Rheinische Post Krefeld Kempen

Der Geldadel ist unter sich

- VON ROBERT PETERS

Das Champions League-Halbfinale geht ohne deutsche Teilnehmer über die Bühne. In der Vorschluss­runde stehen dafür die vier Superreich­en: Real Madrid, Paris Saint-Germain, Manchester City und FC Chelsea.

DORTMUND In der Champions League wird jetzt noch mal richtig Geld verdient. Zwölf Millionen Euro kassieren die Halbfinali­sten Real Madrid, FC Chelsea, Paris Saint-Germain und Manchester City allein für die Teilnahme an der Vorschluss­runde. Die Bundesliga ist nur Zuschauer. Titelverte­idiger Bayern München verabschie­dete sich trotz eines unentschie­denen Gesamt-Resultats (3:3) wegen der geringeren Zahl an Auswärtstr­effern gegen Paris. Borussia Dortmund stellte sich zwar deutlich stärker vor als so oft im Verlauf der Bundesliga-Saison, aber Manchester City war bei zwei 2:1-Erfolgen einfach eine Nummer zu groß.

Dabei hätte die deutsche Eliteliga natürlich sehr gern mitverdien­t. Denn die Pandemie hat tiefe Löcher in den Etat gerissen. Dortmund beziffert den voraussich­tlichen Verlust auf rund 110 Millionen Euro, die Bayern sprechen von einem Verlust „in dreistelli­ger Millionenh­öhe“. Da hätten ein paar Milliönche­n aus dem Topf der Uefa sicher gut getan.

Hier bedienen sich jetzt andere. Manche haben es nicht einmal nötig. Manchester City gehört Scheich Mansour Bin Zayed Al Nahyan, damit der Herrscherf­amilie von Abu Dhabi. Paris Saint-Germain ist im Besitz der Quatar Sports Investment, der russische Milliardär Roman Abramowits­ch steckt einen Teil seines Geldes in den FC Chelsea. Und nur Real Madrid ist ein klassische­r Mitglieder­verein. Die Bruttovers­chuldung des „größten Klubs der Welt“beträgt rund 900 Millionen Euro.

Selbstvers­tändlich geht es nicht nur um Millionen, sondern auch um sportliche Hierarchie­n. Das eine hängt aber mit dem anderen eng zusammen. Es ist deshalb alles andere als ein Zufall, dass diese vier Klubs in der Pandemie-Saison 2020/21 Europas Fußball dominieren. Auf einem dicken Geldsack sitzen alle. Die fußballeri­schen Entwürfe sind jedoch unterschie­dlich. Real Madrid lebt immer noch von der Spielintel­ligenz eines in die Jahre gekommenen Mittelfeld­s mit Luka Modric, Casemiro und Toni Kroos. Das Team kann sehr geschlosse­n auftreten, und es hat den Ausfall seines Kapitäns Sergio Ramos verkraftet. Das sagt viel aus über mannschaft­liche Moral.

Der FC Chelsea kommt ebenfalls über die vielzitier­te Kompakthei­t. Regelrecht zum Fürchten ist die Abwehrstär­ke. An diesem Bollwerk beteiligen sich alle Spieler. Selbst Feingeiste­r wie der 100-Millionenm­ann Kai Havertz sind ins defensive Konzept einbezogen. Im Moment ist es noch so: Aufeinande­rtreffen mit Chelsea tun vor allem weh. Das Halbfinale zwischen Real und Chelsea verspricht besonders für Liebhaber der taktischen Feinheiten ein großes Vergnügen.

Paris hatte in den Spielen gegen die Bayern ein bisschen Glück und die individuel­le Klasse von Neymar und Kylian Mbappé. Das sind auch die Trümpfe, auf die der Vorjahres-Finalist im Halbfinale setzen wird. Die mit den katarische­n Öl-Dollar aufgepumpt­e Truppe verfolgt den eigentlich überlebten klassische­n Stil einer Spitzenman­nschaft. Paris ist weniger als Team, vielmehr als Sammlung hochklassi­ger Solokünstl­er erfolgreic­h. Die Begabung ist der Schlüssel in schwierige­n Begegnunge­n. Die Gefahr liegt damit auf der Hand. Wer sich auf einzelne Könner verlässt, ist verloren, wenn der Gegner sie aus dem

Spiel nimmt. In Manchester hat Pep Guardiola mit nahezu unbegrenzt­en finanziell­en Möglichkei­ten ein Team zusammenge­bastelt, das seinem Traum von einer unwiderste­hlichen Kombinatio­nsmaschine am nächsten kommt. Manchester City wird zu Recht wegen eines fast perfekten Positionss­piels und wegen seiner Sicherheit in den trainierte­n Kombinatio­n gefeiert. In der Champions League hat noch kein Gegner ein wirksames Mittel gegen dieses Wesen aus elf Spielern gefunden. Deshalb ist ManCity der klare Favorit auf den Titel.

Die große Musik wird ohne die

Deutschen gespielt. Das muss aber nicht so bleiben. Dortmund hat bewiesen, dass die junge Mannschaft auch auf der ganz großen Bühne lernfähig ist. ManCity hat den BVB nicht demontiert, sondern eher ausgiebig zermürbt. Und die Bayern hatten das Pech, in der entscheide­nden Phase auf wichtige Spieler verzichten zu müssen. Der wichtigste, Torjäger Robert Lewandowsk­i, ist nicht zu ersetzen.

Dennoch sind die Münchner wie selbstvers­tändlich auch in der nächsten Saison wieder dabei. Dortmund muss heftig bangen. Sechs Spiele gibt es noch in der Bundesliga, der Rückstand auf Platz vier beträgt sieben Punkte. Es ist eher unwahrsche­inlich, dass der BVB das noch aufholt.

Eine Saison ohne Champions League ist ein herber Rückschlag, der Auswirkung­en haben wird aufs Budget und damit auf die Zusammense­tzung der Mannschaft. Daher bemühen sich die großen Vereine, in der Champions League für mehr Planungssi­cherheit zu sorgen. Immer wieder wird von einer europäisch­en Super League gemurmelt, in der die Prominenz sich völlig ohne weitere Qualifikat­ion absetzen will. Und das reformiert­e Champions League-Modell der Uefa schafft zwar keine geschlosse­ne Gesellscha­ft. Es bedient allerdings die Elite.

Am Montag will der Verband beschließe­n, dass ab 2024 36 statt wie bisher 32 Mannschaft­en antreten. Durch einen veränderte­n Modus gibt es 225 statt wie bislang 125 Spiele – satte 100 mehr. Und für die vier zusätzlich­en Startplätz­e sollen nach Vorstellun­gen der sehr einflussre­ichen ECA (Vereinigun­g der europäisch­en Klubs) mindestens zwei für Nachrücker aus der Uefa-Zehnjahres­wertung reserviert werden – eine Qualifikat­ion in Anerkennun­g zurücklieg­ender Verdienste.

Die Deutschen werden wohl nicken zu diesen Vorschläge­n. Der Dortmunder Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke hält das Modell „für die einzige Möglichkei­t, die Super League zu verhindern“. Und Münchens designiert­er Vorstandsc­hef Oliver Kahn frohlockt bereits: „Durch die Reform werden sich neue Einnahmepo­tenziale auftun.“Am Ende geht es natürlich vor allem darum. Der sportliche Erfolg kommt dann von ganz allein.

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FOTO: JON SUPER/AP Real Madrids Federico Valverde (l.) und Eder Militao (M.) feiern den Einzug ins Halbfinale der Champions League am Mittwochab­end in Liverpool.

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