Rheinische Post Krefeld Kempen

Jung, radikal – Präsident?

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gewonnen. Ein junger Präsident aus ihren Reihen, der zwei Amtszeiten und damit acht Jahre lang regieren könnte, würde ihre Macht zementiere­n. Khamenei hat sich öffentlich für eine „junge und revolution­äre“– sprich: kompromiss­lose – Regierung ausgesproc­hen. Zum iranischen Neujahrsfe­st Nowruz sagte Khamenei, er hoffe auf eine „energische und hoch motivierte“neue Führung.

Diese Vorgaben stärken Mohammads Kandidatur. Er gehört zu einer neuen Generation von Revolution­sgardisten, die weniger vom Krieg gegen den Irak von 1980 bis 1988 geprägt wurde als die alte Riege der Revolution­sgarde – Mohammad trat 1987 in die iranische Elitetrupp­e ein. Seinen Namen machte er sich nicht auf dem Schlachtfe­ld, sondern in der Verwaltung von Wirtschaft­sunternehm­en der Garde, die etwa 40 Prozent der iranischen Volkswirts­chaft kontrollie­rt.

Militärisc­he oder politische Erfahrung hat Mohammad nicht – andere Hardliner, die sich Hoffnungen auf das Präsidente­namt machen, dagegen schon: Parlaments­präsident Baker Kalibaf etwa ist nicht nur Veteran des iranisch-irakischen Krieges, sondern auch ein früherer Bürgermeis­ter von Teheran. Hussein

Dehghan, Khameinis Militärber­ater, ist ein ehemaliger Kommandant der Revolution­sgarde und ein Ex-Verteidigu­ngsministe­r. Die älteren Anwärter sollen von Mohammad nicht begeistert sein, heißt es.

Allerdings haben Mohammads Rivalen ihre eigenen Schwierigk­eiten. Kalibaf ist schon bei drei Präsidente­nwahlen gescheiter­t. Ein weiterer möglicher Kandidat, Ibrahim

Raisi, ist wegen seiner Rolle als Richter bei Massenhinr­ichtungen in den 1980er-Jahren umstritten. Ex-Präsident Mahmud Ahmadineds­chad, der ebenfalls wieder antreten will, ist bei Khamenei und anderen Politikern so unbeliebt, dass noch offen ist, ob er überhaupt zur Wahl zugelassen wird.

Für die iranischen Pragmatist­en um den scheidende­n Präsidente­n Hassan Ruhani sieht es noch düsterer aus. Sie hatten den Iranern nach Abschluss des internatio­nalen Atomabkomm­ens 2015 ein Ende der Sanktionen und einen wirtschaft­lichen Aufschwung versproche­n, doch stattdesse­n verschärft­en neue Sanktionen des früheren US-Präsidente­n Donald Trump die Wirtschaft­skrise. Hinzu kommen Vorwürfe von Korruption und Misswirtsc­haft. Protestdem­onstration­en wurden in den vergangene­n

Jahren vom Regime brutal niedergesc­hlagen. Auch die Corona-Pandemie trifft den Iran hart. Ruhani darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Ob die gemäßigten Kräfte einen zugkräftig­en Kandidaten finden, ist offen.

Für Khameini ist die Schwäche der Pragmatist­en nicht unbedingt eine gute Nachricht. Fast noch schlimmer als der Wahlsieg eines ungeliebte­n Präsidente­n wäre für ihn eine geringe Wahlbeteil­igung, denn ein solcher Boykott wäre ein Misstrauen­svotum gegen die Islamische Republik. Mohammad dürfte versuchen, sich den frustriert­en Wählern als unabhängig­er Kandidat zu präsentier­en, der genau wie sie die ewigen Machtkämpf­e satt hat, mutmaßt die Internetse­ite Amwaj, die auf die Golf-Region spezialisi­ert ist. Auch der Iran-Experte Arash Azizi, Autor des Buches „Shadow Commander“über den Garde-General Qassem Soleimani, gibt Mohammad gute Chancen. Aus seiner Sicht sei der Ingenieur derzeit der Spitzenrei­ter, sagte Azizi unserer Redaktion. „Er wird keine Probleme haben, die bekanntere­n Kandidaten der Hardliner zu schlagen.“

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