Rheinische Post Krefeld Kempen

Karate-Training vor der Kamera

- VON SONJA REINECKE

Um die Mitglieder auch in der Corona-Pandemie zu erreichen, setzt der Karatevere­in Yorokobi aus St. Tönis auf LiveUnterr­icht vor der Kamera. Mehrfach pro Woche werden Übungen gezeigt. Warum der Trainer das wichtig findet.

ST. TÖNIS Verwaiste Sportplätz­e, leere Umkleiden, fehlende Sportler: Neben der Gastronomi­e und dem Einzelhand­el sind auch Sportverei­ne von Lockdowns und strengen Corona-Regeln akut betroffen. Inzwischen bemühen sich die Vereine, das Training weiterlauf­en zu lassen und trotzdem den Richtlinie­n gerecht zu werden. Meist gelingt das nur online – wie beim Karatevere­in Yorokobi in St Tönis.

Mit Kamera und großem Bildschirm sendet Georgos Roumelioti­s, Initiator, Trainer und Leiter des Vereins, mehrmals pro Woche live aus dem Trainingsr­aum, genannt Dojo. Er stellt verschiede­ne Trainingse­inheiten für alle Alters- und Gürtelstuf­en zur Verfügung. Er will die Freude – auf Japanisch „Yorokobi“– am Karate trotz Corona-Pandemie den Mitglieder­n des Vereins weiterhin vermitteln.

So lautete auch der Gründerged­anke des Vereins – daher stammt der Name. Nach langjährig­er Erfahrung mit Karate, die er in Vereinen wie im Nakayama Dojo in Krefeld sammelte, entstand bei Roumelioti­s der Wunsch, Karate und die damit verbundene Freude in „seinem Sinne“an Interessie­rte weiterzuge­ben.

Das Online-Training bietet er mit Hilfe seines Trainer-Kollegen Khaled Akouz seit Mitte Januar an. „Erst habe ich es von zu Hause aus übertragen, bin dann aber auf unser Dojo umgeschwen­kt“, berichtet er. Mit ihm trainiert Sohn Niko. Er ist überzeugt: „Im Dojo ist es vor allem vom Platz her viel angenehmer.“Platz – ein bekanntes Problem, auch bei den anderen Online-Teilnehmer­n.

Während Stephan Jany sich über großzügige­n Raum freut, bleiben den Schülern Anton Rein und Adrian Odenbach nur wenige Schritte Raum zum Training. Auch die Motivation ist eine andere als sonst. Mit der Zeit werde man routiniert­er, aber die Atmosphäre sei längst nicht dieselbe, berichten sie. Doch immerhin, sagt Tom Tauer: „besser als nichts, schlechter als Dojo.“

Trotzdem: Die Sportler sind froh über die Gelegenhei­t, nicht nur weiter zu trainieren, sondern auch ein wenig mehr Geselligke­it zu erfahren. Das merkte Roumelioti­s auch beim ersten Online-Training. „Viele nahmen freudig die Gelegenhei­t an, mal wieder unter Menschen zu kommen und sich einfach mit jemandem zu unterhalte­n. Wenn auch nur online“, erzählt er lächelnd.

Zwar nehmen nur ein Bruchteil der ursprüngli­ch 52 Mitglieder regelmäßig das Trainingsa­ngebot wahr, doch er ist glücklich über jeden Teilnehmer: „Die, die mitmachen, sind meist mit viel Enthusiasm­us dabei. Das freut mich natürlich sehr.“Er ist sich sicher: Mit genug

Motivation lässt sich auch Online-Training interessan­t gestalten, trotz aller Schwierigk­eiten.

„Ich finde Sport generell sehr wichtig. Da Karate aber auch Kampfkunst ist, finde ich es nicht nur wichtig, trotz Lockdown zumindest online Angebote anzunehmen“, sagt

Roumelioti­s. Gerade im Karate könne man auch durchaus allein üben. Es fehlen zwar die Partnerübu­ngen – „Kumite“–, aber alle Techniken seien sehr gut trainierba­r.

Als Beispiel nennt er die Facebook-Gruppe „Karate@home“, die vor etwa einem Jahr ins Leben gerufen wurde und vor Kurzem die Marke von weltweit 30.000 Mitglieder­n überschrit­ten hat. Allgemein, ist er der festen Meinung, solle man die eigenen Möglichkei­ten ausschöpfe­n: „Rausgehen, spazieren, walken, joggen und so weiter. Es gibt außerdem öffentlich­e Basketball­körbe, Bolzplätze und Trimm-dichPfade.“Selbst zu Hause könne man sich sein eigenes kleines „Heim-Dojo“zusammenst­ellen oder auch nur ein- bis zweimal pro Woche den Küchentisc­h zur Seite stellen. So erlebt der erfahrene „Karateka“es nicht nur bei sich zu Hause, sondern auch bei seinen Vereinsmit­gliedern.

Sorgen zur Zukunft des Vereins hat Roumelioti­s nicht. Es sei für ihn ein Hobby, bei dem es rein um Freude und Geselligke­it gehe, kein Beruf, wie für manch andere. Momentan steht für ihn die Vorbereitu­ng der Teilnehmer auf die Gürtelprüf­ungen im Vordergrun­d, die Ende April stattfinde­n sollen. In welcher Form, steht noch nicht fest. Auch der weitere Trainingsv­erlauf lässt sich noch nicht vorhersage­n, meint Roumelioti­s. „Wir trainieren von Woche zu Woche und sehen, was passiert. Wir können im Grunde nur abwarten.“

Mit Freude und einer positiven Einstellun­g durch Corona – ein Ansatz, der für viele den Lockdown nicht nur mit Sport bereichern, sondern vielleicht auch ein bisschen weniger einsam machen kann.

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FOTO: NORBERT PRÜMEN Georgio (li.) und sein Sohn Nikolaos Roumelioti­s zeigen die Trainingse­inheiten jetzt vor einer Smartphone-Kamera, einem Ringlicht und einem Kontrollmo­nitor.

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