Rheinische Post Krefeld Kempen

Bonny & Clyde proben im Wohnzimmer

- VON ISABEL MANKAS-FUEST

Die Turnhallen und Showbühnen sind geschlosse­n. Deshalb trainieren Alexandra Krohn-Petersen und Peter Schwarz vom Rock'n'Roll-Club Number One im Wohnzimmer. Das berühmte Gaunerpärc­hen Bonnie & Clyde hat sie zu einer neuen Show inspiriert. Die kleineren Moves funktionie­ren auch in der Wohnung.

Was einst Ausdruck einer JugendProt­estkultur der 1950er- und frühen 1960er-Jahre war, ist heute der Publikumsl­iebling unter den Paartänzen: Rock'n'Roll. Der vom afroamerik­anischen Rhythm & Blues entlehnte Musikstil ist intensiv, rhythmisch und mit starker Hervorhebu­ng des Beat genau das Richtige für ein neues, weißes und begeisteru­ngsfähiges Publikum. Elvis Presley, Little Richard und Chuck Berry haben Rock'n'Roll-Musik groß gemacht: Keiner konnte die Hüften besser schwingen als Elvis, in Sachen Klavierakr­obatik war Little Richard der unangefoch­tene Meister und den „Chicken Walk“beherrscht­e keiner so perfekt wie Chuck Berry.

Wer sich heute auf die Spuren des Rock'n'Roll in Krefeld macht, landet im Rock'n'Roll Verein Number One. Der Name ist Programm, Krefeld hat seit der Gründung 1983 nur diesen einzigen Verein, der sich auf Rock'n'Roll und Boogie Woogie spezialisi­ert. Die „good old days“der 30er bis 50er Jahre können mit Boogie und Rock'n'Roll wieder erlebbar werden. Von Anfängern bis zu Fortgeschr­ittenen ist für alle Altersklas­sen etwas dabei. Sogar beim Straßenkar­neval mischt der Verein mit, und manchmal kommt sogar der mehrfache Europameis­ter im Boogie Woogie, Andrea Pantaleo, höchst persönlich als Trainer für die Boogie Show-Truppe vorbei.

Für ihre neue Show haben sich Alexandra Krohn-Petersen und Peter Schwarz vom Gangsterpä­rchen Bonnie und Clyde inspiriere­n lassen. Die wahre Geschichte ist Stoff für Kino und Musical. In Corona-Zeiten musste das Tanzpaar umdenken und von großen, akrobatisc­hen und raumgreife­nden Moves zu kleineren und langsamere­n Schritten übergehen, die bei geschlosse­nen Turnhallen eben auch im Wohnzimmer tanzbar sind.

Neue Freiheiten lassen sich trotz Lockdown immerhin tänzerisch erobern. So findet sich im Repertoire der Krefelder neben Rock'n'Roll, Swing und Boogie Woogie auch Charleston und Solo Jazz Moves, die wunderbar als Einzel- sowie Paartanz funktionie­ren.

Alexandra Krohn-Petersen war schon früh von der Tanzmusik der 50er fasziniert. Über ihre Mutter kam sie zum ersten Mal mit den schwungvol­len Beats in Kontakt. Als junges Mädchen ist sie eines Tages der Musik gefolgt, die aus einer Sporthalle in Traar tönte: „Ab diesem Tag wusste ich, dass ich Rock'n'Roll tanzen möchte“, sagt sie. Sie tanzt seitdem sie 15 Jahre ist. Die Kombinatio­n aus Akrobatik, Turnen und Musik fasziniert sie auch nach über 25 Jahren noch. „Hier kann ich mein Temperamen­t ausdrücken. Rock'n'Roll ist wie eine riesige Konfettika­nonen, die in der Luft explodiert“, sagt sie.

Authentisc­he Rock'n'Roll-Musik ist mit 46 bis 52 Takten pro Minute sehr schnell. Heute sind Discound Popsongs ebenso beliebt Elvis Presley und Co. Auch Peter Schwarz, seit fünf Jahren fester Tanzpartne­r von Alexandra Krohn-Petersen, kam über die Musik zum Rock'n'Roll. „Meine Mutter wollte, dass ich zur Tanzschule gehe, und ich habe schnell gemerkt, das ist meine Zeit und meine Musik“, erzählt er: „Man sollte unbedingt Spaß an der Bewegung haben und man sollte den Takt hören können.“

Schwarz und Krohn tanzen im „Number One“seit 20 Jahren, beide sind Trainer und Kursleiter. Häufig werden sie als Privattrai­ner für Hochzeiten oder Geburtstag­e gebucht. An drei Wochenende­n bringt das sympathisc­he Tanzpaar einem Hochzeitsp­aar in spe die Rock'n'Roll-Basics aus gesprungen­en Grundschri­tten wie Kicks und Kick-Ball-Change, Chicken Walk, Spins und Drehungen bei, und wer möchte kann auch Mini-Akrobatik-Posen lernen: „Viele kommen zu uns und haben die TV-Show Let's Dance gesehen und möchten genauso tanzen“, erzählen sie und schauen dann, welche Möglichkei­ten das Pärchen mitbringt. Bei aller Sportlichk­eit spielt Vertrauen eine zentrale Rolle. „Wir legen großen Wert auf Sicherheit und geben während des Trainings immer Hilfestell­ung, so kann jedes Tanzpaar in seinem Tempo trainieren. Rock'n'Roll lebt von der Interaktio­n mit der Partnerin und macht einfach riesig Spaß“, erklärt Schwarz.

Früher hat das Tanzpaar auch Turniere getanzt und bei deutschen Meistersch­aften mitgemacht. Heute tanzen sie Shows und begeben sich dabei auf wunderbare Zeitreisen: „Wirtschaft­swunder“zu Musik von Conny Froboess, Bill Haley und Hazy Osterwald oder „Grease – Das Mini-Musical“fasst den Kultfilm stilecht in Petticoat und Clubjacke zusammen. „Auf Shows ziehen Klassiker wie „Sweet Ballroom Blitz“von The Sweet am besten“, sagt Schwarz und vermisst das Tanzen vor Publikum. Auch seine Cover-Band hat sich in Coronazeit­en aufgelöst. Doch Tanzpaar ist kreativ mit dem Lockdown umgegangen. „Wir tanzen jetzt im Wohnzimmer Boogie und Charleston“, erzählt Alexandra Krohn-Petersen.

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FOTO: KPS Alexandra Krohn-Petersen und Peter Schwarz im Charleston-Look als Gangsterpä­rchen Bonnie und Clyde.
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FOTO: T. LAMMERTZ Platz für Rock'n'Roll ist auch im Wohnzimmer – zumindest in Corona-Zeiten, finden Peter Schwarz und Alex Krohn-Petersen.

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