann kommt man schon ein bisschen ins Grübeln. Wäre es nicht doch eine feine Sache, bei Fahrradausflügen weniger den sportlichen Aspekt in den Vordergrund zu stellen als das Freizeitvergnügen? Wenn man nach 30 bis 40 Kilometern den Rest des Tages keinesfalls im Internet. Warum, liegt auf der Hand: Es wäre sicher keine gute Idee, viel Geld für ein Rad auszugeben, das man nicht vorher probefahren kann. Außerdem braucht man einen Ansprechpartner vor Ort, zum Beispiel für die Wartung.
Wenn es nicht sowieso gerade vorgeschrieben wäre, einen Termin im Geschäft zu machen, wäre das mein Tipp gewesen: Vorher anrufen, Zeit absprechen, so dass der Händler auch wirklich die Muße hat, ausgiebig zu beraten und zu erklären. Ich selber hatte gar keine Lust, vorher das Internet nach technischen Daten und Tipps zu durchforsten und habe mich sehr gern in die Hände der Profis des Fachhandels begeben. Wenn die ihren Job ernst nehmen – und danach kann man auch die Seriosität abschätzen – werden sie zunächst fragen, wofür man das Rad benutzen möchte. Werden fragen, ob man geübter Radler ist oder nicht. Und werden auch einen Blick auf die körperlichen Gegebenheiten des künftigen
E-Bikers werfen: Groß, klein, dick, dünn...? Und dann schauen, was die passende Rahmenhöhe ist und ob ein extratiefer Einstieg benötigt wird. Gelernt habe ich, dass E-Bikes selten als klassisches Herrenrad mit Stange verkauft werden, sondern in aller Regel Männer ebenfalls das so genannte Damenrad bevorzugen.
Für mich hat der Händler nach oben beschriebenem Vorgespräch ein Rad aus dem Sortiment vorgeschlagen, das ich auf dem Hof ausgiebig testen durfte und das mir gründlich erklärt wurde. Stellt sich raus: Der Profi weiß, was er tut. Denn das Rad passte auf Anhieb. Eine kleine Diskussion gab es noch um die mögliche Ausstattung. Die Räder – und damit der Kaufpreis – unterscheiden sich kaum bei der (Antriebs-)Technik, wurde mir erklärt, sondern vor allem bei der Ausstattung. Zum Beispiel, ob die Beleuchtung in den Rahmen integriert ist oder nicht. Das sind also Entscheidungen, bei denen man an der Preisschraube noch etwas stellen und gegebenenfalls ein paar hundert Euro sparen kann. Auch eine
Erkenntnis: Um die Akkus und die Technik an sich muss man sich gar nicht so einen Kopf machen. Denn die Akkus fast aller E-Bike-Marken kommen in aller Regel von einem namhaften Hersteller aus der Nähe von Stuttgart und haben entweder 400 oder 500 Watt. Da muss man für die Entscheidung, was man kaufen will, kein Ingenieur sein – sondern nur wissen, wie lang die Touren ungefähr sein werden, die man fahren möchte.
Drei Tipps, die ich gern teilen möchte sind folgende: Wer absehen kann, dass das Rad bergauf geschoben werden muss – also zum Beispiel eine steile Tiefgarageneinfahrt hoch – sollte sich für ein Modell mit elektrischer Schiebehilfe entscheiden. Denn die E-Bikes sind bleischwer. Man muss sich nebenbei bemerkt auch von dem Gedanken verabschieden, so ein E-Bike mal eben in den Keller tragen zu können. Damit zusammen hängt auch der zweite Tipp: Wer das E-Bike für Ausflüge im Auto mitnehmen will, muss Folgekosten für Anhängerkupplung und Fahrradträger einkalkulieren. Denn für die einfachen aufschnallbaren Fahrradträger sind die Räder zu schwer. Ebenfalls bitte im Auge behalten, dass E-Bike und öffentlicher Nahverkehr aus dem selben Grund ein Problem sein können: Denn wenn, wie so oft, die Aufzüge am Bahnhof kaputt sind, wird es schwierig bis unmöglich, das Rad auf den Bahnsteig hoch zu bringen. Dritter Tipp: Ein gutes Schloss kaufen. Das macht es leichter, das Rad auch wirklich zu benutzen und sich zu trauen, es irgendwo unbeaufsichtigt abzustellen. Klar sind die E-Bikes in den meisten Fällen über die Hausratsversicherung zum Wiederbeschaffungswert versichert. Dennoch wäre es nervig, wenn es geklaut würde. Und man weiß in Pandemiezeiten nicht, ob angesichts des Radfahrbooms überhaupt kurzfristig Ersatz zu bekommen wäre.
Und damit wären wir bei der ursprünglichen Theorie, das E-Bike ausschließlich für lange Touren zu benutzen und ansonsten im Stadtverkehr ohne E-Unterstützung selbst zu strampeln. Sagen wir mal so: Der Plan ist nicht so richtig aufgegangen. Denn an das E-Bike-Fahrvergnügen mit eingebautem Rückenwind gewöhnt man sich blitzartig. Es ist großartig und macht gute Laune. Und das Treten auf dem normalen Fahrrad erscheint plötzlich viel zu schwer.