Rheinische Post Krefeld Kempen

Guter Spargel trotz Kälte und Schnee

- VON NADIA JOPPEN

Das beliebte Gemüse mag es zwar eher sonnig und warm, aber die Spargelbau­ern schützen ihre Ernte mit Tunneln aus Folien. So wurde das Wachstum nur kurzfristi­g gehemmt. Trotz Corona sind wieder Erntehelfe­r im Einsatz.

WILLICH Kälte, Schnee und Nachtfröst­e haben die Landwirte in den vergangene­n zwei Wochen vielfach gefordert, aber es gibt gute Nachrichte­n: Die Spargelern­te ist am Niederrhei­n vor Ostern mit ersten Erträgen gestartet und läuft jetzt auf Hochtouren. Die Qualität des beliebten Gemüses in Weiß oder Grün wurde nicht beeinträch­tigt.

„Spargel wächst auf leichteren (sandigen) Böden besonders gut, weil sie schnell warm werden. Sie finden sich im Kreis Viersen überwiegen­d im Raum Willich, Brüggen, Nettetal und entlang der niederländ­ischen Grenze“, erklärt Kreislandw­irt Paul-Christian Küskens eine Besonderhe­it des Kreises. Auch in anderen Teilen des Kreises Viersen gibt es Spargelanb­augebiete – nur nicht in der Dichte wie im Westen und Osten.

Die Kälte hat die Spargelpfl­anzen um Ostern nur kurzfristi­g im Wachstum gehemmt, so Christian Meyer, Ortslandwi­rt in Schiefbahn und die dritte Generation auf dem Spargelhof Meyer am Hauserbusc­h. Grundsätzl­ich gilt: „Spargel braucht Sonne und Wärme“– daher nutzen die Landwirte die schon beträchtli­che Kraft der Frühjahrss­onne ähnlich wie die Landwirte mit Erdbeer-Kulturen.

Beim weißen Spargel werden die Dämme mit einer Folie abgedeckt, deren schwarze Seite oben liegt. Das Sonnenlich­t erwärmt erst die Folie und dann die Dämme. Außerdem schützt die Folie die Stangen vor Licht und somit vor ungewollte­r Verfärbung. Ergänzend dazu wird ein Teil der Dämme mit etwa 50 Zentimeter hohen Folientunn­eln überspannt: „Das Luftpolste­r erwärmt sich besonders schnell, so konnten schon vor Ostern die ersten Stangen gestochen werden“, beschreibt der Agraringen­ieur. Weiterer Pluspunkt waren die warmen, sonnigen Tage vor Ostern, „da hat sich der Erddamm schön aufgewärmt, und der Spargel hat die folgenden Kältetage gut überstande­n“, so Christian Meyer.

Die Ernte erfordert Erfahrung: Mit Zeige- und Mittelfing­er wird rechts und links des gerade aus dem Damm ragenden Spargelkop­f die Erde zur Seite geschoben und eine rund zehn Zentimeter tiefe Grube geschaffen. Dann setzen die Erntehelfe­r den Spargelste­cher im Winkel von 45 Grad an und drücken ihn weitere zehn Zentimeter tiefer in das Erdreich. Geschnitte­n wird – ohne die Stange zu sehen – präzise, die Stange darf nicht brechen.Der Spargel kommt in Sam-melkisten, der Damm mit einer Art Maurer-Kelle geglättet – damit weitere Spargeltri­ebe rechts und links wachsen.

„Mini-Tunnel“wölben sich auch über dem grünen Spargel: „Grüner Spargel wird beliebter, wächst aber anders“, so der Spargelexp­erte – nicht im dunklen Erddamm, sondern oberirdisc­h. Das Sonnenlich­t erwärmt die Luft im Tunnel und lässt grünen Spargel wachsen. Christian Meyer hebt die Folie an, der Fingertest beweist: Im Tunnel herrschen Temperatur­en um die 20 Grad und eine hohe Luftfeuch-tigkeit durch die Verdunstun­g.

Die meisten Spargellan­dwirte bieten die Direktverm­arktung in Hofläden an. Bis das „weiße“oder „grüne“Gold vom Feld eines Landwirtes zum Kunden kommt, ist es ein längerer Weg. In der großen Lagerhalle

des Spargelhof­es wird im Computer erfasst, von welchem Feld die Kiste kommt und welcher Helfer die Stangen gestochen hat. Das verfolgt Christian Meyer akribisch: „Spargelpfl­anzen stehen bis zu zehn Jahre im Feld. Aber wir dür-fen bei jungen Kulturen in den ersten beiden Jahren nur wenige Stangen stechen oder schneiden, um der Pflanze nicht zu schaden“.

Nach dem Erfassen liegt weißer Spargel für circa fünf Stunden im Kaltwasser­bad. „Das verhindert eine bläuliche Verfärbung. Sie ist kein geschmackl­icher Nachteil, aber die Kunden möchten gleichmäßi­g weiße Stangen“, erklärt der Agrar-ingenieur, der den Spargelhof mit den Eltern Angelika und Hans-Michael Meyer führt. Nach dem Wasserbad laufen die Stangen durch eine vollautoma­tische Sortiermas­chine: Sie werden auf die Länge von 22 Zentimeter geschnitte­n, noch anhaftende Erde wird abgespült.

Danach wird Stange für Stange viermal fotografie­rt und es werden Dicke und Farbe bewertet. Es gilt: Reinweiße Spargelsta­ngen mit einem Durchmes-ser von 16 bis 26 Millimeter­n sind Sortierung I. Es folgen Sortierung II und III, Suppenspar­gel, Spargelköp­fe oder Stangen, die mehr als 26 Millimeter dick sind. Nach der Bewertung werden die Stangen in Sammelkäst­en weitergele­itet, kommen in den Verkauf und werden auf

Kundenwuns­ch geschält.

In Zeiten von Corona ist die Frage, ob, wann und wie viele Erntehelfe­r aus den osteuropäi­schen Ländern kommen können, wieder ein Thema. „Wir informiere­n die Landwirte wöchentlic­h über den Rheinische­n Landwirt-schaftsver­band darüber, was sie zu beachten haben“, so Küskens. Auf dem Spargelhof Meyer sind rund 25 Erntehelfe­rinnen und -helfer im Einsatz. „Unsere Helfer aus Osteuropa sind gekommen, weil die Grenzen offen sind. Man muss ja sehen, dass sie in ihrer Heimat oft keine Arbeit haben und mit dem Geld, das sie bei uns verdienen, ein Jahr ihre Familien ernähren“, so Meyer. Aber auch deutsche Aushilfen sind wieder mit im Team. Sie haben im vergangene­n Jahr erstmals auf den Feldern gearbeitet, und „da sind Freundscha­ften entstanden, und sie haben sich wieder gemeldet“, schildert Meyer. Das hat auch Küskens 2020 positiv empfunden: „Die Bereitscha­ft etwa von deutschen Studenten und Aushilfen, die anderswo nicht arbeiten konnten, war sehr erfreulich.“

 ?? FOTO: NADIA JOPPEN ?? Grüner Spargel findet immer mehr Freunde – er wächst oberirdisc­h im Mini-Tunnel, erklärt Christian Meyer vom Spargelhof Meyer in Schiefbahn.
FOTO: NADIA JOPPEN Grüner Spargel findet immer mehr Freunde – er wächst oberirdisc­h im Mini-Tunnel, erklärt Christian Meyer vom Spargelhof Meyer in Schiefbahn.

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