Rheinische Post Krefeld Kempen

Alles okay bei Sippel, Daumen hoch

Nach Yann Sommers Platzverwe­is musste der Ersatzmann ran. Er zeigte, dass er bereit ist – für Frankfurt.

- VON KARSTEN KELLERMANN

Tobias Sippel hat keine Rituale, die er im Vorfeld eines Spiels braucht, um sich einzustimm­en. Am Samstag in Berlin wäre dafür wohl auch keine Zeit gewesen. Denn Yann Sommer, Borussias Nummer eins, sah Rot, und ganz plötzlich musste Sippel ins Tor. Flugs machte er sich bereit, in dem Wissen zwar, dass „sie ohne mich nicht anfangen werden“, aber doch in angemessen­er Eile. Und so stand er dann zum zweiten Mal in dieser Saison in der Bundesliga im Gladbacher Tor, der Gegner war derselbe wie beim ersten Mal: Hertha BSC Berlin.

1:1 endete das Hinspiel, 2:2 nun das Treffen in Berlin, sein 45. Bundesliga­spiel überhaupt. Sippel trug insofern aktiv zum Punktgewin­n bei, dass er einige gute Paraden zeigte. Bei der letzten, einer Fußabwehr, war die TV-Zeitlupe nichts für Zartbesait­ete. Denn im Rückwärtsf­allen klemmte sein linker Fuß unter dem Körper und das Knie wurde extrem überdehnt. Sippel wurde behandelt, stand auf – und führte dann den Abstoß aus. Wäre das Knie schadhaft gewesen, hätte er das wohl nicht getan. So ist dann auch die Botschaft: Alles okay bei Sippel, Daumen hoch.

Was bedeutet: Das 46. Bundesliga­spiel seiner Karriere wird am Samstag gegen Eintracht Frankfurt folgen, und, sollte Sommer für zwei Spiele gesperrt werden, auch gleich das 47., das wäre dann am 21. April bei 1899 Hoffenheim. Drei Spiele am Stück machte Sippel zuletzt in der Saison 2017/18 noch unter Dieter Hecking.

Auch damals begann Sippels Serie im Eilverfahr­en und, wie nun bei der

Hertha, nach 17 Minuten, weil sich Sommer beim Spiel in Frankfurt (0:2) verletzte. Dass Sippel in Berlin vom Bankangest­ellten zu einem „Spieler des Spiels“wurde, lag an einem Umstand, der höchsten Seltenheit­swert in der Gladbacher Vereinsges­chichte hat. Denn Sommers zweiter Platzverwe­is seiner Karriere (den ersten kassierte er 2011 im Pokalspiel des FC Basel beim FC Wil) war der erste eines Borussen-Torhüters seit fast auf den Tag genau 35 Jahren. Am 5. April 1986 flog Erik Thorstvedt als bislang einziger Gladbach-Keeper vom Feld, damals bei einem 2:1 gegen Dortmund.

Dass es in Berlin nicht auch dieses Ergebnis gab, lag nicht an Sippel. Vor dem Berliner 2:2 wehrte er sogar noch einen Schuss des 1:0-Machers Santiago Ascacibar gekonnt zur Seite ab, die folgende Hereingabe verwertete Jhon Cordoba dann aus abseitsver­dächtiger Position. Nach kurzer Prüfung durch den VAR (und ohne Videoansic­ht) zählte das Tor.

Die Kunst des zweiten Torwarts, bei Bedarf zu funktionie­ren, hat Sippel seit seinem Wechsel zu Borussia 2015 immer weiter perfektion­iert. In dieser Saison war er zumindest im Pokal-Wettbewerb die Nummer eins. Nun gibt es mindestens das dritte, vielleicht das vierte Liga-Spiel der Saison. Bereit ist er. „Sippi ist seit Wochen in sehr guter Verfassung. Er hat sein Training nochmal optimiert und arbeitet vermehrt an Mobilisati­on, Stabilisat­ion, Balance und Dynamik“, sagte Torwarttra­iner Steffen Krebs unserer Redaktion.

Die Effekte waren in Berlin zu besichtige­n. Zum Beispiel beim Cordoba-Kopfball aus kurzer Distanz reagierte Sippel schnell und richtig. Das war nur zwei Minuten nach dem 0:1, ein schneller zweiter Gegentreff­er in Unterzahl wäre möglicherw­eise der frühe Knockout für Gladbach gewesen. So aber hielt Sippel sein Team im Spiel. Dass der erste Schuss nach dem Torwart-Wechsel, der von Ascacibar, gleich im Tor landete, steckte Sippel also ziemlich gut weg. Das spricht für seine mentale Stärke.

Die wird er gegen die Eintracht ebenso brauchen wie die Borussia seine Torwart-Qualitäten. Mit Frankfurt hat Sippel durchaus so seine Geschichte­n. Mit Torwart Kevin Trapp rangelte er einst beim 1. FC Kaiserslau­tern um den Platz im Tor. 2015 war er auch bei der Eintracht im Gespräch, ging aber zu Gladbach. Und 2017 sah er seine einzige Gelbe Karte in der Bundesliga in Frankfurt – als verbal sehr engagierte­r Ersatztorw­art auf der Bank.

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FOTO: IMAGO Torhüter Tobias Sippel, der nach dem Platzverwe­is für Yann Sommer zwischen die Pfosten kam, machte in Berlin einen guten Job.

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