Rheinische Post Krefeld Kempen
Frost bringt Apfelblüte durcheinander
Die Wetterkapriolen der vergangenen Wochen bringen viele Apfelsorten dazu, gleichzeitig zu blühen. Damit verkürzt sich das Erntefenster im Vergleich zu sonst. Späte Fröste können ein großes Problem für die Bäume werden.
TÖNISVORST Das wechselhafte Wetter der vergangenen Wochen hat dafür gesorgt, die Entwicklungsstadien der Apfelbäume in Tönisvorst durcheinander zu bringen – allerdings noch ohne negative Folgen. „Dass wir so spät noch einmal über eine Woche deutliche Minustemperaturen nach einem warmen Einstieg hatten, hat die Apfelbäume gleichmäßig kommen lassen“, erläutert Rudolf Steves vom St. Töniser Obsthof. Während sich das Erntefenster durch die verschiedenen Sorten sonst entsprechend hinzieht, liegt in diesem Jahr aller Voraussicht nach alles näher beieinander. Etwa der Boskoop, der eher ein Vorläufer ist, wird die gleiche Erntezeit haben wie der sonst spätere Elstar.
Für die kommenden zwei Wochen rechnen die Obstbauern in Tönisvorst noch mit Nachfrösten, dann „werden wir damit durch sein“, ist sich Steves sicher. Wenn es noch einmal frieren sollte, können die Beregnungen, die in Plantagen installiert sind, greifen. Die Bäume werden mit Wasser besprüht, sodass ein Eispanzer um sie herum entsteht. Durch die Kristallisationswärme des gefrierenden Wassers sinkt die Temperatur im Inneren nicht weit unter Null, und die Blüten erfrieren nicht.
Das Kernobst bei Steves erhält eine Kronenberegnung: Es wird von oben beregnet. Steinobst erhält das Wasser von unten. Es wird bis zu einer Höhe von 40 Zentimeter gegeben. Wegen der leichten Minustemperaturen vor Ostern sei bereits etwas Beregnung benötigt worden, erläutert Steves, aber aufgrund des starken Windes hätte eine stärkere Beregnung für mehr Schaden als Nutzen gesorgt.
Die Aprikosen waren schon vor dem Schneewetter abgeblüht. Die frühe Kirschblüte hat Frost abbekommen, aber die späten Sorten nicht. Bei den Pflaumen fehlte ein stückweit der Bienenflug während der Blüte. Hummeln waren in Sachen Bestäubung aber schon unterwegs, da sie bereits bei deutlich kühleren Temperaturen ausfliegen als die Bienen. „Wir haben die Hummelsets, bei denen sich 240 der Insekten in einem Dreier-Set befinden, zwischen den Obstbaumreihen aufgestellt“, berichtet Steves. Die Schieber wurden geöffnet, und die Hummeln konnten ausfliegen, um später in ihre Sets zurückzukehren.
Bei den Obstbäumen ist es generell so, dass für eine gute Ernte 20 Prozent der Blüten benötigt
werden. Die diesjährige Verteilung der Fröste sorgte für eine nicht so optimale Anordnung der Blüten. Im unteren Bereich der Bäume fehlt es an Blüten, hingegen sind im oberen Part zu viele. Das führt wiederum dazu, dass Früchte später entfernt werden müssen.
Beim Apfelbaum werden 20 bis 30 Blätter gerechnet, um einen Apfel vernünftig ernähren zu können, sodass er gesund, groß und geschmackvoll wird. Die Mindestgröße liegt bei 65 Millimeter Durchmesser, damit er in den Verkauf gehen kann. „Selbst die kleineren Äpfel, die wir als Kinderäpfel verkaufen, liegen größenmäßig zwischen 60 und 65 Millimeter“, sagt Steves.
Die kleinere Ernte 2020 hat dazu beigetragen, dass sich die Bäume ausruhen konnten. Die Fruchtstempel und -narben sind als Folge in diesem Jahr stabiler. „Wir haben richtiges Aprilwetter. Das ist nicht unüblich, aber wir sind es gar nicht mehr gewohnt“, sagt Karl Panzer vom Obsthof Unterweiden.
Auch er berichtet, dass sich alles im Plan befinden würde. Die ersten Nachtfröste seien noch nicht so relevant für die Blüten gewesen. Das kann sich allerdings ändern, wenn es nun tagsüber wärmer wird, die Nächte mit Minustemperaturen aber kalt bleiben. Denn die Blüten der Apfelbäume sind besonders empfindlich, wenn sie schon weit geöffnet sind. „Dann könnte es kritisch werden, und die Beregnung muss greifen“, sagt Panzer.
Bis zu den Eisheiligen, die mit der „Kalten Sophie“am 15. Mai enden, sieht er generell die Gefahr von nächtlichen Frösten. Denn auch wenn sich die Vegetation aufgrund des Klimawandels um zehn bis 14 Tage nach vorne geschoben habe und die Bäume entsprechend früher blühen würden, so hätten sich die Eisheiligen nicht verschoben.