Rheinische Post Krefeld Kempen
Impfzentrum: Klagen über mehr Bürokratie
Sechs Unterschriften pro Impfung und fummeliges Ausfüllen der Impfausweise: Krefelds Impffachleute beklagen den Bürokratie-Aufwand. Die Impfleistung pro Tag soll auf 1400 Impfdosen ausgeweitet werden – noch fehlt der Impfstoff.
Krefelds Impffachleute beklagen, dass der bürokratische Aufwand für die Impfungen zunehme und ungebrochen einen unangemessen hohen Zeitanteil einnehme. Es ist sogar noch bürokratischer Aufwand dazugekommen: Das Impfzentrum ist mittlerweile gehalten, Impfausweise auszufüllen. Das ursprüngliche Konzept sah ausdrücklich den Verzicht darauf vor, um Zeit zu sparen. Jetzt muss der impfende Arzt (und nur er!) im Prinzip drei winzige Aufkleber von den Impfdosen abknibbeln und anderswo verkleben, unter anderem im Impfausweis. In Krefeld habe man das Verfahren geändert und müsse nun nur noch zwei Aufkleber verkleben, erläutert Wilhelm Stutzinger, ärztlicher Leiter des Krefelder Impfzentrums. „Wir könnten hier zwei- bis dreimal so viel verimpfen, wenn wir nach dem amerikanischen oder britischen System arbeiten dürften“, sagt er sichtlich entnervt. Demnach sei es, wenn erst einmal genügend Impfstoff vorliegt, möglich, bis zu 3000 Menschen am Tag im Zentrum zu impfen.
Stutzingers Klage ist mit Blick auf die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wonach ab Mitte April Impfdosen in großen Mengen zu erwarten sind, von Bedeutung. Die Frage liegt auf der Hand, ob die Impfzentren dafür überhaupt gerüstet sind. Laut jüngster Anweisung aus dem NRW-Gesundheitsministerium soll das Krefelder Impfzentrum ab dieser Woche 1400 Impfdosen pro Tag verimpfen. „Wir haben allerdings weder den Erlass noch das Impfmaterial vorliegen“, sagte dazu Gesundheitsdezernentin Sabine Lauxen auf Anfrage. Das Impfzentrum steht ihr zufolge Gewehr bei Fuß: „Wenn wir 1400 Impfdosen täglich bekommen, werden wir sie auch verimpfen“, sagte Lauxen zu. Was den Bürokratieaufwand angeht, kündigte sie an, dann mehr Leute für den Organisationsbereich bereitzustellen. Lauxen bekräftigte die
Kritik Stutzingers: „Unser Ziel muss es sein: Alles aus dem Impfzentrum 'raushalten, was Bürokratie ist, und dann impfen, impfen, impfen.“
Im Krefelder Impfzentrum ist in Probeläufen ermittelt worden, wie viel Zeit der Durchlauf eines Impfkandidaten kostet. „Selbst wenn die Leute alle Unterlagen fertig ausgefüllt mitbringen, dauert es mindestens zehn Minuten, sie zu prüfen, die fällige Mappe zusammenzustellen, später die Impfbescheinigung auszuhändigen, alles zu unterschreiben und den Impfausweis auszufüllen“, erläuterte Stutzinger. Habe jemand seine Unterlagen vergessen, dauere die ganze bürokratische Prozedur sogar 21 Minuten, „die Impfung selbst ist in zehn Sekunden erledigt“. Aus seiner Sicht ist es unverständlich, dass die Politik dieses Verhältnis einfach bestehen lässt: „Seit der ersten Impfung in einem Seniorenheim hat sich am administrativen Aufwand nichts geändert.“
Die Chance, dass Impfkandidaten die falschen oder gar keine Impfunterlagen dabeihaben, ist so klein nicht. Wer zum Beispiel zu den über 60-jährigen Impfkandidaten für AstraZeneca gehörte und am Samstag, 3. April, einen Termin ergatterte, bekam von der NRW-Impfhotline mit der Terminbestätigung den Hinweis, man erhalte alle Unterlagen im Impfzentrum und könne sie dort ausfüllen. Eine fatale Irreführung, denn gerade das wollten die Impfzentren verhindern und haben deshalb zur Eröffnung des Impfbetriebs regelrecht flehentlich gebeten, die Unterlagen vorher herunterzuladen und auszufüllen. Erst am Mittwoch 7.April, kam dann eine zweite Mail mit den Impfunterlagen zum Herunterladen und der Bitte, sie ausgefüllt zum Impftermin mitzubringen. Dazu kam: Auf der Internetseite zum Impfen der NRW-Landesregierung waren bis Samstag noch veraltete Unterlagen zum Download hinterlegt.
Die Impfungen bei den Hausärzten laufen derweil langsam an. Jeder Hausarzt bekomme 20 Impfdosen wöchentlich, erläuterte Lauxen. Die Hausärzte entscheiden dann unter Berücksichtigung der Priorisierung, welcher ihrer Patienten geimpft werde. Die Ärzte haben dabei eine gewisse Freiheit; die Impfungen müssten nicht der Stadt Krefeld gemeldet werden. Der Weg des Impfstoffs verlaufe wie bei Grippeimpfungen über Apotheken in die Praxen.