Rheinische Post Krefeld Kempen
Fantasy-Theater fürs Homeschooling
Sieben Fantasyautoren, das Kresch und das Museum Burg Linn haben ein „modernes antikes Märchen“geschaffen: „Die Matrone und die sieben Albinii“. Es geht um Pandemie, Klimawandel und viel Spaß, bei dem die Zuschauer auch eingreifen können. Jeder Stream ist eine Live-Aufführung.
Hätten die Römer Vornamen-Hitlisten gehabt, hätte Albinus sicher weit oben gestanden. Gleich sieben Männer dieses Namens sind auf dem Matronen-Weihestein im Museum Burg Linn verewigt. Sie waren römische Legionäre, die im 2. Jahrhundert im Kastell Gelduba lebten. Und sie kommen demnächst in die Homeschooling-Zimmer für Zuschauer ab zehn Jahren.
„Die Matrone und die sieben Albinii“ist der Titel eines außergewöhnlichen Projekts, Museumsleiterin Jennifer Morscheiser spricht von weltweiter Einmaligkeit. Denn hier haben Archäologie, Theater und Fantasy-Literatur zusammengefunden. Entstanden ist ein Stream-Projekt, das Antike und Gegenwart verbindet, Pandemie, Wirtschaftskrise, Migration und Klimawandel aufbereitet - aktuelles Zeitgeschehen in antikem Gewand sozusagen. Das Museum und das Kreschtheater haben für ihre Ko-Produktion sieben Fantasy-Autoren ins Boot genommen.
Darum geht es Zwei Schauspieler (Thekla Fliesberg und Thorsten Strunk) kommen ins Museum, um eine antike Schriftenrolle zu lesen, die jüngst gefunden wurde. Dabei begegnen ihnen antike Figuren, die Albinus-Männer und eine Matrone, eine mütterliche Gottheit, der der Stein gewidmet ist. Die Schauspieler schlüpfen in deren Rollen und lassen die Vergangenheit aufleben.
Die Figuren Von den Männern ist außer ihrem Namen nichts überliefert, das bot Freiraum für die Fantasie. Die Fantasy-Autoren Julia Kulewatz, Christine Lehnen, Jenny-Mai Nuyen, Fabienne Siegmund, Christian van Aster, Akram El-Bahai und Bernhard Hennen haben den sieben Soldaten jeweils eine Lebensgeschichte
verpasst. Die historischen Fakten bildeten das Korsett.
Der historische Hintergrund Im 2. Jahrhundert hatten die Menschen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen wie heute. „Es gab einen Klimawandel, nur erwärmte sich die Erde nicht, sondern es wurde immer kälter“, berichtet Jennifer Morscheiser. Die Vegetation litt, die Menschen hungerten und wollten vor der Kälte in den wärmeren Süden. Die Stämme vor dem Limes versuchten rüber ins Römischen Reich zu gelangen.
Dort wollte man die Zuwanderer aus dem Norden nicht, es gab erbitterte Kämpfe „und einen Gewaltmarsch quer durchs Land“, sagt Morscheiser. Fatal: Sie brachten die Antoninische Pest mit ins Land, an der fünf Prozent der Bevölkerung starben, die Wirtschaft brach ein.
Die Figuren Damit die Geschichte nicht zu düster wird, haben sich die Albinus-Biografen einiges einfallen lassen. Bernhard Hennen, der glücklich ist, wieder mal einen historischen Text zu schreiben, erklärt, dass Soldaten nicht unbedingt im Krieg fallen müssen, sondern dass es da dramaturgisch originelle Todesursachen gebe. Jede Figur hat ihre Eigenarten, jede ein spezielles Thema, ist feministisch oder klimabewegt etc. Lehrer und Klassen können auswählen, welche Figuren sie sehen möchten. Kein Film, sondern Theater Der Stream ist jedes Mal eine Live-Aufführung, eine szenische Lesung, betont Kresch-Leiterin Isolde Wabra. Jede Klasse bekommt die eigene individuelle Auswahl - direkt aus dem Museum gesendet. Außerdem passieren in der Rahmenhandlung Dinge, die auch die Schauspieler überraschen sollen. Die Zuschauer haben die Möglichkeit, über Emojis oder geschriebene Kommentare das Geschehen zu beeinflussen. „Den Stream kann man nicht nur aus Krefeld buchen, sondern weltweit. Wir spielen auch für die Deutsche Schule in Shanghai. Das mit der Zeitzone packen wir schon“, sagt Wabra.
Die Intention Die Kooperation entwickelte sich mit dem November-Lockdown. „Wir haben gesagt: Jetzt sind wir schon wieder zu und erreichen die Kinder nicht“, sagt Morscheiser. Für die Kinder sei ein Corona-Jahr eine „unwahrscheinlich lange Zeit. Manche haben ein Fünftel oder ein Zehntel ihres Lebens mit Maske verbracht.“Wabra ergänzt: „Und beim Wechselunterricht gibt es immer eine Gruppe, die zu Hause mit trockenen Hausaufgaben sitzt. An die haben wir gedacht. Aber die Produktion bietet so viel Wissenswertes, dass auch Erwachsene Gewinn davon haben.“
Premiere Am Mittwoch, 21. April, 19.30 Uhr, gibt es einen Stream mit allen Figuren.